Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Vier Schafe in Oberlohberg gerissen
Womöglich hat Niederrhein-wölfin Gloria wieder zugeschlagen – vielleicht auch mitsamt ihrem Rudel. Es geschah auf einem Areal, das von einem hohen Zaun umgeben ist. Was das Landesumweltamt zu dem Fall sagt.
HIESFELD Auf einem Grundstück an der Franzosenstraße in Hiesfeld sind vier Schafe gerissen worden, mutmaßlich von einem Wolf oder auch einem ganzen Rudel. Das Gahlener Bürgerforum, das Nutztier-risse in der Region dokumentiert, hat den Fall am Mittwoch gemeldet. Das Landesumweltamt hat ihn bestätigt.
„Das muss in der Nacht von Montag auf Dienstag gewesen sein. Die Risse sind am Dienstagmorgen gesehen und aufgenommen worden“, erklärt Eckhard Vornbrock vom Bürgerforum. Das Areal ist ein einsam gelegenes Grundstück, das von einem hohen Zaun umgeben ist. Es liegt unmittelbar zwischen Feldern, dahinter schließen sich rundum ausgedehnte Waldbereiche an.
Auch für das Landesumweltamt naheliegend, dass die getöteten Tiere auf das Konto von Wölfin Gloria und gegebenenfalls ihrem Rudel gehen. „In ganz NRW gibt es in den letzten Wochen wieder Riss-vorfälle“, stellt Sprecher Wilhelm Deitermann sachlich fest. Es könne sein, dass sich die Wölfe um diese Zeit im Jahr mit ihren nun älteren Jungtieren wieder weiter aus den Wäldern herausbewegten und in Bereiche gelangten, in denen es Weiden mit Nutztieren gebe. „Das Rudel im Wolfsgebiet Schermbeck hat Nachwuchs, das ist nachgewiesen.“
Die Behörde führt eine fortlaufende „Liste der Nutztierrisse“, auf der gemeldete Fälle getöteter Tiere aufgeführt werden. Darauf sind seit Mitte August eine Reihe von Einträgen für das Wolfsgebiet Schermbeck dokumentiert. So gab es in zwei verschiedenen Nächten im August Damwild-risse in Schermbeck. Ende August wurden in Hünxe einmal drei Schafe tot gefunden, einmal ein Kalb. Und zwischen dem 2. und dem 6. September wurden in Bottrop und Dorsten bei drei verschiedenen Gelegenheiten Schafe gerissen.
Diese Vorfälle sind wohlgemerkt noch keine nachgewiesenen WolfsAngriffe: Die Untersuchungen dazu stehen noch aus. Auch der neue Dinslakener Fall werde zunächst mal „zeitnah in die Liste der Nutztierrisse aufgenommen“, so Deitermann.
Das Gahlener Bürgerforum berichtet, dass oben an dem stabilen 1,80 Meter hohen Zaun, der das Gelände in Hiesfeld umgibt, Matsch und Fellhaare zu sehen gewesen seien. Spuren, die das Landesumweltamt am Dienstag auch gesichert habe. Auf einem Acker direkt vor der Wiese, unmittelbar vor dem Zaun und der vermuteten Übersprungstelle, hätten sich zudem etliche Abdrücke in der Erde ge
funden. „Das sind eindeutig Wolfsspuren, und die sind unterschiedlich groß“, sagt Eckhard Vornbrock. „Da ist nicht ein Wolf gewesen, sondern mehrere.“Doch trotz des hohen Zaunes seien die Vorgaben zum Herdenschutz in Hiesfeld offiziell nicht erfüllt: „Das kann man als Normalsterblicher nicht mehr verstehen, dass die Herde da nicht geschützt sein soll.“
Das Landesumwelt äußert sich nicht zur Situation vor Ort. „Ob ein Zaun der Förderrichtlinie zum Herdenschutz entspricht, ist Teil der Dokumentation“, so Wilhelm Deitermann. Fest steht aber, dass es für den Herdenschutz enge Vorgaben gibt. So müssen beispielsweise stromführende Leitungen in bestimmten Höhen vorhanden sein, und dafür ist nicht immer gesorgt.
„Zumindest ist das wohl bei den ersten Fällen in dem Bereich so gewesen, dass zum Beispiel kein Strom auf den Zäunen war“, erklärt Deitermann. „Sollten die Kriterien des Herdenschutzes in einem Wolfsgebiet nicht eingehalten worden sein, erhält der Nutztierhalter keine Entschädigung mehr.“
Das Gahlener Bürgerforum wirft dem Landesumweltamt vor, bei
Untersuchungen nicht transparent vorzugehen. Mehrfach seien mutmaßliche Wolfshaare von Zäunen gesichert worden, die über 1,60 Meter hoch waren, doch nie habe es danach eine Bestätigung gegeben. Das sei „auffällig“, befindet Eckhard Vornbrock. Das Landesumweltamt äußerte sich dazu zunächst nicht. Mehr zum Wolf am Niederrhein lesen Sie auf Seite C 5