Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Der Wallacher Deich wird erhöht
Zwischen Ossenberg und Büderich werden viereinhalb Kilometer Deich neu gebaut oder saniert. Bis 2026 soll das Mammutprojekt abgeschlossen sein. Die Kosten liegen bei mehr als 40 Millionen Euro.
Jetzt haben die Arbeiten am Rheindeich zwischen Ossenberg in Höhe Dammstraße über Wallach bis hin zu den Elvericher Höfen bei Büderich richtig begonnen. Alles, was im vergangenen Jahr und bisher gemacht worden ist, sei Vorgeplänkel gewesen, sagen die Verantwortlichen vom Deichverband Duisburg-xanten. Wichtig zwar, wie jeder einzelne Schritt bei einem solchen Schutzbau, aber eben vorbereitend.
Schon 2017 hatte die Planung begonnen. Der Deich, so viel war klar, muss verstärkt und erhöht werden. Über viereinhalb Kilometer erstreckt sich der Abschnitt. Auf drei davon müsse der Deich komplett erneuert werden, auf eineinhalb wird er angeschüttet und verstärkt, sagt Rainer Gellings, zweiter stellvertretender Deichgräf. Mehr als 40 Millionen Euro kostet das Bauvorhaben, 80 Prozent davon übernimmt das Land, 20 Prozent müssen die Mitglieder des Deichverbands aufbringen.
„Und einen bergbaubedingten Anteil steuert die Cavity bei“, sagt Deichgräf Viktor Paeßens. Cavity reguliert die Bergschäden, die bis 2001 in der Verantwortung von Solvay durch den untertägigen Salzabbau hervorgerufen wurden. Im Schnitt ist der Deich jetzt fünf Meter hoch und im Schnitt kommen noch mal 1,50 Meter oben drauf. Der Bergbau hat seine Spuren hinterlassen. „Der Mensch hat hier am Niederrhein durch den Bergbau Fakten geschaffen, die es so in keiner anderen Region gibt“, so Paeßens. „Und das ist für uns als Deichverband eine riesige Herausforderung.“
In einem Punkt sind sich Viktor Paeßens, seine beiden Stellvertreter Erich Weisser und Rainer Gellings sowie Tobias Faasen als hauptamtlicher Geschäftsführer des Deichverbands absolut einig: „Niederländer könnten sehr gut Deiche bauen“, so Paeßens. Deshalb ist das Quartett froh, mit MVO (was für Martens en Van Oord steht) ein Unternehmen mit Hauptsitz in Oosterhoit bei Breda gewonnen zu haben. MVO hat die europaweite Ausschreibung für das Projekt gewonnen und kennt sich aus in der Region, wie Mitarbeiterin Meliza Arens-schölling erläutert: Auch in Voerde, im Hafen Emelsum, in Xanten (Lüttingen/wardt) und in Kleve haben die Niederländer die Deichbaumaßnahmen übernommen.
MVO arbeitet anders als andere Unternehmen. Die Arbeiter haben im vergangenen Jahr auf der besagten Deichstrecke 25 sogenannte Erkundungsschlitze in den Deichkörper gegraben. Oben 25 Meter, unten 2,20 Meter breit. „Dadurch haben wir Erkenntnisse über den Zustand des Deichs und die verwendeten Baumaterialien gewonnen“, so Rainer Gellings. „Und wir können einen Baustopp durch Archäologen verhindern.“Hinweise auf Vorgängerdeiche bis ins 16. Jahrhundert ließen sich finden.
Eine andere Herausforderung bei Deichsanierungen oder Neubauten sind Leitungsverläufe. Die gibt es auch bei Wallach zuhauf. Von Thyssengas, von Zeelink (Strom), von der Lineg (Grundwasser) oder von der Rotterdam Rhein-pipeline (Öl). „Wir bauen auf Endsenkung“, macht Tobias Faasen deutlich. Das bedeutet: Die Deichhöhe, die jetzt angepackt wird, ist schon inklusive der Absenkungen, die der Salzbergbaubetrieb K+S in Borth in den nächsten Jahren durch Abbautätigkeiten verursacht. In Ossenberg ist vor rund 20 Jahren nicht auf Erdsenkung gebaut worden. Paeßens: „Das bedeutet, dass die Deiche dort in einigen Jahren um 1,75 Meter erhöht
werden müssen, wenn die siebte Änderung des Rahmenbetriebsplans durchkommt und weiter Salz abgebaut wird.“
Durch die Erkundungsschlitze traten auch Erkenntnisse zutage, die eine bessere Massenberechnung erlauben. „Dadurch können wir bereits verbautes Material erneut nutzen“, beschreibt Erich Weisser. Und Rainer Gellings ergänzt: „Dadurch wird es nicht preiswerter, aber wir brauchen erheblich weniger Lkwbewegungen.“Zehn Prozent weniger, rechnen die Bauleiter Meliza Arens-schölling und Bas Garritsen von MVO: „Rund 28.000 Lkw Touren weniger von ursprünglich geplanten 280.000 Touren während der gesamten Bauphase.“Die soll 2026 beendet sein. Ein zeitlicher Puffer erlaubt eine Fertigstellung bis 2028.
Dass jetzt mit den konkreten Arbeiten angefangen worden ist, liegt daran, dass die Hochwasserzeit am 31. März endete. In den Monaten bis Oktober dürfen die Deichbauer den Schutzwall öffnen – maximal an zwei Stellen gleichzeitig, und maximal über 500 Meter.
Die Bagger haben an zwei Stellen angefangen: in Höhe der Elvericher Höfe und bei Ossenberg am künftigen Ruhehafen. Der Deich wird in Zwei-meter-schichten abgetragen. Da, wo er nicht komplett neu als Drei-zonen-deich mit Deichlager, Dichtschürze und Stützkern so aufgebaut wird, dass Wasser in beiden Richtungen durchdringen kann, wird der Deich anmodelliert. „Wir arbeiten nach dem Deichprofil, das die Bezirksregierung Düsseldorf als zuständige Behörde vorgibt“, so Deichgräf Paeßens. Für ihn gibt es keine Alternative zu den Arbeiten: „Wir schützen ein hohes Schadenspotenzial“, sagt er. „Das sind in unserem Bereich allein 35.000 unmittelbar betroffene Menschen.“