Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Aus Neidgefühleng kann man viel lernen
Keiner spricht gern darüber, aber jeder kennt es: Neid. Das ist nicht unbedingt schlimm, meint der Fachmann Fritz Strack. Es kommt darauf an, wie man damit umgeht.
Die Freundin hat ein cooleres Fahrrad, der große Bruder darf länger aufbleiben und die kleine Schwester immer noch zu Mama ins Bett. Der Groll, den man in solchen Situationen verspürt, heißt Neid. Ein Gespräch mit Psychologe Fritz Strack.
Wie entsteht das Gefühl von Neid?
STRACK Der Auslöser von Neid ist ein Vergleich mit einer Person, die etwas hat, was mir fehlt. Das ist nicht immer ein Ding, manchmal hat der andere auch etwas Besonderes erreicht. Oder ich meine, dass er mehr geliebt wird, schöner aussieht oder etwas besser kann als ich. Immer aber steht ein Unterschied im Mittelpunkt. Und das macht, dass ich mich schlechter fühle als die andere Person.
Zugeben will das aber keiner.
STRACK Richtig. Meistens streitet man ab, neidisch zu sein. Denn das würde ja bedeuten, dass man sich selbst in einer schlechteren Position sieht als den anderen. Das ist beschämend.
Über Neid zu reden ist also schwer.gibt es denn einen anderen Weg, mit Neid umzugehen?
STRACK Ja. Anstatt über den Unterschied nachzugrübeln, sollte man sich fragen: Was habe ich mit der anderen Person gemeinsam? Ein Beispiel: Vielleicht bin ich nicht so ein guter Stürmer wie mein Freund, aber auch ich gehöre zu dem Fußballteam, das am Ende den Pokal gewonnen hat. Ich kann mich also freuen.
An die Stelle des Neids tritt ein gutes Wir-gefühl.
Ist Neid also auch zu etwas gut?
STRACK Man kann aus Neid lernen. Er zeigt, was mir wichtig ist und was mir fehlt. Und was ich besser machen kann und wer ein Vorbild sein kann. Manchmal ist Neid ein Zeichen dafür, dass etwas schief läuft. Wenn etwa nur andere vom Lehrer beachtet werden, ist das ungerecht. Nicht ich bin schlecht, sondern die Situation. Und die kann geändert werden.