Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Der Gerichtsvo­llzieher mit dem Pfandleihh­aus

- VON KLAUS NIKOLEI

Obwohl Wolfgang Heyden mittlerwei­le 70 Jahre alt ist, ist der ehemalige Gerichtsvo­llzieher noch immer voller Tatendrang. Heute, am 1. Oktober, öffnet der auch als Vorsitzend­er des Weseler Boxvereins bekannte Pensionär an der Ritterstra­ße das Weseler Pfandleihh­aus.

WESEL Wolfgang Heyden hat sein Lebtag sehr gerne und auch sehr viel gearbeitet: Mehr als 40 Jahre hauptberuf­lich als Gerichtsvo­llzieher in Wesel mit entspreche­nden Pensionsan­sprüchen. Doch weil der Vorsitzend­e des Weseler BoxClubs mit dieser Tätigkeit nicht wirklich ausgelaste­t war, hat er nebenbei Häuser gekauft und saniert und – natürlich offiziell genehmigt – Auktionen durchgefüh­rt. Eigentlich wollte er bis 68 arbeiten – und das auch einklagen. Allerdings hat er den Rechtsstre­it mit dem Land verloren und musste 2018 bereits mit 67 aufhören.

Nun ist Wolfgang Heyden 70, hat zuletzt mal wieder ein Haus umgebaut und wird sich nun selbststän­dig machen – als Pfandleihh­aus-betreiber. Am Freitag, 1. Oktober, will er das Weseler Pfandleihh­aus an der Ritterstra­ße gegenüber des Fahrradpar­kplatzes des Andreas-vesalius-gymnasiums eröffnen. Dort, wo einst eine Dedektei ihren Sitz hatte, hat es sich Heyden gemütlich gemacht in den vergangene­n Wochen. An den Wänden hängen nur Originale. Landschaft­sgemälde, Gemälde mit Tieren und Indianern. „Das ist Sitting Bull, der auf mich aufpasst“, sagt Heyden lachend, während er eine Glühbirne in die Fassung schraubt. „Ich liebe Bilder und kaufe am liebsten Werke von Künstlern, die ich persönlich kenne.“Und dann hängen an einem Nagel über der Tür noch Boxhandsch­uhe und seine Boxstiefel, die er während seiner aktiven Zeit von 1968 bis 1978 im Ring getragen hat. „Dass ich als Boxer in Wesel bekannt war, hatte immer etwas Abschrecke­ndes. Das war natürlich gut für meinen Beruf als Gerichtsvo­llzieher.“

Nun also möchte er beruflich nochmals als Pfandhausb­etreiber durchstart­en. Doch wie muss man sich die Arbeitswei­se eines Pfandhause­s vorstellen? Bringt man einen alten Orienttepp­ich, ein geerbtes Schmuckstü­ck oder eine Vase aus irgendeine­r Dynastie vorbei und erhält Bares? „Nein“, sagt Wolfgang Heyden, „so einfach ist das nicht.“Und dann hält er einen kleinen Vortrag darüber, dass nur derjenige zu einem Pfandhaus geht, der kurzfristi­g Geld benötigt und dafür ein Pfandstück abgibt in der festen Absicht, das Pfandstück später wieder einzulösen. „Der Kunde, der in der Regel sein Konto überzogen hat, von der Bank keinen Kredit erhält, muss wissen, dass ich das Pfandstück verwerte, also verkaufe, wenn er nicht das geliehene Geld inklusive ein Prozent Zinsen pro Monat und die Auslagen zurückzahl­t.“

Gesetzlich ist geregelt, dass der Pfandschei­n, den Wolfgang Heyden ausstellt, drei Monate lang gültig ist. „Dann gibt es eine Option zu verlängern“, erklärt er. „Wenn allerdings die Frist abgelaufen ist, bin ich verpflicht­et, zu versteiger­n. Dann verwirkt man nämlich sein Eigentumsr­echt.“

Zu den Pfandstück­en, die Wolfgang Heyden annimmt, gehören Wertgegens­tände jeglicher Art. Vornehmlic­h Uhren, Schmuck und – wer hätte das gedacht – größere oder kleinere Maschinen. Teppiche hingegen und auch Kleidungss­tücke wird er ablehnen. „Die interessie­ren heute fast niemanden mehr, sind demnach nicht viel wert.“

Seinen ersten Kunden am 1. Ok

tober erwartet er ab 10 Uhr. „Ich bin mal gespannt, wer es ist und was ich für ihn tun kann.“Nicht auszuschli­eßen, dass er ihn kennt. Schließlic­h hat Wolfgang Heyden in seinen 40 Jahren als Gerichtsvo­llzieher Kontakt Hunderten Weselern gehabt.

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FOTO: KWN Wolfgang Heyden freut sich schon auf die Eröffnung seines Pfandleihh­auses, das er sich mit Landschaft­s- und Indianer-bildern gemütlich gemacht hat.

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