Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Was Holland beim ÖPNV besser macht
Die Bahnen sind dort pünktlicher, die Digitalisierung ist weiter. Aber es ist nicht alles Gold, was glänzt.
Der deutsche ÖPNV hat eine dreimonatige Belastungsprobe hinter sich. Dank des Neun-euro-tickets waren die Busse und Bahnen bei uns so voll wie noch nie zuvor. Und es offenbarten sich nicht zum ersten Mal strukturelle Probleme: Verspätungen, Ausfälle und schwache Kommunikation sind eher die Regel als die Ausnahme, auch im Kreis Kleve. Doch wie schaut es bei unseren Nachbarn aus? So viel vorneweg: In den Niederlanden läuft vieles, aber nicht alles besser. Ein Überblick.
Der ÖPNV in Holland ist deutlich pünktlicher. 93,3 Prozent (Stand: 28. August) aller Züge fuhren in diesem Jahr mit weniger als fünf Minuten Verspätung ab. Die Pünktlichkeit im deutschen Nahverkehr fiel im Sommer unterdessen deutlich unter 90 Prozent. Dramatischer schaut es bei uns im Fernverkehr aus, die Pünktlichkeitsquote der Bahn lag im Juli bei unter 60 Prozent. Einen vergleichbaren Wert gibt es in den Niederlanden nicht, weil es am Fernverkehr fehlt. Von Maastricht im äußersten Süden bis Groningen im Norden sind es nur vier Stunden.
Die Niederländer haben bei der Digitalisierung einen großen Vorsprung. In allen Zügen gibt es kostenfreies Internet, bei uns ist das die Ausnahme. Im RE10 zwischen Kleve und Düsseldorf wird kein W-lan angeboten. Über die App der NS (Nederlandse Spoorwegen) wird zudem deutlich transparenter über Verspätungen und Ausfälle informiert. Auch die Züge sind moderner. In der niederländischen Grenzregion sind zuvorderst Sprinter-modelle aus dem Jahr 2017 unterwegs. Und auch die Bahnhöfe sind ansehnlicher. In Arnheim gibt es einen futuristischen Bau, in Nimwegen wird ein neues Gebäude geplant. Im Kreis Kleve sind insbesondere die rechtsrheinischen Bahnhöfe aus der Zeit gefallen.
Günstiger als bei uns ist der ÖPNV in Holland nicht. Wer von Arnheim nach Nimwegen fährt, muss 4,70 Euro zahlen. Und das für eine 15-minütige Strecke. Wer von Kleve nach Goch will, muss 6,10 Euro aufbringen. Günstiger ist es in Holland außerhalb der Hauptverkehrszeiten zwischen 9 und 16 Uhr sowie zwischen 18.30 und 6.30 Uhr. Mit diesem Rabatt wollen die Niederländer den Pendlerstrom besser steuern. Einen solchen gibt es bei uns nicht. Das
Tagesticket für die Fahrradmitnahme kostet jenseits der Grenze 7,50 Euro, bei uns sind es 4,80 Euro. Zur Wahrheit gehört aber auch: In niederländischen Zügen gibt es deutlich mehr Platz für Räder.
Wilco Veldhorst, beim niederländischen Gewerkschaftsbund FNV unter anderem für die internationale Region