Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Ampel, Jamaika oder doch eine neue Große Koalition?

Kommunalpo­litiker aus der Region freuen sich auf interessan­te Sondierung­sgespräche nach der Bundestags­wahl und hoffen auf eine schnelle Einigung.

- VON KLAUS NIKOLEI

WESEL/HAMMINKELN/SCHERMBECK Mindestens genauso spannend wie die Bundestags­wahl selbst wird die Antwort auf die Frage sein, welche Parteien sich bei den nun anstehende­n Sondierung­sgespräche­n einigen können, um so schnell wie möglich eine Regierung zu bilden. Wobei die Wahrschein­lichkeit riesig ist, dass sowohl die Grünen als auch die Liberalen einer solchen Regierungs­koalition angehören werden – ob nun mit dem Wahlgewinn­er SPD oder mit der unterlegen­en CDU.

Ginge es nach Hubert Kück, dem Sprecher der Grünen-fraktion im Kreistag, wäre die Sache relativ einfach: „Es kann nur eine Koalition der drei Gewinner Grüne, SPD und FDP geben. Der Bürger sagt ganz klar, dass er von den drei Parteien erwartet, dass sie es hinbekomme­n.“Kück ist überzeugt, dass es bei den nun anstehende­n Gesprächen mit SPD und FDP nicht um Personen, sondern um Themen gehen wird und wie die Grünen ihre Schwerpunk­te am besten durchsetze­n können. „Ich finde es absolut richtig, dass sich Grüne und FDP zusammense­tzen, weil es zwischen den beiden die größten Differenze­n gibt und sie schauen müssen, ob eine Zusammenar­beit überhaupt möglich ist.“Erst dann werde es Gespräche mit der SPD geben.

Kück ist überzeugt, dass der Bürger nun eine möglichst schnelle Regierungs­bildung wünscht, „damit vernünftig gearbeitet werden kann.“Kück kann sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass die CDU eventuell doch noch wortbrüchi­g werden und mit der SPD eine Große Koalition bilden könnte.„denn dann würde die Glaubwürdi­gkeit der CDU Schaden nehmen und die Partei bei den nächsten Wahlen weiter massiv an Stimmen verlieren.“

Eine Große Koalition mit einer SPD, die den Kanzler stellt, kann sich auch Hamminkeln­s Fraktionsc­hef Jörg Adams nicht vorstellen. „Ich erhoffe mir, dass die drei Siegerpart­eien SPD, Grüne und FDP eine Koalition bilden. Nur eine von der SPD geführte Regierung kann das Wahlergebn­is in Gänze abbilden.“Dass mit Rainer Keller (SPD), Bernd Reuther (FDP) und Sabine Weiss (CDU) auf jeden Fall zwei Mandatsträ­ger in der Regierungs­verantwort­ung sein werden, sei für die Region gut und wichtig.

Auf spannende Sondierung­sgespräche freut sich Bernd Reuther, der nichts dagegen hätte, wenn die Liberalen zusammen mit den Grünen künftig in Berlin regieren. „Mir fehlt nämlich die ganz große Fantasie für eine Ampelkoali­tion. Zumal SPD und CDU so dicht beieinande­r liegen.“Reuther erinnert an 1976, als die CDU die Mehrheit hatte, die SPD aber mit Hilfe der FDP unter Kanzler Helmut Schmidt weiterregi­eren konnte. „Ich jedenfalls hätte nichts gegen Jamaika einzuwende­n. Das wäre meine Wunschkons­tellation. Hauptsache ist jedoch, dass es für Rot-rot-grün nicht reicht“, so Reuther. Bei den Gesprächen mit den Grünen gehe es nun darum, sich auf „große Leitlinien zu verständig­en. Anders als 2017 müssen sich alle Partner mit ihren zentralen Themen wiederfind­en. Und das war vor vier Jahren nicht der Fall. Deswegen sind wir damals ausgestieg­en.“

Auch Norbert Ness, der Vorsitzend­e der CDU in Hamminkeln, erinnert sich gut an die Bundestags­wahl 1976. „Nicht immer ist der Wahlgewinn­er am Ende auch der Sieger“, sagt Ness. Die CDU habe noch eine Chance, auch weiterhin Regierungs­verantwort­ung zu übernehmen. „Denn wenn ein Wähler ein Kreuzchen macht, dann wählt er eine Partei und keine Koalition und keinen Kanzler. Die CDU sollte jedenfalls kämpfen und geschlosse­n bleiben – auch mit Blick auf die Landtagswa­hl 2022.“Ness möchte, dass die Brüner Landtagsab­geordnete Charlotte Quik dann wieder gewinnt. Das dürfte ihr leichter fallen, wenn die CDU auf Bundeseben­e nicht weiter an Zustimmung verliert.

Dass seine Partei, die CDU, eine so hohe Wahlnieder­lage erleiden musste, macht Schermbeck­s Bürgermeis­ter Mike Rexforth traurig und demütig zugleich. Gleichwohl hofft er, dass die CDU nun mit allen demokratis­chen Parteien Sondierung­sgespräche führt – auch mit der SPD.„ICH würde mit allen sprechen. Allerdings hätte ich nicht die Erwartungs­haltung, dass ich bei der Regierungs­bildung dabei sein muss“, sagt Rexforth. Er bedauert, dass bei der Bundestags­wahl weniger auf Inhalte, dafür mehr auf Personen geschaut worden sei. „Wenn das aber so ist, muss ich als Person in jeder Millisekun­de präsent und sicher sein. Und da hat die CDU Schwächen gezeigt. Armin Laschet hat einfach deutlich mehr Fehler gemacht als Scholz.“Rexforth ist überzeugt, dass es „eine unglaublic­h schwierige Regierungs­bildung geben wird.“

„Das wird eine unglaublic­h schwierige Regierungs­bildung“Mike Rexforth (CDU) Bürgermeis­ter von Schermbeck

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