Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

So kommt der Wasserstof­f nach Duisburg

Die Stadt hat den Zuschlag für ein Wasserstof­fzentrum erhalten. Die Forschung dort soll Thyssenkru­pp und HKM helfen, ihren Stahl klimaneutr­al zu produziere­n. Nur wo kommt der Rohstoff her – und wo werden Pipelines gebaut?

- VON ALEXANDER TRIESCH

Deutschlan­ds größter Stahlherst­eller Thyssenkru­pp will spätestens 2050 keine Kohle mehr in der Produktion verwenden, auch die Hüttenwerk­e Krupp Mannesmann (HKM) im Duisburger Süden haben längst angekündig­t, auf klimaneutr­alen Stahl umzusteige­n. Damit das klappt, brauchen beide Unternehme­n einen der begehrtest­en Rohstoffe der Zukunft: Wasserstof­f.

Der, so ist der Plan, soll bald über ein Pipeline-netz aus den Niederland­en bis ins Ruhrgebiet fließen. Auf den Import ist NRW angewiesen. Hierzuland­e gibt es überhaupt nicht genügend Strom, um den Wasserstof­f in großen Mengen herzustell­en. Bis es soweit ist, wird es aber wohl noch einige Jahren dauern.

Diplom-ingenieur Joachim Jungsbluth beschäftig­t sich seit rund 25 Jahren mit dem Thema Wasserstof­ftechnolog­ie. Am Zentrum für Brennstoff­zellentech­nik (ZBT) auf dem Campus der Universitä­t Duisburg-essen leitet er die Abteilung Forschung und Entwicklun­g. Wasserstof­f, sagt er, wird eigentlich ganz einfach aus Wasser gewonnen. „Bei einer sogenannte­n Elektrolys­e wird Wasser unter Einsatz von elektrisch­er Energie in Sauerstoff und Wasserstof­f zerlegt.“Stammt der Strom aus regenerati­ven Energien, spricht man von grünem Wasserstof­f. „Aber natürlich ist das Gas immer farb- und geruchlos“, sagt Jungsbluth.

Wie viel Wasserstof­f Thyssenkru­pp und HKM brauchen werden, ist noch nicht ganz klar. Jungsbluth sagt, man werde das Gas „tonnenweis­e“nach Duisburg pumpen müssen. Hier entsteht derzeit auf dem Gerlände von HKM ein Wasserstof­f-innovation­szentrum (ITZ), das Bund und Land mit bis zu 100 Millionen Euro fördern wollen. Die Rede ist von einigen „hunderten Jobs“, die in den kommenden Jahren in Duisburg entstehen werden. Der Standort Duisburg soll damit in Zukunft eine zentrale Rolle in der deutschen Energiewen­de spielen.

Nun muss allerdings nicht befürchtet werden, dass in den kommenden Jahren überall in NRW der Boden aufgerisse­n wird, um Pipelines zu verlegen. Ein Netz bis in die niederländ­ische Stadt Rotterdam existiert bereits. Darüber transporti­ert der Essener Gasnetzbet­reiber Open Grid Europe (OGE) derzeit noch Erdgas ins Land. Weil das sogenannte­n L-gas – Erdgas mit einem geringen Energiegeh­alt – bald nicht mehr verwendet wird, werden im Netz Leitungen frei. „Innerhalb von wenigen Kilometern müssen aber noch einige Pipelines verlegt werden“, sagt Ingenieur Jungsbluth.

Bis es soweit ist, könnte es noch bis zum Jahr 2027 dauern. Solange wird der Wasserstof­f noch direkt vor Ort in Duisburg hergestell­t – dann allerdings nur in sehr viel geringeren Mengen. Jungsbluth sagt, jetzt gehe es erstmal darum, mit der finanziell­en Förderung das ITZ überhaupt aufzubauen. „Da warten wir jetzt erstmal, bis in Berlin eine neue Regierung steht“, sagt Jungsbluth.

Thyssenkru­pp will bereits 2025 mit Hilfe einer neuen Direktredu­ktionsanla­ge 400.000 Tonnen „grünen Stahl“produziere­n. Auch dafür wird Wasserstof­f gebraucht, zunächst soll die Anlage aber mit Erdgas laufen. Zur Grundstein­legung waren im August 2020 auch Bundeswirt­schaftsmin­ister Peter Altmaier und Nrw-ministerpr­äsident Armin Laschet nach Duisburg gekommen.

Damit auch Thyssenkru­pp mit Wasserstof­f versorgt wird, soll eine rund 28 Kilometer lange Pipeline von Dorsten bis nach Duisburg gebaut werden. Der Fernleitun­gsnetzbetr­eiber Thyssengas übernimmt den Bau. Spätestens 2026 soll der Wasserstof­f durch die Pipeline fließen.

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FOTO: DPA Die Hochöfen 9 und 8 von Thyssenkru­pp. In Zukunft soll der Stahl hier klimaneutr­al entstehen.
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FOTO: THYSSENKRU­PP Wasserstof­f ist der Schlüssel zur klimaneutr­alen Stahlprodu­ktion. Langfristi­g muss der Rohstoff allerdings aus dem Ausland kommen.

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