Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Liebeserklärungen an ein Theater
Die Burghofbühne feierte ihren 70. Geburtstag mit vielen Gästen. Sie zeichnet sich durch ihr breit aufgestelltes Programm nicht nur für den Abendspielplan, sondern auch fürs Kinder- und Jugendtheater aus.
DINSLAKEN( bes) „Ich bin offiziell gar nicht das Grußwort“, stellte Mirko Schombert noch fest, dann brachte ihn seine kleine Tochter, die plötzlich durch den strömenden Regen hindurch zur Bühne stürmte, komplett aus dem Konzept. Aber es war gerade dieser etwas unkonventionelle Einstieg in die offizielle Jubiläumsfeierlichkeiten am Sonntagnachmittag auf dem Tenterhof, der anschaulich machte, was die Burghofbühne als kleinstes Landestheater in Nordrhein-westfalen auszeichnet.
Die Kreativität hier entsteht in einer geradezu familiären Atmosphäre. Und diesen Vorzug hervorzuheben zog sich bei allem Lob des Bildungsanspruchs, den das Theater seit seiner Gründung durch Kathrin Türks vor 70 Jahren erhebt, sowie der Würdigung der künstlerischen Qualität aktueller Inszenierungen wie ein roter Faden durch das Grau des völlig verregneten Jubeltages.
Dabei gab es viel Grund zur Freude (oder: „Es war viel Schönes dabei“, um es mit den Worten von Lara Christine Pelzer in ihrer Showeinlage zu sagen). Wenn unter den Pavillonzelten, auf die der Regen klatschte, eng bei eng Zuflucht gesucht wurde, bedeutete dies doch nichts anderes, als dass es nach Corona wieder möglich war. Und wer war nicht alles gekommen!
Thorsten Weckherlin, Intendant der Burghofbühne vor Mirko Schombert, konnte viele Mitglieder seines alten Ensembles wiedersehen – und schwärmte von den Mittagspausen einst in der winzigen Küche des Theaters. Wer nicht nach Dinslaken kommen konnte, sandte wenigstens Grüße. So wie Ingrid van Bergen, die Leif Scheele in ihrer eigentlich unnachahmlichen Art gut auf die Bühne brachte. Er erinnerte daran, wie sie ihre Popularität bei Veranstaltern dafür nutzte, dem gesamten Ensemble Sekt zu besorgen.
Um Sekt (und Theatertickets) ging es auch im Quiz. Und auch dies zeigte, was für die Burghofbühne typisch ist. Die erfolgreichsten, sprich meistgebuchten Inszenierungen der vergangenen Jahre sind „Die Feuerzangenbowle“auf Platz eins, aber auch das preisgekrönte „Extrem laut und unglaublich nah“. Es ist der ewige Spagat zwischen dem Populären und dem Anspruchsvollen, der Applaus, wenn diese akrobatische
Leistung gelingt und die ewige Sorge, dass bei all dem das schützende Zelt über einem zusammenbricht. Die Burghofbühne ist von Subventionen abhängig und Christoph Müllmann sparte als Vorstandsvorsitzender die Krisen der Vergangenheit auch am Sonntag nicht aus.
Den Bildungsanspruch von Theater im Allgemeinen und des Kinder- und Jugendtheaters von Jekits bis zum Dinslakener Kathrin-türksPreis für Autorinnen hoben alle hervor, von der per Video eingespielten Ministerin für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-westfalen, Isabel Pfeiffer-poensgen, über den Kreis Weseler Landrat Ingo Brohl bis zu Dinslakens Bürgermeisterin Michaela Eislöffel.
Die wird aber auch genau hingehört haben, was die Schauspielerinnen und Schauspieler selbst über ihre Engagements in Dinslaken zu erzählen hatten: Den ersten Eindruck prägte – der Bahnhof. Dass ein Markus Penne immer wiederkam, dass Lara Christine und Philipp Pelzer dauerhaft blieben, das ist der Liebe auf dem zweiten Blick geschuldet, der Menschlichkeit, die sich vom Tenterhof ausbreitet.
Daniel Jiminez sang sein Geburtstagsständchen auf Spanisch, die Pelzers ergänzten das musikalische Programm mit Ohrwürmern vergangener Inszenierungen. Harmonische Klänge boten auch alle, die nur Worte fanden: Die „Burghofbühnenmomente“von Ehemaligen waren ehrliche Liebeserklärungen an ein Theater, das immer etwas anders war, seit Kathrin Türks 1951 völlig überraschend im Bergwerk Lohberg aufkreuzte und dem verdutzten Bergwerksdirektor erklärte, dass man gekommen sei, um zu bleiben.