Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Warum so viele Plätze frei bleiben
Der Zuschauerzuspruch in den vier großen Profi-ligen Deutschlands fällt ernüchternd aus. Eine Bestandsaufnahme.
DÜSSELDORF Das Sport-wochenende ist wieder proppenvoll. Mit der Basketball-bundesliga startete am vergangenen Donnerstag nach dem Fußball, dem Handball und dem Eishockey auch die vierte große Sportliga in Deutschland in ihre neue Saison. Doch die Euphorie war schnell verflogen mit Blick auf ein Kernthema der vergangenen Wochen: die Zuschauerfrage.
Beim Auftaktspiel zwischen Alba Berlin und den Telekom Baskets Bonn konnte die Kapazität, um die die Basketball-liga (BBL) so gekämpft hatte, gerade einmal halb ausgeschöpft werden. Alba-manger Marco Baldi war dennoch zufrieden: „Der Sinn ist wieder zurück. Dass wir es wieder teilen können und nicht nur Schuhgequietsche zu hören ist, ist super erfreulich.“
Das Resümee von Bbl-geschäftsführer Stefan Holz fiel nach dem ersten Spieltag hingegen etwas ernüchternder aus. „Wir hätten am ersten Wochenende Kapazitäten von 78 Prozent ausfüllen können. Das haben wir klar nicht geschafft. In vielen Hallen stand nur eine eins vorn. Das ist enttäuschend, war aber absehbar“, sagt er im Gespräch mit unserer Redaktion und verwies auf die Fußball-bundesliga, bei der die Klubs ähnliche Probleme haben. Oftmals können die Vereine nicht alle zur Verfügung stehenden Tickets an die Fans bringen. Etwa bei Bayer Leverkusen hätten am Wochenende gegen den 1. FSV Mainz 05 noch knapp 1000 Karten mehr verkauft werden können.
Und dann gab es da das Beispiel TSG Hoffenheim. Beim Spiel gegen den VFL Wolfsburg hätten 15.075 Fans ein Ticket kaufen können. Gerade einmal 8523 Zuschauer waren anwesend. Sportartübergreifend aber kein seltenes Bild in diesen Wochen – weder beim Fußball, noch beim Eishockey, Handball oder Basketball. Eintrittskarten finden längst nicht den reißenden Absatz wie vor der Corona-pandemie.
Auch die Düsseldorfer EG muss das in diesen Tagen einsehen, wenngleich Geschäftsführer Harald Wirtz „prinzipiell zufrieden“ist mit dem Zuschauerschnitt von 4988 Zuschauern bei einer maximalen Kapazität von 6500 Plätzen, wie er unserer Redaktion sagte. DEL-GEschäftsführer Gernot Tripcke äußerte sich für die gesamte Liga ähnlich: „Es war zu erwarten, dass die Fans und Zuschauer nicht sofort so zurückkehren wie vorher. Ich denke, es ist ein Stück weit normal in diesen Zeiten.“
Doch voran liegt das genau? BBLGeschäftsführer Holz glaubt, dass „die Zielgruppen Berührungsängste“hätten. Man müsse die Fans erst einmal wieder daran gewöhnen, dass sie die Hallen für Spiele besuchen dürfen. Ähnlich äußerten sich auch seine Eishockey-kollegen Tripcke und Wirtz. „Wir müssen die Fans davon überzeugen, dass sie ohne Sorge zu den Spielen kommen können und auch die Atmosphäre in den Stadien schon wieder erlebenswert ist“, erklärte Tripcke, und Wirtz ergänzte: „Die Fans müssen sich an die Prozesse und die Nähe zu Menschen gewöhnen.“
Beim Fußball war das anfangs das Hauptproblem. Die Frage, wie sicher das Hygienekonzept wirklich sei, schwebte über allem. Christian Seifert, Chef der Deutschen Fußball-liga (DFL) erklärte vor einigen Wochen, dass es unter den ersten 900.000 Zuschauern in den beiden Bundesligen gerade einmal sechs Nachverfolgungen wegen einer Corona-erkrankung gegeben hätte.
Nicht nur deshalb fordern viele Verantwortliche und Fans die Aufhebung der Restriktionen. In Hamburg etwa dürfen ab dem kommenden Wochenende alle Plätze im Stadion wieder verkauft werden. Mit einer ähnlichen Entscheidung ist auch in Nordrhein-westfalen zu rechnen, wenn es spätestens zum 8. Oktober eine neue Corona-schutzVerordnung geben wird. Ob die Stadien dann aber auch wirklich wieder gänzlich voll werden?
Bei Borussia Dortmund hoffen sie darauf, vermeldete der Verein doch in allen drei bisherigen BundesligaHeimspielen ein unter Corona-bedingungen ausverkauftes Stadion. Auch für das Spiel in der Champions League am Dienstagabend gegen Sporting Lissabon sind keine Karten mehr verfügbar. Das unterscheidet den BVB von den anderen deutschen Vertretern RB Leipzig, FC Bayern und VFL Wolfsburg. Stand Montagnachmittag gab es für alle drei Heimspiele in der Königsklasse noch mehrere Hundert Karten.
Hat der Sport generell an Bedeutung verloren? Einige Studien lassen das zumindest erahnen, wenngleich Verantwortliche das anders sehen. Bbl-geschäftsführer Stefan Holz kann eine generelle Abkehr vom Basketball-sport nicht erkennen. „Wir haben im PAY-TV Top-quoten“, sagt er. Nun ging es darum, das Freizeitverhalten der Fans wieder zu ändern. „Sonst wird es wirtschaftlich total schwierig“, sagte Holz. Das eint unter dem Strich wohl alle Vereine in allen Sportarten.