Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Goosen und Malmsheimer mit Sprachwitz und Sticheleien
(EK) Alle Plätze ausverkauft – das erlebte das Weseler Bühnenhaus in den vergangenen Jahren nicht mehr so oft. „Tresenlesen – Endlich in Hengenbengen“hat es am Donnerstagabend geschafft. Das Bochumer Kabarett-duo Jochen Malmsheimer und Frank Goosen hat sich wieder zusammengetan und das Ergebnis waren zwei unbeschwert-amüsante Stunden voller Sprachwitz, Blödeleien und Sticheleien gegen den gesellschaftlichen Mief.
An spontanem Lokalkolorit fehlt es nicht: Immer wieder streuen die beiden Spitzen gegen die niedrigen Temperaturen im Bühnenhaus ein, über die zuletzt auch das Publikum gelegentlich geklagt hatte. Auf der Bühne seien gerade mal acht Grad – bei jedem vier. Goosen fragt, ob das Haus nicht subventioniert sei, und Malmsheimer steuert noch was über das Wasser bei, das ihm in einer gewissen Ritze gefriert. Manche mögen‘s mögen. Malmsheimer kommt diesmal aber verständlich rüber. Offensichtlich bewahrt ihn Kumpel Goosen vor zu viel Selbstverliebtheit und das Publikum vor Langeweile. Fehlt noch, dass er nicht mehr so schrecklich schreit. Dann wär‘s perfekt.
Die beiden lesen ihre Sketche abwechselnd aus großen schwarzen Büchern, wobei der jeweils andere den Sparringspartner abgibt, der durch witzige Anmerkungen oder mit Gestik kommentiert. Politisch wird es nur selten. Mal ein Seitenhieb gegen Putin, „den senilen Slaven
mit dem Kortison-gesicht“, mal einer gegen den Stillstand unter Angela Merkel, mal gegen die Bahn, das einzige deutsche Unternehmen, das mit seiner einzigen Aufgabe überfordert sei.
Zum Schreien komisch wird es, wenn er das spießige deutsche Einheitswohnzimmer vergangener Jahrzehnte aufs Korn nimmt, mit den Gardinen mit der Goldkante und den drei Büchern der „Präsenzbibliothek“, hinter denen sich zwei alte Videokassetten sowie eine Flasche Cognac verbergen. Und auch der Kristallaschenbecher fehlt nicht, der nicht schmutzig werden darf. Herrlich auch Goosens Erzählungen von seiner Ruhrgebiets-oma, die es verstand, Geschichte in einen Satz zu bringen. Auf die Frage, wie es denn nach dem Krieg so war, antworte sie „Wir hatten nix.“Und wenn er erzählt, wie Oma den Verkäufer im Kaufhaus wegen einer Bluse zur Weißglut bringt, bleibt kein Auge trocken. Vor lauter Verzweiflung erzählt der arme Kerl der Oma, Acryl wachse auf Bäumen.
Das zweite Highlight kommt zum Schluss: die Ard-hörfunk-konferenzschalte in den letzten Minuten der Fußball-bundesligaübertragung. Wenn auch die karikierte Reporterschar – Kurt Brumme, Dietmar Schott und Sabine Töpperwien – vor allem den Älteren bekannt sein dürfte. Dennoch: Goosen und Malmsheimer, beide Fußballfans, bringen herrlich rüber, wie da berichtet wird – als hinge das Leben davon ab.