Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Ampel, Jamaika oder doch eine neue Große Koalition?
Kommunalpolitiker aus der Region freuen sich auf interessante Sondierungsgespräche nach der Bundestagswahl und hoffen auf eine schnelle Einigung.
WESEL/HAMMINKELN/SCHERMBECK Mindestens genauso spannend wie die Bundestagswahl selbst wird die Antwort auf die Frage sein, welche Parteien sich bei den nun anstehenden Sondierungsgesprächen einigen können, um so schnell wie möglich eine Regierung zu bilden. Wobei die Wahrscheinlichkeit riesig ist, dass sowohl die Grünen als auch die Liberalen einer solchen Regierungskoalition angehören werden – ob nun mit dem Wahlgewinner SPD oder mit der unterlegenen CDU.
Ginge es nach Hubert Kück, dem Sprecher der Grünen-fraktion im Kreistag, wäre die Sache relativ einfach: „Es kann nur eine Koalition der drei Gewinner Grüne, SPD und FDP geben. Der Bürger sagt ganz klar, dass er von den drei Parteien erwartet, dass sie es hinbekommen.“Kück ist überzeugt, dass es bei den nun anstehenden Gesprächen mit SPD und FDP nicht um Personen, sondern um Themen gehen wird und wie die Grünen ihre Schwerpunkte am besten durchsetzen können. „Ich finde es absolut richtig, dass sich Grüne und FDP zusammensetzen, weil es zwischen den beiden die größten Differenzen gibt und sie schauen müssen, ob eine Zusammenarbeit überhaupt möglich ist.“Erst dann werde es Gespräche mit der SPD geben.
Kück ist überzeugt, dass der Bürger nun eine möglichst schnelle Regierungsbildung wünscht, „damit vernünftig gearbeitet werden kann.“Kück kann sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass die CDU eventuell doch noch wortbrüchig werden und mit der SPD eine Große Koalition bilden könnte.„denn dann würde die Glaubwürdigkeit der CDU Schaden nehmen und die Partei bei den nächsten Wahlen weiter massiv an Stimmen verlieren.“
Eine Große Koalition mit einer SPD, die den Kanzler stellt, kann sich auch Hamminkelns Fraktionschef Jörg Adams nicht vorstellen. „Ich erhoffe mir, dass die drei Siegerparteien SPD, Grüne und FDP eine Koalition bilden. Nur eine von der SPD geführte Regierung kann das Wahlergebnis in Gänze abbilden.“Dass mit Rainer Keller (SPD), Bernd Reuther (FDP) und Sabine Weiss (CDU) auf jeden Fall zwei Mandatsträger in der Regierungsverantwortung sein werden, sei für die Region gut und wichtig.
Auf spannende Sondierungsgespräche freut sich Bernd Reuther, der nichts dagegen hätte, wenn die Liberalen zusammen mit den Grünen künftig in Berlin regieren. „Mir fehlt nämlich die ganz große Fantasie für eine Ampelkoalition. Zumal SPD und CDU so dicht beieinander liegen.“Reuther erinnert an 1976, als die CDU die Mehrheit hatte, die SPD aber mit Hilfe der FDP unter Kanzler Helmut Schmidt weiterregieren konnte. „Ich jedenfalls hätte nichts gegen Jamaika einzuwenden. Das wäre meine Wunschkonstellation. Hauptsache ist jedoch, dass es für Rot-rot-grün nicht reicht“, so Reuther. Bei den Gesprächen mit den Grünen gehe es nun darum, sich auf „große Leitlinien zu verständigen. Anders als 2017 müssen sich alle Partner mit ihren zentralen Themen wiederfinden. Und das war vor vier Jahren nicht der Fall. Deswegen sind wir damals ausgestiegen.“
Auch Norbert Ness, der Vorsitzende der CDU in Hamminkeln, erinnert sich gut an die Bundestagswahl 1976. „Nicht immer ist der Wahlgewinner am Ende auch der Sieger“, sagt Ness. Die CDU habe noch eine Chance, auch weiterhin Regierungsverantwortung zu übernehmen. „Denn wenn ein Wähler ein Kreuzchen macht, dann wählt er eine Partei und keine Koalition und keinen Kanzler. Die CDU sollte jedenfalls kämpfen und geschlossen bleiben – auch mit Blick auf die Landtagswahl 2022.“Ness möchte, dass die Brüner Landtagsabgeordnete Charlotte Quik dann wieder gewinnt. Das dürfte ihr leichter fallen, wenn die CDU auf Bundesebene nicht weiter an Zustimmung verliert.
Dass seine Partei, die CDU, eine so hohe Wahlniederlage erleiden musste, macht Schermbecks Bürgermeister Mike Rexforth traurig und demütig zugleich. Gleichwohl hofft er, dass die CDU nun mit allen demokratischen Parteien Sondierungsgespräche führt – auch mit der SPD.„ICH würde mit allen sprechen. Allerdings hätte ich nicht die Erwartungshaltung, dass ich bei der Regierungsbildung dabei sein muss“, sagt Rexforth. Er bedauert, dass bei der Bundestagswahl weniger auf Inhalte, dafür mehr auf Personen geschaut worden sei. „Wenn das aber so ist, muss ich als Person in jeder Millisekunde präsent und sicher sein. Und da hat die CDU Schwächen gezeigt. Armin Laschet hat einfach deutlich mehr Fehler gemacht als Scholz.“Rexforth ist überzeugt, dass es „eine unglaublich schwierige Regierungsbildung geben wird.“
„Das wird eine unglaublich schwierige Regierungsbildung“Mike Rexforth (CDU) Bürgermeister von Schermbeck