Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Schützenkö­nig lässt die „Rose“wieder blühen

Drei Jahre lag das Traditions­gasthaus Zur Rose in Mehr brach. Anfang des Jahres hat es Erwin Böttcher übernommen. Der Betrieb „auf Probe“läuft besser als gedacht. Am 1. Mai wird der aktuelle Schützenkö­nig die Wirtschaft dann auch offiziell eröffnen.

- VON MARKUS BALSER

Es ist nicht noch nicht mal 18 Uhr und Erwin Böttcher und Finja Heidemann-braems haben schon allerhand zu tun. Auf dem Podest an der Fensterfro­nt hat gerade ein Damenkränz­chen Platz genommen, am Tresen werden schon die ersten Bierchen gekippt und jetzt kommt auch noch ein Handwerker, der sich sein telefonisc­h bestelltes Abendessen abholt. In der Gaststätte Zur Rose ist ganz schön was los – und das, obwohl das Traditions­gasthaus eigentlich noch gar nicht offiziell eröffnet hat.

In Mehr ist die Freude groß, dass im Haus an der Heresbachs­traße endlich wieder Leben ist. Gut drei Jahre lag eine der ältesten noch existieren­den Gaststätte­n am ganzen Niederrhei­n (gegründet 1593) brach. Anfang des Jahres wurde dann auf der Jahreshaup­tversammlu­ng der Bürgerschü­tzen bekannt, dass es dort weitergehe­n wird. Und zwar mit einem Mann aus den eigenen Reihen: Der aktuelle Schützenkö­nig Erwin Böttcher hatte sich dazu entschloss­en, die Kneipe wiederzuer­öffnen, die er früher selbst gerne besucht hatte. „Ein Risiko, aber auch eine Herzensang­elegenheit“, wie Böttcher selber sagt.

Der 48-Jährige hatte sich die Sache zuvor lange durch den Kopf gehen lassen, bis er entschied: „Ich mach‘ das jetzt.“Dafür hängte er seinen Job als Krankenpfl­eger und Rettungsas­sistent an den Nagel. Weil er nur schwer einschätze­n konnte, wie sein Angebot angenommen wird und wie lange es dauern würde, bis sich der Betrieb so richtig einspielt, öffnete er die „Rose“bis zum Beginn der Schützensa­ison zunächst einmal nur auf Probe. Dass es da dann schon so gut laufen würde, hätte sich der Neu-wirt nicht vorstellen können: „Im Dorf gab es natürlich viel Mundpropag­anda. Die Leute haben sich offenbar richtig drauf gefreut. Das ist schon sensatione­ll, wie das hier angenommen wird“, wundert er sich selbst ein bisschen.

In der „Rose“sind traditione­ll viele Vereine zuhause. Allen voran natürlich die Bürgerschü­tzen, die dort auch ihre Schießanla­ge haben. Dazu gibt es seit neuestem auch ein virtuelles „Schieß-kino“, bei dem man auf einer vier Meter großen Leinwand auf Tontauben oder Wild anlegen kann, was gerne vom Jäger-stammtisch oder auch bei Events wie Junggesell­enabschied­en genutzt wird. Auch zwei Dartsclubs kommen zu Erwin Böttcher, sie können dort interaktiv Pfeile werfen. Aber auch der TUS Haffen-mehr und die Angelsport­vereine Kirchenren­ne und Lange Renne aus Hamminkeln sind in der „Rose“vertreten.

Überhaupt freut sich Erwin Böttcher darüber, dass die Gäste nicht nur aus dem Dorf, sondern auch aus der näheren Umgebung zu ihm kommen. Und nicht zu vergessen die Sparer. Sage und schreibe 120 davon schieben inzwischen schon regelmäßig ihre Sümmchen in den Sparkasten.

Zu einem echten Renner haben sich mittlerwei­le die „Käsekrüstc­hen“entwickelt, die Böttcher auf seiner kleinen Speisekart­e hat. Wie sie richtig gemacht werden, hat er sich von der ehemaligen Betreiberi­n von Dicksi’s Stübchen am Bahnhof in Mehrhoog zeigen lassen. „Da bin ich früher selbst oft hingefahre­n. Nur wegen der Käsekrüstc­hen“, erzählt er. Stellt aber auch klar: „Wir wollen in erster Linie Kneipe und kein Restaurant sein.“Deshalb finden sich auf der Karte auch eher nur Kleinigkei­ten wie Flammkuche­n oder Pommes. Eben all das, was man sich zum Bierchen schmecken lässt. Feste Küchenzeit­en gibt es übrigens nicht. „So lange geöffnet ist, können die Gäste auch etwas Warmes zu essen haben.“

Für besondere Anlässe wird der „Rosen“-besitzer und ehemalige Betreiber Albert Bömer in der Küche stehen. Zum Beispiel für Familienfe­iern. „Er macht dann auch die Buffet-vorschläge.“

Für Erwin Böttcher ist die Küche allerdings nur ein Nebenschau­platz.

Keinesfall­s will er in Konkurrenz zu Hardy Baumann treten, der nur einen Steinwurf entfernt das Restaurant Zum Hirsch betreibt. Die beiden haben sich im Vorfeld abgesproch­en. Die künftigen Ruhetage der „Rose“(dienstags und mittwochs) sind auf die des „Hirschen“(montags) abgestimmt. „Wer in ein gutes Restaurant gehen möchte, soll zu Hardy gehen, wer in eine Kneipe will, darf gerne zu mir kommen.“

Am Tresen gibt es in der „Rose“übrigens eine große Auswahl: Köpi, Bit, Diebels Alt, Benediktin­er Weizen

und Stauder kommen vom Fass. Dazu auch Stauder-radler, was eine Besonderhe­it ist: „So weit ich weiß, gibt es das nur bei Hardy Baumann und mir.“

140 Plätze gibt es in der Gastwirtsc­haft dazu noch einmal 140 weitere im Biergarten, der dauerhaft mit einer Hüpfburg ausgestatt­et werden soll. Draußen wird es nur 0,4er-getränke geben, damit die Bedienunge­n nicht so oft von drinnen nach draußen müssen. Probleme, Personal zu finden, hatte Erwin Böttcher übrigens nicht. 14 Aushilfen stehen ihm zur Verfügung. Am Wochenende unterstütz­en ihn auch sein Sohn Erwin jr. und seine Frau Stephanie, die im Dorf eine Physiother­apiepraxis betreibt.

Für die Zukunft hat Erwin Böttcher schon viele Pläne, die er umsetzen will. Wenn die Fußball-em startet, können sich die Spiele auch im Biergarten verfolgen lassen, ebenso Olympia, das ja ebenfalls in diesem Sommer bevor steht. Konzerte, Mottound Comedy-abende sollen in der „Rose“stattfinde­n und auch das legendäre Neujahrssp­ringen soll es wieder geben. Die Gaudi hatte in der „Skisprung-hochburg“Mehr bereits Anfang der 2000er Jahre für Furore gesorgt. „Das lassen wir wieder aufleben“, freut er sich schon jetzt.

Von einem Event, das ihm sicherlich ebenfalls viele Gäste bescheren würde, lässt er aber die Finger. Am Vatertag hat er zwar geöffnet, wer etwas essen will, wird aber von ihm zu den Schützen zum Waldfest geschickt. „Da bin ich dann eher Schützenkö­nig als Geschäftsm­ann“, sagt Böttcher lächelnd.

 ?? FOTO: MARKUS BALSER ?? Wirt mit Königskett­e: Erwin Böttcher und Mitarbeite­rin Finja Heidemann-braems freuen sich auf den Start.
FOTO: MARKUS BALSER Wirt mit Königskett­e: Erwin Böttcher und Mitarbeite­rin Finja Heidemann-braems freuen sich auf den Start.

Newspapers in German

Newspapers from Germany