Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
So kommt der Wasserstoff nach Duisburg
Die Stadt hat den Zuschlag für ein Wasserstoffzentrum erhalten. Die Forschung dort soll Thyssenkrupp und HKM helfen, ihren Stahl klimaneutral zu produzieren. Nur wo kommt der Rohstoff her – und wo werden Pipelines gebaut?
Deutschlands größter Stahlhersteller Thyssenkrupp will spätestens 2050 keine Kohle mehr in der Produktion verwenden, auch die Hüttenwerke Krupp Mannesmann (HKM) im Duisburger Süden haben längst angekündigt, auf klimaneutralen Stahl umzusteigen. Damit das klappt, brauchen beide Unternehmen einen der begehrtesten Rohstoffe der Zukunft: Wasserstoff.
Der, so ist der Plan, soll bald über ein Pipeline-netz aus den Niederlanden bis ins Ruhrgebiet fließen. Auf den Import ist NRW angewiesen. Hierzulande gibt es überhaupt nicht genügend Strom, um den Wasserstoff in großen Mengen herzustellen. Bis es soweit ist, wird es aber wohl noch einige Jahren dauern.
Diplom-ingenieur Joachim Jungsbluth beschäftigt sich seit rund 25 Jahren mit dem Thema Wasserstofftechnologie. Am Zentrum für Brennstoffzellentechnik (ZBT) auf dem Campus der Universität Duisburg-essen leitet er die Abteilung Forschung und Entwicklung. Wasserstoff, sagt er, wird eigentlich ganz einfach aus Wasser gewonnen. „Bei einer sogenannten Elektrolyse wird Wasser unter Einsatz von elektrischer Energie in Sauerstoff und Wasserstoff zerlegt.“Stammt der Strom aus regenerativen Energien, spricht man von grünem Wasserstoff. „Aber natürlich ist das Gas immer farb- und geruchlos“, sagt Jungsbluth.
Wie viel Wasserstoff Thyssenkrupp und HKM brauchen werden, ist noch nicht ganz klar. Jungsbluth sagt, man werde das Gas „tonnenweise“nach Duisburg pumpen müssen. Hier entsteht derzeit auf dem Gerlände von HKM ein Wasserstoff-innovationszentrum (ITZ), das Bund und Land mit bis zu 100 Millionen Euro fördern wollen. Die Rede ist von einigen „hunderten Jobs“, die in den kommenden Jahren in Duisburg entstehen werden. Der Standort Duisburg soll damit in Zukunft eine zentrale Rolle in der deutschen Energiewende spielen.
Nun muss allerdings nicht befürchtet werden, dass in den kommenden Jahren überall in NRW der Boden aufgerissen wird, um Pipelines zu verlegen. Ein Netz bis in die niederländische Stadt Rotterdam existiert bereits. Darüber transportiert der Essener Gasnetzbetreiber Open Grid Europe (OGE) derzeit noch Erdgas ins Land. Weil das sogenannten L-gas – Erdgas mit einem geringen Energiegehalt – bald nicht mehr verwendet wird, werden im Netz Leitungen frei. „Innerhalb von wenigen Kilometern müssen aber noch einige Pipelines verlegt werden“, sagt Ingenieur Jungsbluth.
Bis es soweit ist, könnte es noch bis zum Jahr 2027 dauern. Solange wird der Wasserstoff noch direkt vor Ort in Duisburg hergestellt – dann allerdings nur in sehr viel geringeren Mengen. Jungsbluth sagt, jetzt gehe es erstmal darum, mit der finanziellen Förderung das ITZ überhaupt aufzubauen. „Da warten wir jetzt erstmal, bis in Berlin eine neue Regierung steht“, sagt Jungsbluth.
Thyssenkrupp will bereits 2025 mit Hilfe einer neuen Direktreduktionsanlage 400.000 Tonnen „grünen Stahl“produzieren. Auch dafür wird Wasserstoff gebraucht, zunächst soll die Anlage aber mit Erdgas laufen. Zur Grundsteinlegung waren im August 2020 auch Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier und Nrw-ministerpräsident Armin Laschet nach Duisburg gekommen.
Damit auch Thyssenkrupp mit Wasserstoff versorgt wird, soll eine rund 28 Kilometer lange Pipeline von Dorsten bis nach Duisburg gebaut werden. Der Fernleitungsnetzbetreiber Thyssengas übernimmt den Bau. Spätestens 2026 soll der Wasserstoff durch die Pipeline fließen.