Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Große Kritik am Umgang mit dem Wolf
30 Landwirte bemängeln die Fehler der zuständigen Behörden. Der Tenor: Es müssten endlich Taten folgen. Dazu gehöre auch die Jagd auf die Tiere. Cdu-landtagsabgeordnete Charlotte Quik setzt sich für eine „wolfsfreie Zone“ein.
SCHERMBECK Drei Jahre nachdem Schermbeck als Wolfsgebiet ausgewiesen wurde, stand der Umgang mit dem Wolf im Mittelpunkt eines Gespräches, zu dem die beiden Cdu-landtagsabgeordneten Charlotte Quik und Bianca Winkelmann eingeladen hatten. Winkelmann ist Sprecherin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz der Cdu-landtagsfraktion. An dem Treffen auf dem Hof von Hartmut und Hildegard Neuenhoff im Ortsteil Damm beteiligten sich 30 Personen aus den Kreisen Wesel, Kleve und Recklinghausen, die überwiegend als Viehhalter in der Landwirtschaft tätig sind.
In dem zweieinhalbstündigen Gespräch hagelte es deutliche Kritik an der Umweltministerin Ursula Heinen-esser, an der mangelnden Unterstützung der Tierhalter seitens der Politiker, an der schleppenden Bearbeitung von Fragen an das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-westfalen (Lanuv) und an der zu starken Einbeziehung von Naturschutzverbänden in die Behandlung von Wolfsproblemen seitens des Lanuv.
Hartmut Neuenhoff sprach über seine Erfahrungen. Nachdem seine Rinder einem Wolf begegnet sind, waren die Tiere so aufgeschreckt, dass ein Ausbruch aus der Lippeaue zu befürchten war. „Wir als Landwirte sind haftbar, wenn es zu einem Zusammenstoß zwischen den Tieren und Autos auf der Bundesstraße 58 kommt“, stellte Neuenhoff fest. Aus der Runde kam der Hinweis, dass Versicherungen in solchen Fällen eine Kündigung des Versicherungsverhältnisses anstreben.
Eine zweite von Neuenhoff erlebte Schwierigkeit wurde von der Versammlung bestätigt. Als Neuenhoff sich entschied, einen Antrag auf Einzäunung der Wiesen in der Lippeaue zu stellen, musste er dreimal eine Mail schreiben und zweimal anrufen, weil er keine Antwort von der Behörde erhielt. Am 5. Juli kam dann eine Antwort, in der die Sorgen des Landwirts kleingeredet wurden.
Ein Beispiel typischer Kommunikationsweisen des Lanuv fügte Neuenhoff noch hinzu. Als er während einer Videokonferenz die Frage stellte, wieso ein Wolf einen vom Landesamt genehmigten Zaun überqueren konnte, habe ihm ein Lanuv-vertreter geantwortet: „Wir wissen nicht, wie er hineingekommen ist, aber gesprungen ist er nicht.“
Ein Kirchhellener Landwirt bemängelte den indirekt ausgeübten Zwang seitens der Behörden, von der Offenhaltung der Tiere Abstand zu nehmen. Jahrelang habe man den Landwirten empfohlen, die Türen ihrer Ställe zu öffnen, und jetzt setze man völlig kontrovers dazu auf eine Einsperrung der Tiere.
Als Vorsitzender der Schafhalter im Kreis Wesel korrigierte Maik Dünow die behördliche Behauptung, die Kosten für die Einzäunung würden komplett bezahlt. „Das trifft nur für das Material zu.“Die Kosten für die Arbeit würden ebenso wenig übernommen wie die Kosten für die Pflege des Zauns und für das regelmäßige Freischneiden des Zaunes, damit der Strom ungehindert durch die Litze fließen könne. Hinzu kämen noch Personalkosten durch die Bearbeitung der Anträge.
Bei den Kosten für die Haltung eines Herdenschutzhundes gehen die Schätzungen weit auseinander. Ein Hund kostet etwa 5000 Euro. Diese Kosten werden auch nicht immer erstattet. Hinzu kämen für Mitarbeiter die Kosten für Lehrgänge mit Hunden. Pro Hund müsse man zudem mit jährlichen Kosten fürs Hundefutter in Höhe von 1200 Euro rechnen. Die Versammlungsteilnehmer wiesen zudem auf bellende Hunde in der Nacht hin, die zur Verärgerung von Nachbarn führten.
„Zehn Schafhalter in der Region haben schon aufgegeben“, gab Jürgen Höchst vom Gahlener Bürgerforum zu bedenken. Er verwies auf zusätzliche Kosten durch das Monitoring. Es müsse zudem ein Vier-augen-prinzip bei der Rissbegutachtung geben. „Wer Wölfe will, muss auch für deren Bejagung sein“, folgerte Höchst. Gesetzgeber, Staat und Behörden müssten Wildtiere so managen, dass keine untragbaren Kosten entstünden. Da in Europa nicht so viele Flächen wie anderswo existierten, müsse eine günstige Untergrenze für Europa und für Deutschland definiert werden, die den Fortbestand der Spezies Wolf sichere.
Heinrich Peters aus Hünxe ging davon aus, dass die Wölfe lernten, mit den Menschen zu leben. Er berichtete von einem gefilmten fünfköpfigen Wolfsrudel in einem Vorgarten. „Der Wolf kommt den Menschen immer näher, aber auch der Mensch sei schützenswert“. Peters warnte vor einer kleinen Gruppe von Naturschutzideologen, die sich hervorragend vernetzt hätten mit Politikern und Verwaltungen. „Ich wurde bedroht von einem Wolfsbefürworter“, bedauerte Peters und empfahl eine stärkere Vernetzung der Wolfsgegner, um Menschen wie dem Nabu-kreisvorsitzenden Peter Malzbender stärker begegnen zu können, „den man gar nicht mehr ernst nehmen“könne.
Eine Frau berichtete, dass in der Dingdener Heide ein Pony gerissen worden sei. Eine finanzielle Entschädigung für einen Abwehrzaun habe es nicht gegeben. Voraussetzung dafür sei, dass in einem Umkreis von 30 Kilometern mindestens drei Pferde einen Wolfsriss erlebt haben müssten.
„Keine Sprüche, sondern Taten!“, forderte Peters von den Politikern. „Wir nehmen den Druck von hier mit“, versprach Bianca Winkelmann. „Und wir versuchen einen Weg zu finden, um den Wolfsbestand zu definieren und zu kontrollieren.“Dass sich Charlotte Quik „für eine wolfsfreie Zone“aussprach, freute die Versammlung. Mehr zum Thema Seite D3
Ab sofort finden die Gottesdienste in der St.-georgskirche unter Berücksichtigung der 3G-regeln statt. Das teilte Sabine Porsche von der Evangelischen Kirchengemeinde Schermbeck mit. Das bedeutet für Kirchenbesucher: Am Eingang müssen sie ihren Impfausweis, eine Bestätigung der Genesung oder einen gültigen Corona-test vorlegen.