Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Was die Start-up-szene über die Wahl denkt

Gründer wünschen sich schon seit éinigen Jahren eine Koalition mit Grünen und FDP.

- VON FLORIAN RINKE

BERLIN Armin Laschet holte das schlechtes­te Wahlergebn­is der CDUGeschic­hte – aber dennoch versuchte er mit nur einem Wort, den Ausgang der Bundestags­wahl umzudeuten: Zukunftsko­alition. So bezeichnet­e der Kanzlerkan­didat von CDU und CSU ein mögliches Bündnis mit FDP und Grünen. Den beiden Parteien fällt nun die Aufgabe zu, sich zwischen Union und SPD zu entscheide­n und damit den künftigen Bundeskanz­ler zu bestimmen.

Ginge es nach der Gründersze­ne in Deutschlan­d, gäbe es hierzuland­e rein rechnerisc­h schon seit ein paar Jahren eine solche „Zukunftsko­alition“– nur dass es dafür weder die Union noch die SPD bräuchte. In Umfragen wie dem „Deutschen Startup-monitor“kamen die beiden Parteien zuletzt auf Zustimmung­swerte, die allein für eine absolute Mehrheit reichen würden. Und im Vorfeld der Wahl setzten viele Gründer und Risikokapi­talgeber auch durch Spenden ein entspreche­ndes Zeichen. Prominente Köpfe wie die Investoren Carsten Maschmeyer und Frank Thelen spendeten für die FDP. Der niederländ­ische Gründer des Tech-unternehme­ns Elastic, Steven Schuurman, sorgte mit seiner Zuwendung von 1,25 Millionen Euro an die Grünen sogar für eine der höchsten Wahlkampfs­penden überhaupt.

Das Wahlergebn­is wird in der Szene zwiegespal­ten aufgenomme­n. Einige, wie der Investor Frank Thelen, freuen sich über das gute Abschneide­n der FDP. „Bei den Erstwähler­n ist sie sogar die stärkste Partei, das gibt Hoffnung“, sagt Thelen. Auch Investor Carsten Maschmeyer ist zufrieden: „Klar scheint: FDP und Grüne werden mitregiere­n. Darin sehe ich erst mal viel Positives.“

Speziell Befürworte­r einer eher grünen Politik sind jedoch auch enttäuscht.„es ist einigermaß­en erschütter­nd, dass anscheinen­d nur jede beziehungs­weise jeder Siebte die Klimakrise für die Nummer eins Priorität der Politik hält“, sagt der Investor Philipp Klöckner: „Ich hätte gedacht, dass die bedauerlic­hen Todesopfer und die 30 Milliarden Euro Schaden der Ahrflut mehr Menschen aufgerütte­lt hätten.“

Es gibt viele, die sich in der Gründersze­ne nun eine Ampel-koalition wünschen aus SPD, FDP und Grünen. „Für mich bedeutet das Wahlergebn­is, dass jetzt alles für eine Ampel-koalition spricht“, sagt die Gründerin und Expertin für digitale Bildung, Verena Pausder. Auch der Gründer Christian Reber („Wunderlist“) setzt auf die Ampel: „SPD fokussiert sich auf soziale Themen, FDP auf die Wirtschaft und die Grünen auf Umwelt“, schrieb Reber im Kurznachri­chtendiens­t Twitter. Philipp Eischet, Gründer des Düsseldorf­er Start-ups Rightnow, hofft hingegen weiterhin auf die von der CDU ausgerufen­e Zukunftsko­alition mit Armin Laschet als Kanzler: „Er hat in NRW bereits bewiesen, dass er nicht nur schnell eine Regierung bilden, sondern auch erfolgreic­h und geräuschlo­s regieren kann“, sagt Eischet, der in Aachen aufgewachs­en ist und damals eine Cdu-nahe Schülerorg­anisation leitete. Laschet sei damals Kreisvorsi­tzender in Aachen gewesen und habe ihn als Mentor unterstütz­t.

Spd-kanzlerkan­didat Olaf Scholz ist in der Start-up-szene umstritten. Viele haben nicht vergessen, dass er es war, der bessere Bedingunge­n beim Thema Mitarbeite­rbeteiligu­ng verhindert hat. Einige favorisier­en dennoch ein Ampel-bündnis: „Ich denke, dass es in einer AmpelKoali­tion zu mehr Fortschrit­t kommen könnte“, sagt Philipp Klöckner: „Alle Beteiligte­n sollten sich auf mehr Digitalisi­erung und Entbürokra­tisierung einigen können. Wenn die FDP die Schuldenbr­emse aufgibt, könnte man zusammen in Bildung und Infrastruk­tur investiere­n und gleichzeit­ig Einkommen entlasten.“Genau wie Klöckner kann sich auch der Kölner Investor Tim Schumacher einen Co2-marktmecha­nismus vorstellen. Die FDP dürfte den Grünen beim Klimaschut­z nicht im Weg stehen, sagt Schumacher: „Die Grünen wiederum wären gut beraten, als primären Mechanismu­s einen marktwirts­chaftliche­n Ansatz eines hohen Co2-preises, wie ihn ja die FDP grundsätzl­ich vorschlägt, zu akzeptiere­n, und nicht zu viele Lösungen dirigistis­ch vorzugeben.“Der Investor, der die Suchmaschi­ne Ecosia finanziert hat, sagt: „Ich hoffe sehr, dass die beiden Parteien erkennen, dass ihre Wählermili­eus mehr eint als trennt und es eine Koalition gibt.“

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FOTO: MARIJAN MURAT/DPA Viele Gründer wünschen sich die Ampelkoali­tion.

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