Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Höchststrafe für Sarah Everards Mörder
Der Fall hat Großbritannien aufgewühlt. Der geständige Täter muss den Rest seines Lebens ins Gefängnis.
LONDON (dpa) Hartes Urteil in einem außergewöhnlichen Fall: Wegen Mordes an der Londonerin Sarah Everard muss ein Polizist für den Rest seines Lebens hinter Gitter. Richter Adrian Fulford verurteilte den 48-Jährigen am Donnerstag zur Höchststrafe – lebenslange Haft ohne Aussicht auf vorzeitige Entlassung. Der Fall hatte das Land aufgewühlt und eine neue Debatte über Gewalt gegen Frauen ausgelöst. „Der Polizist wird im Gefängnis sterben“, meldete die Nachrichtenagentur PA, die Boulevardzeitung „The Sun“rief ihm hinterher: „Verrotte in der Hölle!“
Zum Abschluss des emotionalen Prozesses betonte Richter Fulford, er sehe keine andere Wahl, als die Höchststrafe zu verhängen. Das liegt vor allem am Beruf des geständigen Täters: „Der Missbrauch der Funktion eines Polizisten, wie er in diesem Fall vorgekommen ist, um ein einzelnes Opfer zu entführen, zu vergewaltigen und zu ermorden, ist meines Erachtens ebenso schwerwiegend wie ein Mord zur Förderung einer politischen, religiösen, rassischen oder weltanschaulichen Sache“, sagte Fulford.
Fulford sagte, es habe sich keineswegs um eine spontane Tat gehandelt. Vielmehr habe der 48-Jährige bereits Wochen zuvor eine Entführung und Vergewaltigung geplant und vorbereitet. Dabei habe er wissen müssen, dass es so gut wie keine Alternative dazu geben werde, das zufällige Opfer zu töten.
Die Details der Tat haben in Großbritannien Schockwellen ausgelöst. Everard war am Abend des 3. März in London zu Fuß auf dem Heimweg von einer Freundin. Kurz nachdem die 33-Jährige mit ihrem Freund telefoniert hatte, stoppte sie der Polizist und nahm sie wegen Verstoßes gegen Corona-regeln fest. Er fuhr die mit Handschellen gefesselte Everard Dutzende Kilometer in die südostenglische Grafschaft Kent. Dort vergewaltigte er die Frau und erdrosselte sie mit seinem Polizeigürtel. Später kaufte er Benzin, zündete die Leiche an und versenkte Everards sterbliche Überreste in einem Tümpel.
Nie habe der Täter ernsthaft Reue gezeigt, nie Angaben zum Motiv oder zum genauen Tathergang gemacht, sagte Richter Fulford. Vielmehr fuhr der Mann Tage später sogar mit seiner Familie noch in das Waldstück, in dem er die Leiche entsorgt hatte, und ließ seine beiden Kinder in der Nähe spielen. Den Hinweis von Verteidiger Jim Sturman – der Angeklagte habe die Tat gestanden und schäme sich, habe keine Vorstrafen und sei als guter Familienvater und Kollege bekannt, was eine frühere Haftentlassung rechtfertige – wies der Richter zurück. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.