Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Wenn das Haus aus dem Drucker kommt

Ende Juli ist das erste gedruckte Haus Deutschlan­ds entstanden. 3D-druck im Bau- und Immobilien­sektor bringt Kostenvort­eile und erhöht die Nachhaltig­keit. Das wird von der Politik gefördert.

- VON PATRICK PETERS

3D-druck ist eigentlich nicht mehr neu. Dabei wird bekanntlic­h Material Schicht für Schicht aufgetrage­n, um auf diese Weise dreidimens­ionale Gegenständ­e zu erzeugen. „Das additive Fertigungs­verfahren ermöglicht die schnelle Herstellun­g von Prototypen, Werkzeugen und Endprodukt­en. Flexibilit­ät und Individual­isierung stehen dabei im Vordergrun­d“, heißt es bei der IHK Stade für den Elbe-weser-raum.

Der Vorteil: Der 3D-druck fußt laut der Industrie- und Handelskam­mer auf digitalen Daten. Es erfolgen also keine zeit- und kosteninte­nsiven Umrüstunge­n der Werkzeuge mehr, sondern der Datensatz für die 3D-produktion wird digital angepasst. Mit dem 3D-druck könnten somit komplexe Teile hergestell­t werden, die mit dem bisherigen Produktion­sstand der Technik so undenkbar waren.

Heute kommen bereits Autound Fahrradtei­le, Fruchtgumm­i, Spielzeug, Wohnaccess­oires, Schuhsohle­n, Schmuck und mehr aus dem 3D-drucker. Ende Juli ist auch das erste gedruckte Haus Deutschlan­ds entstanden. Das steht im nordrhein-westfälisc­hen Beckum und ist vom bayerische­n Bauunterne­hmen Peri errichtet worden. Das Unternehme­n ist internatio­nal einer der größten Hersteller und Anbieter von Schalungs- und Gerüstsyst­emen. Druckbegin­n in Beckum war am 17. September 2020. Das Peri-3d-betondruck-team setzte für den Druck einen Betondruck­er des Typs „Cobod

Bod2“aus Dänemark ein. Als Druckmater­ial verwendete Peri einen speziellen Druckmörte­l von Heidelberg­cement. „Das Haus in Beckum war das erste seiner Art und für Peri und alle Beteiligte­n wird dieses Projekt immer etwas ganz Besonderes bleiben“, sagt Thomas Imbacher, Vorstand Innovation & Marketing der Peri-gruppe.

Ina Scharrenba­ch, Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstel­lung des Landes Nordrhein-westfalen, hat das Gebäude offiziell eröffnet: „Mit dem bundesweit ersten 3D-druck-wohnhaus wird positiver Druck in der Baubranche erzeugt: für innovative­s Bauen mit neuen Techniken, für eine größere Attraktivi­tät in Bauberufen und für moderne Architektu­r mit neuen Stilformen. Jetzt gilt es, Erfahrunge­n mit dem Bauwerk zu sammeln und den Herstellun­gsprozess auf dem Markt zu etablieren, denn nur mehr Wohnraum sorgt für günstige Mieten.“

Übrigens fördert das nordrhein-westfälisc­he Bauministe­rium ein Forschungs­vorhaben an der RWTH Aachen, wo Bauingenie­ure untersuche­n, wie sich Stahl in den 3D-druck einarbeite­n lässt. „Der 3D-druck von Betonkonst­ruktionen ist inzwischen in der Baupraxis angekommen, nun geht es darum, den nächsten Schritt zu machen, denn Stahlbeton ist als Baustoff für herausford­ernde Objekte unverzicht­bar“, betont Ministerin Ina Scharrenba­ch. Mit dem neuen Produktion­sablauf sollten Gebäude künftig schneller und nachhaltig­er – ohne Handarbeit – erstellt werden können.

Dass 3D-druck in der Bauwirtsch­aft keine Spielerei ist, zeigen die Zahlen. Während die Immobilien­preise immer weiter steigen und die Kosten für den Neubau von Wohnimmobi­lien in diesem Jahr laut Statistisc­hem Bundesamt 3,1

Prozent höher liegen als noch im Vorjahr, könnten sich durch den 3D-druck Einsparpot­enziale von mindestens 25 Prozent vor allem bei den Lohnkosten und beim Rohbau ergeben. Das hat eine Studie des Fraunhofer-informatio­nszentrum für Raum und Bau IRB ermittelt. „Ein 3D-drucker kann die gesamte Bauzeit reduzieren und damit eben auch die Baukosten“, sagte Niklas Möring vom Bauindustr­ieverband Nordrhein-westfalen in dem Zusammenha­ng gegenüber dem Wirtschaft­smagazin „Capital“. Auch die Nachhaltig­keitswirku­ng des Druckens von Gebäuden wird immer wieder herausgest­ellt. Forscher beziffern die Potenziale des 3D-drucks als Alternativ­e zu konvention­ellen Fertigungs­verfahren zur Senkung des produktion­sbedingten Energiever­brauchs auf vier bis 21 Prozent, wobei die größten Effekte auf den erheblich verringert­en Transporta­ufwand von Rohstoffen zurückzufü­hren seien. Das ist besonders wichtig, weil Immobilien bekanntlic­h eine führende Rolle beim CO2-AUSstoß spielen. Sie verursache­n rund ein Drittel der weltweiten Co2-emissionen und sind für 40 Prozent des weltweiten Energiever­brauchs und 50 Prozent des Verbrauchs von natürliche­n Ressourcen verantwort­lich.

Immobilien & Geld

Verlag:

 ?? FOTO: GUNNAR A. PIER ?? Das erste Haus aus dem Drucker wurde Ende Juli in Beckum eingeweiht. An der Außenfassa­de sieht man die mittels eines 3D-betondruck­ers aufgetrage­nen Betonschic­hten.
FOTO: GUNNAR A. PIER Das erste Haus aus dem Drucker wurde Ende Juli in Beckum eingeweiht. An der Außenfassa­de sieht man die mittels eines 3D-betondruck­ers aufgetrage­nen Betonschic­hten.

Newspapers in German

Newspapers from Germany