Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Untersuchung des „Estonia“-wracks ist beendet
852 Menschen starben, als die Ostseefähre 1994 sank. Die Hinterbliebenen der Opfer haben das Schiff nun selbst inspiziert.
TALLINN (dpa) Ein privat finanziertes Expertenteam aus Estland hat seine Untersuchungen am Wrack der 1994 gesunkenen Ostsee-fähre „Estonia“beendet. „Das Wetter und die Sicht in der Nähe des Wracks waren nicht perfekt. Wir haben es jedoch geschafft, fast alles zu tun, was wir tun mussten“, sagte Expeditionsleiter Margus Kurm nach einem Bericht der estnischen Zeitung „Postimees“vom Freitag. Demnach seien die Tauch- und Vermessungsarbeiten an der Unglücksstelle am Donnerstagabend beendet worden. Das
Forschungsschiff befinde sich nun auf dem Weg zurück in den niederländischen Seehafen Eemshaven.
Die Expedition erfolgt im Auftrag der Hinterbliebenen-organisation der Opfer der Schiffskatastrophe – parallel zu einer offiziellen Untersuchung durch staatliche Behörden. Dafür war am 18. September ein Forschungsschiff zur Unglücksstelle aufgebrochen, um das Wrack und den umliegenden Meeresboden zu untersuchen. „Die Ziele, die wir uns vor der Expedition gesetzt hatten, wurden im Allgemeinen erreicht“, zeigte sich Kurm mit dem Verlauf der Operation zufrieden.
Mit Hilfe des Unterwasserroboters sei es gelungen, fast das gesamte Wrack der 1994 gesunkenen Fähre zu fotografieren. Dies ermögliche, unter Einsatz photogrammetrischer Technik ein 3D-bild des Wracks zu erstellen, sagte Kurm: „Wir haben es auch geschafft, Schäden an Bug, Heck und Steuerbord des Schiffes aus nächster Nähe zu filmen.“Im nächsten Schritt erfolge nun die Systematisierung des gesammelten Materials, bevor es an Experten für weitere Studien übergeben werde.
Der Untergang der „Estonia“gilt als die schwerste Schiffskatastrophe in Europa nach dem Krieg. Die Fähre war am 28. September 1994 mit 989 Menschen auf ihrem Weg von Tallinn nach Stockholm vor der finnischen Südküste gesunken. 852 Menschen starben. Dem Untersuchungsbericht von 1997 zufolge war das abgerissene Bugvisier die Ursache für den Untergang. Überlebende und Hinterbliebene fordern bereits seit Langem eine Wiederaufnahme der Untersuchungen.