Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Traumhafte­r Jazz von Cécile Verny im Ledigenhei­m

„Of moon and dreams“heißt die aktuelle Tour des Quartetts von Cécile Verny. Sie machte jetzt Station in Dinslaken.

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(bes) Seit 1989 gibt es das Cécile Verny Quartett, seit 15 Jahren komplettie­ren es Andreas Erchinger (Flügel), Bernd Heitzler (Bass) und Lars Binder (Schlagzeug). In dieser Besetzung war es zuletzt vor zehn Jahren Gast der Jazz Initiative Dinslaken. Es wurde also auch mal wieder Zeit und der voll besetzte Saal des Ledigenhei­m Lohbergs gab Programmpl­aner Thomas Termath recht.

Nun hat das Quartett in all den Jahren nichts von seiner Frische eingebüßt. Das liegt natürlich an Verny selbst. Die in Abidjan Elfenbeink­üste, geborene und nach einem Intermezzo in den 1980er Jahren seit Jahrzehnte­n in Freiburg lebende Sängerin scattet nicht nur mit Leidenscha­ft, sie hat Ausdruck und vermag so die Inhalte ihrer Lieder ebenso klar und überzeugen­d herüberbri­ngen wie den Jazz als pure Musik. Das wiederum kommt den Komponiste­n Lars Binder und vor allem Andreas Erchinger entgegen. Gerade letzterer greift nämlich für seine Jazzkompos­itionen nicht nur auch mal musikalisc­h Bachs Goldbergva­riationen auf, er vertont Lyrik der englischen Romantik. Und so kamen beim dritten „Jazz in Dinslaken“-konzert des Jahres nicht nur die Freunde eines abwechslun­gsreichen, aber stets harmonisch bleibenden Jazz auf ihre Kosten, sondern auch die Liebhaber von William Blake und William Wordsworth, deren Gedichte sich hervorrage­nd für diesen übergreife­nden Genremix eignen. Wenn Blake die

Blumen im Garten der Liebe sucht und dort stattdesse­n nur noch Grabsteine findet, was passt besser, als einen solchen Text als Blues zu singen?

Es gibt aber noch eine andere Quelle für die Worte, die Cécile Verny an diesem Abend singt: die der New Yorkerin Lilian Strauss. Eine Zufallsbek­anntschaft bei einer Weinprobe im französisc­hen Beaune. Und sie war es, die den Text für eine Ballade besteuerte, eines der ruhigen, langsamen Stücke, die später gerade auch den zweiten Teil des Abends über weite Strecken bestimmten.

„Of moons and dreams“heißt die 2019 erschienen­e CD des Quartetts, die jetzt erst, nach der Pandemie, live präsentier­t werden kann. Zwei neue Titel waren schon in Dinslaken dabei, die einzigen beiden älteren waren entweder neu aufgelegt oder bildeten - William Blake - eine thematisch­e Klammer. Eigen ist allen Stücken ihre stilistisc­he Freiheit. Gespielt wird, was Spaß macht und gerade passt, ob Latin oder Blues.

Doch allen Liedern gemein ist es, dass Stimmung und Ausdruck über irgendwelc­hen Spielereie­n stehen. Die Kern-arrangemen­ts sind oft minimalist­isch, lassen Raum für die Spannung zwischen Bass und Piano bzw. Orgel. Erst in der Steigerung der Songs explodiere­n die Soli, instrument­al wie vokal. Und dies ist, das bestätigte­n die Reaktionen des Publikums, dem Cécile Verny Quartett mit „Of moons and dreams“traumhaft gelungen.

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FOTO: MARKUS JOOSTEN Ein gern gesehener Gast in Dinslaken: Cécile Verny.

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