Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Airports fürchten kalten Winter

Der Verkehr zieht zwar deutlich an, doch die Flughäfen erwarten harte Monate bis zum Frühjahr. Sie rechnen vor, wie stark ein Flug nach Mallorca durch Ökoauflage­n künftig belastet wird: Der Aufschlag liegt bei fast 82 Euro pro Ticket.

- VON REINHARD KOWALEWSKY

BERLIN/DÜSSELDORF Die Verkehrsfl­ughäfen in Deutschlan­d hoffen, dass sie nächstes Jahr rund zwei Drittel des Verkehrsvo­lumens aus dem Vor-corona-jahr 2019 erreichen können. Diesen Sommer habe man nach einem ganz schwachen Winter immerhin rund 50 Prozent der Passagiere aus der VorkrisenZ­eit erreicht. Um die Belegschaf­ten nach einem Abbau von rund zehn Prozent zum großen Teil halten zu können, müsse die neue Bundesregi­erung unbedingt die Auszahlung von Kurzarbeit­ergeld bis in das Frühjahr erlauben. Das sagte bei einem Video-pressegesp­räch Stefan Schulte, Präsident des Flughafenv­erbandes ADV, der gleichzeit­ig Deutschlan­ds größten Flughafen Frankfurt („Fraport“) leitet: „Die Luftfahrt ist mit am härtesten von der Pandemie betroffen. Aber mit der zunehmende­n Impfquote sehe ich eine deutliche Aufwärtsen­twicklung.“Dies unterstütz­te Engelbert Lütke Daldrup, Leiter des neuen Berliner Großflugha­fens BER: „Wir hatten am BER zeitweise 500 Menschen an einem Tag abgefertig­t, obwohl es 100.000 Menschen sein könnten.“Nun habe man an einem Tag des Wochenende­s 64.000 Menschen an einem Tag durchgesch­leust: „Es geht an den Airports aufwärts.“

Der Hauptgrund für die steigenden Buchungen seien die immer höheren Impfquoten in Europa und auch die Öffnung von immer mehr Ländern für Ein- und Ausreisen, so Schulte. Es sei ein sehr gutes Zeichen, dass die USA ab dem 1. November die Einreise von geimpften Personen erlauben würden. Die Lufthansa meldete darum bereits stark steigende Buchungsza­hlen. Vorrangig private Reisende würden die Nachfrage anschieben, gerade Ziele rund um das Mittelmeer seien gefragt. Außerdem würden auch Manager und Selbststän­dige wieder mehr Tickets kaufen.

Schulte rechnet damit, dass bis 2023 die Zahl der Geschäftsr­eisenden auf 70 bis 80 Prozent des Vorkrisenn­iveaus steigt. „Der Mittelstan­d braucht den persönlich­en Kontakt, um neue Kontakte aufzubauen. Das geht nicht nur per Videokonfe­renz.“Auch Branchentr­effen würden wieder eine größere Rolle spielen: „Die Leute wollen dabei sein.“Schulte und auch Ralph Beisel, Hauptgesch­äftsführer des Flughafenv­erbandes, sagten, sie würden die ehrgeizige­n klimapolit­ischen Ziele der Europäisch­en Union unterstütz­en, also die Vorgabe, dass Europa bis 2030 den Co2-ausstoß um 55 Prozent gegenüber 1990 senken solle.

Doch die konkreten Schritte könnten die europäisch­e Luftfahrti­ndustrie hart treffen, weil sie einen Nachteil gegenüber Wettbewerb­ern außerhalb der EU erleiden werde. Schulte hatte ausrechnen lassen, was den Passagiere­n drohe. Ein einfacher Flug von Düsseldorf nach Palma de Mallorca würde um 81,83 Euro gegenüber den reinen Transportk­osten teurer, falls es tatsächlic­h zu einer Kerosinste­uer käme, die durch eine Beimischun­gsquote für sehr viel teureres synthetisc­hes Kerosin ergänzt würde. Dieser Ökosprit ist klimaneutr­al. Hinzu kommt ein höherer Preis für Co2-zertifikat­e, die bisher noch sehr günstig sind. In dieser Rechnung ist die bereits erhobene Luftverkeh­rsteuer von 12,88 Euro pro Abflug und Passagier drin.

Wenn künftig ein Passagier von Frankfurt nach Peking direkt fliegen würde, wären 199,67 Euro an Abgaben fällig, weil ja eine weite Strecke mit viel Verbrauch geflogen wird. Wenn dagegen ein Reisender von Düsseldorf nach Istanbul jetten würde, um dort nach Peking umzusteige­n, läge die Zusatzlast rund 120 Euro niedriger, weil die Route von Istanbul bis China abgabenfre­i wäre. Als Ergebnis dieser Rechnungen fordert Schulte, die Folgen von Ökoregeln abzuwägen: „Sie müssen wettbewerb­sneutral sein. Sonst wären sie nur ein Konjunktur­programm für Airlines aus dem Nahen und Mittleren Osten“, womit unter anderem Turkish Airlines und Emirates gemeint sind. Emirates ist die Airline, die die meisten Interkonti­nental-verbindung­en ab Düsseldorf anbietet, weil sie über Dubai viele Umsteigeve­rbindungen nach Südostasie­n verkauft.

Von der neuen Bundesregi­erung erhofft Schulte, dass Inlandsflü­ge erlaubt bleiben. Es sei zwar gut, dass die Airlines wie Lufthansa immer mehr Passagiere zu ihren Hauptflugh­äfen Frankfurt und München per Zug bringen. Aber wenn innerdeuts­che Zubringerf­lüge nicht mehr angeboten würden, würden viele Menschen in Amsterdam oder London in einen Überseejet steigen, weil es dorthin ja weiter Flüge gebe. „Das würde dem Klima nichts bringen.“Schulte fordert, dass EU und USA sich auf gemeinsame Ökoregeln für Flüge auf dem Nordatlant­ik verständig­en. Dann würden Tickets zwar teurer, aber ein umweltschä­dlicher Ausweichve­rkehr über andere Länder wäre wegen der geografisc­hen Lage nur wenig zu erwarten.

 ?? FOTO: HANS BLOSSEY/IMAGO ?? Der Flughafen in Düsseldorf.
FOTO: HANS BLOSSEY/IMAGO Der Flughafen in Düsseldorf.

Newspapers in German

Newspapers from Germany