Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Die Bessermacher
Seit 21 Jahren gibt es in Wesel einen Gestaltungsbeirat. Die Mitglieder dienen als Ansprechpartner bei besonderen Bauvorhaben und helfen so dabei, das Stadtbild der Hansestadt zu verschönern. Viele Beispiele zeigen: Es ist gelungen.
WESEL (eha) Der Gestaltungsbeirat der Stadt Wesel tagt hinter verschlossenen Türen, mindestens einmal im Quartal. Tatsächlich reiste er in den vergangenen 21 Jahren zu 63 Sitzungen an. Bürgermeisterin Ulrike Westkamp würdigte das jetzige Zusammentreffen als „Großjährigkeits“-jubiläum, schließlich konnte das 20-Jährige coronabedingt nicht stattfinden. Zum Auftakt der 64. Sitzung gewährten die Professoren einen Einblick in ihre Arbeit.
Alles begann im Jahr 1999, als Klaus Haerten als Leiter des Weseler Bürgertreffs die Eingabe an den Rat machte, einen Gestaltungsbeirat zu berufen. Mit der Idee konnte der Weseler Kardiologe den Rat überzeugen, der im Jahr 2000 grünes Licht gab. Festgelegt wurde, dass der Gestaltungsbeirat bestehende architektonische und städtebauliche Qualitäten sichern und zur Verbesserung des Weseler Stadtbildes beitragen soll.
Von 2000 bis 2016 leitete Dietmar Castro als Vorsitzender den Gestaltungsbeirat, ihm folgte Bruno Franken, seine Stellvertreterin ist Ute Aufmolk. Bruno Franken erinnerte daran, dass es in seinem Wohnort in Bergisch-gladbach Widerstand aus der Politik gab, als dort ebenfalls ein Gestaltungsbeirat installiert werden sollte. Er machte damals den Vorschlag, Ulrike Westkamp einzuladen, um über die Erfahrungen, die man in Wesel gemacht habe, zu referieren. Sie konnte überzeugen.
Wichtig ist dem Beirat, so früh wie möglich in Planungen einbezogen zu werden. „Am liebsten, wenn Planer und Bauherr mit einer Skizze zu uns kommen und bereits im Vorfeld das Projekt besprochen wird“, wünscht sich Franken. Was viel besser sei, als wenn eine fertige Visualisierung des Bauvorhabens vorgestellt werde. „Bei einer Skizze können wir Änderungsvorschläge rasch einzeichnen“, begründet Franken sein Anliegen. Der Beirat gibt nach jeder Beratung eine schriftliche Stellungnahme ab, wenn es der Bauherr wünscht, kann das Ergebnis auch veröffentlicht werden.
Martin Prior, Fachbereichsleiter Stadtentwicklung, nannte viele Beispiele einer gelungenen Stadtplanung, deren deutliche Handschrift der Gestaltungsbeirat hinterlassen hat. Angefangen beim Projekt neuer Bahnhof Wesel mit Gestaltung des Bahnhofvorplatzes, der Neugestaltung der Wilhelmstraße und des Franz-etzel-platzes, Tunneldurchstich, P+r-anlage und Radstation von 2001 bis 2009.
Daran anschließend war bedeutend der Masterplan Innenstadt mit Neugestaltung der Fußgängerzone. Auf Grundlage eines städtebaulichen Wettbewerbsentwurfs wurde die Neugestaltung in mehreren Abschnitten umgesetzt. Beeindruckt hat die Idee und deren Umsetzung von Aufteilung in Flaniermeile, Aktionsband, mit Pflanzelementen, Bäumen, Sitzmöbeln, Spielelementen und Fahrradständern, und dem durch die gesamte Fußgängerzone laufenden Hanseband. Wohl in jeder Stadt kontrovers diskutiert wird die Auswahl der Laternen. Auch hier fanden die Gestalter ein ansprechendes Modell, zudem vier Effektstelen.
Weitere „Leuchttürme“in ihrer
Ausführungen, an denen der Gestaltungsbeirat beteiligt war, sind: die Neugestaltung des Wohnquartiers Zitadellenviertel mit „grüner Lunge“, das der Bauverein umgesetzt hat, seniorengerechtes Wohnen an der Isselstraße oder das Tagespflegeheim und Wohngebäude in Büderich mit Anbindung an den Ortskern mittels Fußgängerbrücke. Ebenso begleitet wurde die Umgestaltung der ehemaligen Gaststätte an der Trappstraße/caspar-baur
Straße durch das Bestattungsunternehmen Keunecke. Oder die Umgestaltung des Eckgebäudes am Großen Markt/ecke Dimmerstraße. Hier wurde der gesamte Baukörper aufgewertet und um eine zusätzliche Etage mit Giebeln dem Umfeld angepasst.
Aber auch kleine Maßnahmen wie die Umgestaltung des Mahnmals „Bombenfänger“an der Caspar-baur-straße wurden diskutiert, hier um eine Zugänglichkeit mit wertigen Materialien zu schaffen. Als gelungen gilt ebenfalls die Neugestaltung des Kasinogartens, aktuell der Neubau der Aula für die Gesamtschule Am Lauerhaas und der Biergarten am Rhein. Bei letzterem wurde besonderer Wert auf Qualität gelegt. Beeindruckt hat den Beirat die zwei geschickt gestapelten Überseecontainer mit ihrer silbernen Trapezverkleidung.
Bauherren und Planer können das Angebot nutzen, Fachleuten ihr Vorhaben vorzustellen und es mit ihnen zu diskutieren. Dadurch können sie „ihren persönlichen Beitrag für ein attraktives Stadtbild und eine unverwechselbare Stadtidentität Wesels leisten“, heißt es im Flyer des Gestaltungsbeirats.