Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Besser light als gar nicht
Die Nottekirmes findet nicht statt, doch mit dem „Voerder Herbst“gibt es in diesem Jahr trotz Corona eine Kirmes auf dem Rathausplatz. Das freut an diesem Wochenende Besucher und Schausteller – auch wenn das Angebot knapper ist.
VOERDE (P.K.) Eine Stunde hat der Rummel auf dem Rathausplatz geöffnet und die Fahrgeschäfte sind bereits gut besucht. Zwar ist die Nottekirmes abgesagt, dennoch drehen sich in der Stadtmitte bis einschließlich Sonntag ein Kinderkarussell und Musikexpress, steigen Flugzeuge in die Höhe und flitzen kleine Fahrzeuge beim Autoscooter über die Fläche. Wer möchte, kann eine ruhige Hand beim Entenangeln oder Treffsicherheit beim Ballonwerfen beweisen. Die Spellener Schausteller-geschwister Günter und Birgit Eul veranstalten unter dem Namen „Voerder Herbst“die drei- statt zuletzt viertägige Kirmes ohne Rahmenprogramm.
Die Freude darüber, dass der Rummel laufen kann, ist groß. Er sei froh, dass die Schausteller „nach anderthalb Jahren Zwangspause“wieder „Luft holen“und die „Leute wieder lachen können“, erklärt Günter Eul. Der Spellener ist sehr erleichtert, dass er und seine Kollegen wieder da sein dürfen. Das sehen auch die Kirmesbesucher so. „Ich freue mich, dass die Schausteller wieder ihrer Arbeit nachgehen können“, sagt Danica Breternitz. Schon beim Aufbau der Buden und Fahrgeschäfte hat Günter Eul ähnliche Aussagen gehört: „Viele Leute haben mitgelitten mit uns“, berichtet er.
Bürgermeister Dirk Haarmann findet es erfreulich, dass trotz der Absage der Nottekirmes im traditionellen Format zumindest eine „Nottekirmes light“stattfinden kann: „Mehr als anderthalb Jahre war das öffentliche Leben durch Corona extrem eingeschränkt. Wir alle vermissen die vielen Feste und Begegnungen, die dadurch auf der Strecke blieben.“Nicht nur für die vielen Kirmesfans, sondern auch für die ausrichtende Familie Eul freue es ihn, „dass sie trotz der ja weiterhin bestehenden Coronaeinschränkungen die Möglichkeit nutzen, wieder ein Stück Normalität herzustellen. Die Schaustellerbranche ist bekanntlich
mit am stärksten von den Coronaeinschränkungen betroffen“. Sein Wunsch für das kommende Jahr ist es, „dass wir zur ,alten Nottekirmes' zurückkehren können, denn die Beteiligung von Vereinen, Feuerwehr und Bürgerschaft sowie der Erntedankgedanke sind ,das Salz in der Suppe'“.
Eveline Alexius, deren Familie aus Ennepetal einen Autoscooter auf dem Rathausplatz aufgebaut hat, ist überrascht darüber, wie „froh und dankbar das Publikum“ist. „Viele Kinder sehen die Kirmes das erste Mal“, erzählt sie – und schon stehen die nächsten an, um sich Fahrchips für den Autoscooter zu kaufen. Darunter ist auch der Enkel von Angelika Beilmann. Der Neunjährige hat Gefallen an dem Fahrgeschäft gefunden, wie seine Oma verrät.
Für sie und für Brigitte Printz, mit der sie eben noch vor dem Musikexpress stand, ist die Kirmes ein Stück zurückgewonnene Normalität. So sieht das auch Jennifer Rensing, die mit ihren vier Kindern – neun, acht und sechs Jahre alt – den „Voerder Herbst“besucht. Für die Kinder sei die Kirmes, die sie selbst von früher kenne, ein Highlight. „Sie blühen auf“, sagt sie.
Die Pandemie habe die Schausteller vom ersten Tag an getroffen, sagt Roswitha Breuer, die mit ihrem „Kinderflieger“die kleinen Kirmesbesucher zu Piloten macht. „Wir wollen, dass die Kinder wieder lachen können“, sagt sie. Auch Breuer ist dankbar, dass die Stadt den Rummel ermöglicht hat: „Wir sind wieder draußen, wir sind wieder da. Für uns alle ist das Balsam für die Seele.“Die Schaustellerin hat den Eindruck, dass die Corona-krise die Menschen an manchen Stellen hat wieder enger zusammenrücken lassen. Empathie und Zusammenhalt seien das Wichtigste.
Mit Ungewissheit schaut sie auf die nächsten Monate: „Wir wissen nicht, wie es im Herbst und Winter weitergeht.“Roswitha Breuer hofft sehr, dass die Weihnachtsmärkte coronabedingt nicht abgesagt werden, denn diese bieten den Schaustellern in der kalten Jahreszeit, in der es ansonsten keine Veranstaltungen draußen gibt, eine „Überbrückungshilfe“. Roswitha Breuer gibt sich optimistisch. Für sie ist das Glas halbvoll, nicht halbleer.