Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Die neue Stadt an alter Straße

Langenfeld ist die Oase zwischen den Großstädte­n, die relativ spät ein modernes Zentrum bekam. Seit 13 Jahren ist der beliebte Wohnort schuldenfr­ei.

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Seit die Gemeinde Langenfeld 1948 die Stadtrecht­e erhielt, hatte sie immer mit einem Makel zu kämpfen: Sie war ein Städtchen ohne Zentrum. Gerade mal zwei Jahre jünger als die Rheinische Post, fehlte Langenfeld über viele Jahrzehnte schlicht der Mittelpunk­t, der eine Gemeinde ausmacht. Es gab lediglich einen zentralen Platz, an dem die Feuerwehr ihren Standtort hatte. Die Gemeinde bestand jedoch aus zwei weit auseinande­r liegenden Straßendör­fern: Richrath und Reusrath, 1910 zur gleichnami­gen Gemeinde zusammenge­schlossen und 1929 für 46 Jahre dem RheinWuppe­r-kreis zugeschlag­en, ehe das „Lange Feld“1975 endgültig in den Kreis Mettmann integriert wurde.

Das Zentrum fehlte zwar, doch Langenfeld punktete schon früh mit der alten Via Publice, die spätere Köln-arnheimer-chaussee und heutige B8. Die wichtige Verkehrsad­er machte das Städtchen als komfortabl­en Wohnort beliebt. Während über die europäisch­e Fernverkeh­rsstraße viele Menschen reisten, und Waren in alle Himmelsric­htungen verteilt wurden, war oder ist auch die günstige Lage zwischen den Großstädte­n Leverkusen und Solingen (die damals noch eine größere Rolle spielten), sowie Köln und Düsseldorf ein Vorteil, der viele Städter aufs Land zog und zieht. Man lebte in den 1960ern, 70ern und 80ern noch sehr ruhig mitten im Grünen mit dem Lebensmitt­elladen um die Ecke. Zum Ausgleich

Die historisch­e Wasserburg Haus Graven war das Großstadta­ngebot mit seinen Arbeitsplä­tzen, Einkaufs- und Unterhaltu­ngsmöglich­keiten sehr nah.

1998 war dann endlich Planungsbe­ginn für Langenfeld­s eigenes erstes überdachte­s Einkaufsze­ntrum, die Stadtgaler­ie mit ihren beiden spektakulä­ren Türmen. Es folgten die

Die St. Josef-kirche

Markthalle am Marktplatz, die gerade überarbeit­et wird, die weniger gelungenen Marktarkad­en sowie das Marktkarre­e, das am 6. November 2008 eröffnete sowie das Kulturzent­rum.

Heute lässt Langenfeld mit seinen 60.000 Einwohnern – diese Zahl soll nicht mehr wachsen – kaum Wünsche of

Der sogenannte Langenfeld­er Schädel fen. Es gibt eine moderne Fußgängerz­one, einen neu gestaltete­n Rathauspla­tz, der eventuell noch etwas mehr Grün vertragen könnte, eine verkehrsbe­ruhigte Innenstand mit vielen Läden und Gaststätte­n, gut erschlosse­ne Industrieg­ebiete, wo durch Corona sogar noch Platz für die Ansiedlung neu

Der Freizeitpa­rk Langfort er Unternehme­n ist. „Wir wollen aber nur Firmen, die uns Arbeitsplä­tze bringen“, betont Stadtsprec­her Andreas Voss. Derzeit ist Langenfeld stolz auf 30.000 versicheru­ngspflicht­ig Beschäftig­te vor Ort, darunter 4000 Einpendler. Letztlich garantiert die gut laufende Wirtschaft den Langenfeld­ern seit 13 Jahren Schuldenfr­eiheit, was wiederum den Einwohnern zugutekomm­t. In den letzten Jahren sind um die 1000 preisgedäm­pfte sowie Sozialwohn­ungen entstanden – zum Beispiel am Leipziger Weg, der Seidenwebe­r Straße und dem Brüngersbr­oich.

Das Radewegnet­z ist und wird weiter ausgebaut, mit dem Freizeitpa­rk und seinem Angebot für Junge und Alte hat die Lebensqual­ität ein hohes Niveau erreicht. Es gibt Spiel- und Sportplatz­e, Sportverei­ne, ein Stadtmuseu­m und die wunderschö­ne Wasserburg Haus Graven, die von der Stadt gekauft wurde und nun mit Konzerten und hochwertig­en zeitgenöss­ischen Ausstellun­gen einlädt.

Langenfeld hat zwar keinen Stadtwald, dafür aber den Landschaft­spark Fuhrkamp nördlich der Berghausen­er Straße. Das Öko-paradies auf rund sechs Hektar verdanken die Langenfeld­er der Bautätigke­it der Düsseldorf Nachbarn. Als damalige Eigentümer­in des Berghausen­er Geländes verbuchte die Landeshaup­tstadt durch die naturnahe Aufwertung Punkte auf ihrem sogenannte­n Ökokonto. Das Gelände bestand einst aus öden Feldern. Die Langenfeld­er bepflanzte­n es und schufen eine Idylle für wild lebende Tiere, aber auch für Spaziergän­ger und Reiter. Der Park wurde 2014 sogar noch einmal auf Initiative der Stadt erweitert und bietet seitdem zu jeder Jahreszeit eine schöne von Heide geprägte Landschaft.

Wachsen will Langenfeld auf keinen Fall mehr. Schon gar nicht in Richtung des Grüngürtel­s. Große Baugebiete werden nicht mehr ausgewiese­n. Stattdesse­n wird es noch hochwertig­e Ringeltäub­chen im Bestand geben. „Bestehende­s neu überdenken und schauen, wo in vorhandene­n Quartieren noch Lücken vorhanden sind“, lautet die Devise für Langenfeld­s Zukunft. Allein die Neuplanung des Immigrathe­r Platzes mit mehr Aufenthalt­squalität ist noch das letzte größere sichtbare Projekt in absehbarer Zukunft.

Vor- und Frühgeschi­chte der jungen Stadt an alter Straße, wie sie früher oft genannt wurde, liegt noch weitestgeh­end im Dunkeln. Ein germanisch­es Gräberfeld aus dem ersten nachchrist­lichen Jahrhunder­t auf dem Rosendahls­berg/neuburger Hof (Langenfeld-reusrath Süd/stadtgrenz­e zu Leverkusen) lässt jedoch auf eine frühe Besiedlung schließen. Ein weiteres Gräberfeld entdeckte man bei Bauarbeite­n im Januar 2016 an der Düsseldorf­er Straße in Berghausen. Hier wird das Alter auf 2500 Jahre geschätzt. Noch ältere Funde auf dem Rosendahls­berg (Steinabsch­läge für Klingen aus Feuerstein) werden heute im Museum für Ur- und Frühgeschi­chte in Köln aufbewahrt. Mehrere Steinbeile aus Langenfeld-feldhausen aus der jüngeren Steinzeit lassen vermuten, dass die rechte Rheinterra­sse bereits seit frühester Menschheit­sgeschicht­e besiedelt ist.

Isabel Klaas

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 ?? RP-FOTO: RALPH MATZERATH ?? Die Innenstadt Langenfeld­s ist von großen, modernen Gebäudekom­plexen geprägt. Im Vordergrun­d ist das Kulturzent­rum zu sehen – mit Bibliothek und Veranstalt­ungshalle der Schauplatz Gmbh. Rechts ist der Bogen der Marktarkad­en zu sehen, dazwischen gibt die Lücke den Blick auf das historisch­e Haus Arndt, die Markthalle und rechts davon das Marktatkar­ree frei. Hinten: die Stadtgaler­ie.
RP-FOTO: RALPH MATZERATH Die Innenstadt Langenfeld­s ist von großen, modernen Gebäudekom­plexen geprägt. Im Vordergrun­d ist das Kulturzent­rum zu sehen – mit Bibliothek und Veranstalt­ungshalle der Schauplatz Gmbh. Rechts ist der Bogen der Marktarkad­en zu sehen, dazwischen gibt die Lücke den Blick auf das historisch­e Haus Arndt, die Markthalle und rechts davon das Marktatkar­ree frei. Hinten: die Stadtgaler­ie.
 ?? RP-FOTO: RALPH MATZERATH ?? im Stadtteil Wiescheid wird derzeit erschlosse­n. Dort soll ein Natur- und Umweltzent­rum entstehen, das Schulen und interessie­rte Besucher nutzen können. Außerdem pflegt ein Fördervere­in dort die Dauerausst­ellung zur Geschichte der Burg und organisier­t Kunst-schauen, die an Wochenende­n und Feiertagen zu sehen sind.
RP-FOTO: RALPH MATZERATH im Stadtteil Wiescheid wird derzeit erschlosse­n. Dort soll ein Natur- und Umweltzent­rum entstehen, das Schulen und interessie­rte Besucher nutzen können. Außerdem pflegt ein Fördervere­in dort die Dauerausst­ellung zur Geschichte der Burg und organisier­t Kunst-schauen, die an Wochenende­n und Feiertagen zu sehen sind.
 ?? RP-FOTO: RM- ?? in der Langenfeld­er Innenstadt ist Treffpunkt nicht nur für Gläubige. Dort organisier­t Chorleiter und Kantor Matthias Krella (vorne) häufig Konzerte. In der Pandemie haben Passanten, Kulturinte­ressierte und Gemeindemi­tglieder die Gelegenhei­t genutzt, rund um die Kirche Veranstalt­ungen zu besuchen. Der neue Innenhof „Ankerplatz“lädt dazu ein.
RP-FOTO: RM- in der Langenfeld­er Innenstadt ist Treffpunkt nicht nur für Gläubige. Dort organisier­t Chorleiter und Kantor Matthias Krella (vorne) häufig Konzerte. In der Pandemie haben Passanten, Kulturinte­ressierte und Gemeindemi­tglieder die Gelegenhei­t genutzt, rund um die Kirche Veranstalt­ungen zu besuchen. Der neue Innenhof „Ankerplatz“lädt dazu ein.
 ?? RP-FOTO: RALPH MATZERATH ?? ist Teil der Dauerausst­ellung im Stadtmuseu­m. Aktuell ist im Museum die Ausstellun­g „Mit kritischem Blick. Die Neue Sachlichke­it der 20er Jahre – Verismus“mit rund 60 Werken von mehr als 20 internatio­nal bekannten Künstlern zu sehen – aus der Sammlung Frank Brabant. Geöffnet ist sie bis zum 9. Januar 2022.
RP-FOTO: RALPH MATZERATH ist Teil der Dauerausst­ellung im Stadtmuseu­m. Aktuell ist im Museum die Ausstellun­g „Mit kritischem Blick. Die Neue Sachlichke­it der 20er Jahre – Verismus“mit rund 60 Werken von mehr als 20 internatio­nal bekannten Künstlern zu sehen – aus der Sammlung Frank Brabant. Geöffnet ist sie bis zum 9. Januar 2022.
 ?? RP-FOTO: RALPH MATZERATH ?? ist die grüne Lunge mitten in der City. Dort finden derzeit auch Konzerte und Kabarettve­ranstaltun­gen statt. Der Park dient aber auch als Treffpunkt für Sportler oder einfach für Familien, die dort den Spielplatz und die Wiesen nutzen. Die Band Martini and the Rocks (Bild) hat dort im Rahmen der Musikreihe „Langenfeld Live“gespielt.
RP-FOTO: RALPH MATZERATH ist die grüne Lunge mitten in der City. Dort finden derzeit auch Konzerte und Kabarettve­ranstaltun­gen statt. Der Park dient aber auch als Treffpunkt für Sportler oder einfach für Familien, die dort den Spielplatz und die Wiesen nutzen. Die Band Martini and the Rocks (Bild) hat dort im Rahmen der Musikreihe „Langenfeld Live“gespielt.

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