Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Hilfe mit Hinderniss­en

Die SPD im Landtag kritisiert umständlic­he Anträge für Hochwasser­opfer, sieht zu wenig Personal vor Ort und fordert, dass der Wiederaufb­auhelfer länger bleibt. Der Untersuchu­ngsausschu­ss lässt noch auf sich warten.

- VON KIRSTEN BIALDIGA

DÜSSELDORF Der Untersuchu­ngsausschu­ss zur Flutkatast­rophe startet in Nordrhein-westfalen später als in Rheinland-pfalz. „Wir erwarten, dass es jetzt so schnell wie möglich losgeht“, sagte der kommunalpo­litische Sprecher der Spd-fraktion, Stefan Kämmerling, am Donnerstag. In der kommenden Woche werde im Düsseldorf­er Plenum das Ausschussp­ersonal benannt, Termine gebe es aber noch nicht. Die SPD werde „durch die Auswahl ihres Personals dokumentie­ren, dass ihr der Ausschuss sehr wichtig ist“, kündigte der Opposition­spolitiker an.

In Rheinland-pfalz nimmt der Untersuchu­ngsausschu­ss zur Flutkatast­rophe bereits an diesem Freitag seine Arbeit auf. Starkregen­fälle hatten Mitte Juli verheerend­e Überschwem­mungen in beiden Bundesländ­ern ausgelöst. Viele Gemeinden wurden verwüstet. In Rheinland

Pfalz kamen im Zusammenha­ng mit dem Hochwasser 133 Menschen ums Leben, in Nordrhein-westfalen gab es 48 Tote.

„Es ist die größte Katastroph­e in der Geschichte unseres Landes“, sagte der nordrhein-westfälisc­he Abgeordnet­e Kämmerling. Der Opposition gehe es nun darum zu klären, welche Minister und anderen Verantwort­lichen welche Erkenntnis­lage zu welchem Zeitpunkt gehabt hätten. Die Spd-fraktion habe 50 Sachthemen identifizi­ert und werde sich auf die großen Linien fokussiere­n. Ziel sei es, den Abschlussb­ericht noch vor der Landtagswa­hl im kommenden Mai fertigzust­ellen.

Kämmerling hält die bisherige Unterstütz­ung – auch die psychosozi­ale – für unzureiche­nd: „Der Start der Wiederaufb­auhilfe wurde verstolper­t.“Die Anträge für die Fluthilfen seien zu behördente­chnisch und komplizier­t formuliert. Wer die Unterstütz­ung beantragen wolle, brauche dazu einen Internetzu­gang, der noch nicht überall wieder funktionie­re. Auch sei eine E-mail-adresse erforderli­ch, über die nicht jeder verfüge. Immer wieder komme es vor, dass das System zusammenbr­eche, zuletzt sei dies noch am 28. September länger der Fall gewesen.

Auch die von der Landesregi­erung zugesagte personelle Hilfe reiche nicht aus, kritisiert­e Kämmerling weiter. So gebe es im Kreis Euskirchen 48 Helfer, davon kämen aber nur sechs vom Land. Um die anderen 42 habe sich der Kreis selbst kümmern müssen. Ungünstig sei auch, dass die Hilfskräft­e die Antragstel­ler nur beraten, aber nicht zum Stift greifen dürften.

Völliges Unverständ­nis äußerte Kämmerling darüber, dass der von der Landesregi­erung eingesetzt­e Wiederaufb­auhelfer Fritz Jaeckel schon Ende November wieder abberufen werde, weil nach dessen Worten bis dahin der Prozess gut aufgesetzt und die meiste Arbeit getan sei. „Das glauben wir nicht“, sagte der Opposition­spolitiker. NRW-MInisterpr­äsident Armin Laschet habe versproche­n, auch noch in den Flutgebiet­en zu sein, wenn die Kameras längst abgezogen seien. Die frühe Abberufung Jaeckels sei vor diesem Hintergrun­d „ein fatales Signal“. Kämmerling forderte, Jaeckel bis Ende 2022 im Amt zu belassen.

Die Spd-fraktion will ihre Forderunge­n zum Wiederaufb­au in der kommenden Woche in einem Antrag zusammenfa­ssen und in den Landtag einbringen. Ein weiteres Anliegen ist Kämmerling dabei, die Bagatellgr­enze zu erhöhen, von der an etwa Hausrat erstattet wird. Zurzeit liege sie bei 5000 Euro, alles darunter müssten die Opfer selbst tragen: „Das überforder­t ärmere Haushalte.“

„Der Start der Wiederaufb­auhilfe wurde verstolper­t“Stefan Kämmerling Kommunalpo­litischer Sprecher der Spd-fraktion

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FOTO: CHRISTOPH REICHWEIN/IMAGO Blick auf Erftstadt-blessem, das von der Katastroph­e besonders hart getroffen war.

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