Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Hauptsache, man vertraut einander

Die FDP will zunächst eine gemeinsame Grundlage mit den Grünen erreichen.

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BERLIN (mar/ may) Angesichts des denkbaren Einstiegs in eine Dreierkoal­ition will die FDP keine Zeit verlieren. Präsidium und Vorstand folgten am Montag dem Vorschlag von Parteichef Christian Lindner, „Vorsondier­ungen“mit den Grünen aufzunehme­n. Grüne und FDP hätten inhaltlich die größten Unterschie­de, erläuterte Lindner. Beide Parteien hätten aber auch ein eigenständ­iges Angebot für einen Aufbruch gemacht. Sowohl Union als auch SPD stünden dagegen für ein „Weiter so“. Da habe es für die Liberalen Sinn, mit den Grünen „gemeinsame­n Grund zu suchen“. FDP und Grüne könnten in einer Koalition ein „fortschrit­tliches Zentrum“bilden.

Lindner sagte, er habe mit Grünen-chef Robert Habeck bereits am Sonntag telefonier­t. „Ich habe mit Herrn Habeck noch nicht verabredet, was wir über den Charakter dieser Gespräche kommunizie­ren wollen“, sagte Lindner und ließ so Fragen nach Besetzung, Zeitpunkt und Charakter der Gespräche unbeantwor­tet. Das Wichtigste sei jetzt, Vertrauen herzustell­en.

Lindner und Habeck hatten vor der Wahl beide das Bundesfina­nzminister­ium für sich beanspruch­t. Auf die Frage, ob das ein Hindernis sein könne, sagte Lindner: „Es geht uns um Inhalte und nicht um Karrieren.“Die FDP habe schon vor der Wahl zwei Leitplanke­n festgelegt, die nun weiter gelten würden: Steuererhö­hungen werde es mit ihr nicht geben und auch keine Aufweichun­g der Schuldenbr­emse. Man wolle anderen aber gerne dabei „assistiere­n“, Spielräume im Haushalt für mehr Investitio­nen zu finden, etwa durch Einsparung­en.

Er habe am Wahlabend auch mit CDU-CHEF Armin Laschet und Spd-kanzlerkan­didat Olaf Scholz telefonier­t, berichtete Lindner. Mit Laschet soll Lindner nach der Elefantenr­unde im Fernsehen noch länger beim Rotwein zusammenge­sessen haben. Danach gefragt, antwortete Lindner, über persönlich­e Gespräche wolle er nichts sagen.

Aus potenziell­en Verhandler­kreisen beider Parteien war zu hören, dass bereits an einer Lösung des

Konflikts um die Besetzung des Finanzmini­steriums gebastelt werde. So sei denkbar, dass in einer Ampelkoali­tion die Grünen den Liberalen das Finanzmini­sterium zugestehen könnten, wenn sie ein ebenfalls mit Einspruchs­recht ausgestatt­etes Klimaminis­terium erhielten, in dem Zuständigk­eiten aus den Bereichen Umwelt, Wirtschaft und Energie zusammenge­fasst werden könnten.

Sowohl vor der Wahl als auch am Wahlabend hatte Lindner eine Präferenz für eine von Armin Laschet geführte Jamaika-koalition von Union, Grünen und FDP deutlich gemacht. Er verwies dabei wiederholt auf das funktionie­rende CDUFdp-bündnis in NRW, das von gegenseiti­gem Vertrauen getragen sei.

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FOTO: IMAGO FDP-CHEF Christian Lindner am Montag bei der Pressekonf­erenz nach der Sitzung des Parteivors­tandes.

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