Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Kreis verschiebt Verbandsgründung
Der Wirtschaftswegeverband in Hamminkeln wird am Dienstag nicht gegründet. Der Kreis gab dem Antrag eines betroffenen Landwirtes statt. Zuvor stellten sich die meisten Fraktionen noch hinter den Plan des Bürgermeisters.
HAMMINKELN (CS) Es war schon zu erwarten, dass sich zum Hauptund Finanzausschuss am Donnerstagabend einige Landwirte im Hamminkelner Rathaus einfinden werden. Schließlich ging es gleich im Tagesordnungspunkt 2 um das so brisante Thema: um die Gründung des Wirtschaftswegeverbandes. Und so hatten sich rund 20 Landwirte im Sitzungssaal eingefunden – darunter auch Ole Weinkath, der wie berichtet rechtlich nicht gegen die Gründung an sich, aber den Termin vorgegangen war.
Der Landwirt hat zwar eine Fläche von 1,5 Hektar auf Hamminkelner Gebiet, wohnt allerdings in Hünxe. Und genau das sollte dem Wortführer der betroffenen Landwirte in der Einwohnerfragestunde zum Verhängnis werden. Auf die Frage von Bürgermeister Bernd Romanski, ob es Fragen seitens der Einwohner gebe, hob Ole Weinkath den Arm. „Sie sind aber nicht Bürger der Stadt Hamminkeln“, sagte Romanski sofort. Also dürfe Weinkath keine Frage stellen. Es folgte ein kurzes Wortgefecht, in dem Weinkath erklärte, das juristisch prüfen zu lassen. Aber Bürgermeister Romanski verdeutlichte noch mal, dass er das Recht, eine Frage zu stellen, eben nicht habe. Sichtlich eine Überraschung auch für die übrigen Landwirte, die ihre Hoffnung, einige Probleme hier und heute zumindest noch einmal anzusprechen, in Weinkath gesetzt hatten.
Zumindest drei Landwirte sprangen in die Bresche, sprachen in der Folge die Kostenkalkulation sowie eine Terminverschiebung wegen der zu erwartenden Antragsflut an. Anneliese Hecheltjen startete einen vorsichtigen Versuch: „Können wir Herrn Weinkath ein Rederecht per Vollmacht geben?“Die Antwort des Bürgermeisters war klar und deutlich: „Nein!“Und dabei blieb es.
Bernd Romanski wollte im gleichen Atemzug nicht unerwähnt lassen, dass er in den vergangenen Wochen ein „Stück weit schockiert“ gewesen sei, wie Mitarbeiter der Verwaltung und auch gewählte Vertreter der Fraktionen angegangen worden seien. „Wie mit den Leuten hier umgegangen wird, ist inakzeptabel, unerträglich und respektlos“, sagte der Bürgermeister. Man dürfe sich nicht wundern, dass man dann keinen mehr finde, der sich für die Arbeit in den Ausschüssen und im Rat ehrenamtlich zur Verfügung stelle.
Erstmals sei das Thema schon 2013 auf die Agenda gekommen, einen ersten Satzungsentwurf gab es am 26. Juni 2020 – also habe man mehr als ein Jahr Zeit gehabt und müsse die Gründung nicht verschieben. „Ich persönlich sehe das als Angebot an die Landwirte“, sagte Romanski. „Die Stadt kümmert sich um Fördermittel, hat sich stark eingesetzt. Aber wenn Sie das nicht wollen, wenn der Verband nicht gegründet wird, habe ich da volles Verständnis. Es ist für Sie ja mit Kosten verbunden.“
Die Fraktionen stimmten dem Bürgermeister weitgehend zu. Jörg Adams (SPD) sieht den Verband als positives Angebot, die Sanierung der Wirtschaftswege anzugehen, bemerkte aber auch, dass die Stimmung bei den Landwirten gekippt sei. Johannes Bauhaus (CDU) befand, die Fördermittel seien eine Chance und Grund genug, den Verband zu gründen. Helmut Wiesniewski (USD) räumte die Möglichkeit ein, dass sich die Beteiligten am Dienstag noch äußern könnten.
Für Armin Marth (FDP) ist klar: „Nur wenn der Verband gegründet wird, gibt es gute Wege.“Johannes Flaswinkel (Grüne) sprach von einem „zukunftsfähigen Modell“, erhoffte sich eine Zustimmung von 70 oder 80 Prozent statt nur knapp über 50 und wünscht sich eine gleiche Belastung für alle. „Uns wäre es ein Anliegen, noch mehr Landwirte mitzunehmen und zu befragen, erst später zu entscheiden.“Ähnlich sah es Martin Wente (FWI), der der Gründung zwar zustimmte, aber sich ein halbes Jahr mehr Zeit wünsche, „um die Quote zu erhöhen.“Letztendlich stimmten CDU, SPD und USD für den Satzungsentwurf, die Grünen und die FWI dagegen.
Ole Weinkath indes entschuldigte
sich am Ende der Sitzung für seinen Ton. Und ärgerte sich draußen aber dennoch wohl insgeheim, am Morgen nicht seinen zweiten Wohnsitz in Hamminkeln angemeldet zu haben. Knapp 17 Stunden später konnte sich der Hünxer dann doch noch ein Gläschen Sekt aufmachen. Seinem Antrag – den Termin der Gründungsversammlung zu verschieben – hatte der Kreis Wesel soeben stattgegeben.
Zu viele Formfehler habe es im Vorfeld gegeben. Und bei Aufsichtsbeschwerden wird die Bezirksregierung in der Regel hellhörig, der damit Konfrontierte, wie in diesem Falle der Kreis Wesel, noch hellhöriger. Zu groß war die Zahl von beteiligten Landwirten, wobei eben auch der formale Teil juristisch genauestens eingehalten werden muss.
Ohnehin wären am Dienstag bei der Gründungsversammlung zum geplanten Verband wohl mindestens 40 Anträge gestellt worden – wovon laut Experten nicht mal eine Handvoll hätten behandelt werden können. Macht am Ende also mindestens zehn Versammlungen – für einen Verband. Nicht nur vor diesem Hintergrund ist dessen Gründung derzeit mehr als fraglich.