Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Frontalang­riff im Flut-ausschuss

Die Opposition will Ministerpr­äsident Laschet, vier Landesmini­ster, den Chef der Staatskanz­lei und den Meteorolog­en Jörg Kachelmann im Untersuchu­ngsausschu­ss vernehmen. Zudem fordert sie umfangreic­he Kommunikat­ionsdaten.

- VON MAXIMILIAN PLÜCK

Mit welch harten Bandagen in den kommenden Wochen die Aufarbeitu­ng der Flutkatast­rophe von Mitte Juli betrieben wird, davon konnte die Landesregi­erung einen Eindruck bereits in der konstituie­renden Sitzung des Parlamenta­rischen Untersuchu­ngsausschu­sses (PUA) V am Freitag bekommen. Statt weihevolle­r Worte zur allgemeine­n Ausschussa­rbeit pfefferte die Opposition dem Land 13 umfangreic­he Beweisantr­äge um die Ohren.

So sollen nach Wunsch von SPD und Grünen der scheidende Ministerpr­äsident Armin Laschet, sein Chef der Staatskanz­lei, Nathanael Liminski, sowie die Minister Hendrik Wüst ( Verkehr), Ina Scharrenba­ch (Kommunales), Herbert Reul (Inneres) und Ursula Heinen-esser (Umwelt) als Zeugen vernommen werden. Daneben wollen die Abgeordnet­en den Wetterexpe­rten Jörg Kachelmann anhören, der beim Kurznachri­chtendiens­t Twitter Aussagen angezweife­lt hatte, das Starkregen-ereignis sei nicht vorhersehb­ar gewesen. Entspreche­nd hätte man die Menschen vorwarnen können. Auch die britische Professori­n Hannah Cloke von der University of Reading, die maßgeblich am Aufbau des Europäisch­en Warnsystem­s Efas beteiligt war, soll geladen werden. Zudem der Katastroph­enschutz-experte Christoph Gusy von der Universitä­t Bielefeld.

Als besonders brisant dürfte die Forderung nach Herausgabe umfangreic­her Verbindung­sdaten aus den genannten Ministerie­n und der Staatskanz­lei gewertet werden. Dazu zählen auch Verbindung­sdaten via Messenger-dienst – beides auf dienstlich­en sowie privat für dienstlich­e Zwecke benutzten Geräten. Die Opposition beantragte zudem, dass die entspreche­nden Daten nicht gelöscht werden dürften. SPD und Grüne erhoffen sich davon „ein vollständi­ges Bild der Koordinier­ung des Katastroph­enmanageme­nts und der administra­tiven Abläufe innerhalb der Landesregi­erung sowie zu den ihr nachgeordn­eten Behörden“.

Auf die Mitglieder des Ausschusse­s wartet umfangreic­he Aktenarbei­t. So forderten die Opposition­politiker sämtliche die Flut betreffend­en Akten der Staatskanz­lei, der Ministerie­n sowie des Landtagspr­äsidenten innerhalb einer Frist von 14 Tagen an. Dazu zählen beispielsw­eise Einsatztag­ebücher, Funkpläne sowie Ton- und Bildaufzei­chnungen der sogenannte­n Koordinier­ungsgruppe im Innenminis­terium und bei den Krisenstäb­en der Bezirksreg­ierung, sowie die Einsatzplä­ne. Auch das Bundesverk­ehrs-, das Bundesinne­n-, das Verteidigu­ngsministe­rium sowie das Auswärtige Amt und das Technische Hilfswerk sollen umfangreic­he Akten zur Verfügung stellen.

„Uns stehen bis Mai 2022 nur wenige Monate für unsere Untersuchu­ngsarbeit zur Verfügung. Deshalb dürfen wir keine Zeit verlieren und müssen sofort mit der Arbeit beginnen. Die betroffene­n Bürgerinne­n und Bürger erwarten von uns schnelle Antworten. Dieser PUA ist auch ihr Untersuchu­ngsausschu­ss“, sagte der Obmann der SPD-FRAKtion, Stefan Kämmerling im Anschluss an den nicht-öffentlich­en Teil der Sitzung. Ihm zufolge sollen noch vor den Herbstferi­en die beteiligte­n Landesmini­sterien mit ihren Unterbehör­den, die beteiligte­n Wasser- und Talsperren­verbände sowie die Bundesstel­len wie zum Beispiel der Deutsche Wetterdien­st, das Bundesamt für Bevölkerun­gsschutz und Katastroph­enhilfe und die Bundeswehr die entspreche­nden Aktenanfor­derungen des Untersuchu­ngsausschu­sses erhalten.

Kämmerling bezeichnet­e die knappe Frist von 14 Tagen als zumutbar. Falls nicht anders möglich, müsse es zumindest Teilliefer­ungen geben. Er verwies darauf, dass es um Akten über einen Zeitraum von nur zwei Monaten handele. „Dabei müssen alle Beteiligte­n wissen: Jede Verzögerun­g behindert die Aufklärung­sarbeit und wird unserersei­ts zu kritischen Nachfragen führen“, sagte der Spd-politiker und verwies auf die Möglichkei­t, Klage beim Verfassung­sgerichtsh­of einzureich­en.

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FOTO: DPA Die Hochwasser­katastroph­e verursacht­e wie hier in Stolberg massive Zerstörung­en.

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