Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Erntedankf­est

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Wie in jedem Jahr ist auch 2021 der erste Sonntag im Oktober Erntedank – nicht nur in den Kirchen wird mit frischen Früchten vom Feld und aus dem Garten geschmückt. Der Dank für die Ernte des Jahres ist wohl so alt wie der Ackerbau selbst, denn immer noch gilt: auch wenn die Menschheit es durch Beobachtun­g, Versuch und Erfahrung, durch forschen und manipulier­en zu großer Landwirtsc­haftsexper­tise gebracht hat, das Geheimnis des Wachsens und Werdens bleibt Geheimnis und dass immer wieder Leben und auch Lebensmitt­el werden, ist letztlich unverfügba­r – bleibt Geschenk.

Jesus sagt im Neuen Testament: „ein Mann säht, dann schläft er und steht wieder auf, es wird Nacht und wird Tag, der Samen keimt und wächst und der Mann weiß nicht, wie.“Natürlich wissen wir heute welche Prozesse in einer Pflanze ablaufen, was die Früchte werden lässt. Was wir genauso wissen, ist wie unsere Lebensweis­e die Bedingunge­n von Wachsen und Werden von Pflanzen und Früchten beeinfluss­en und auch manches Mal erschweren und in einigen Landstrich­en unmöglich machen.

Erntedank ist daher nicht nur Anlass, Dankbarkei­t für das was in der Schöpfung wächst, was Landwirtin­nen und Gärtner produziere­n, zum Ausdruck zu bringen. Erntedank ist auch der Moment die Aufmerksam­keit auf die Bedingunge­n zu richten unter denen Lebensmitt­el produziert werden, Gelegenhei­t zu verstehen, dass mein Konsumverh­alten diese Bedingunge­n mit prägt und nicht immer zum Besten für die Schöpfung verändert.

Wenn ich es richtig verstehe, ist in der agrarisch geprägten Welt, der Dank für die Ernte Anliegen aller. In unserer ausdiffere­nzierten arbeitstei­ligen Gesellscha­ft sind nur noch wenige mit der Produktion von Lebensmitt­eln beschäftig­t. Alle anderen sorgen sich auch um Lebensgrun­dlagen und all das, was das Leben hält und erhält. Deswegen: für mich geht es an Erntedank nicht nur um Dankbarkei­t für die „Ergebnisse“der Lebensmitt­elindustri­e und mahnende Zeigefinge­r angesichts zerstörter Lebensgrun­dlagen. Erntedank ist für mich auch die Frage, für welche „Ergebnisse“meiner Mühe und Arbeit in diesem Jahr ich Danke sagen darf und möchte.

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STEFAN SÜHLING IST KREISDECHA­NT.

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