Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Altschulden: Dinslaken appelliert ans Land
„Was in anderen Bundesländern funktioniert, muss auch in Nordrhein-westfalen möglich sein“, sagt Bürgermeisterin Michaela Eislöffel. Wie viele ihrer Kollegen aus den Kommunen, pocht sie auf eine Altschuldenregelung.
(fbl) Die finanzschwachen Kommunen in Deutschland – zu denen sich auch Dinslaken zählt – sind an einem Punkt, an dem sie nie sein wollten: der Punkt, an dem die Schulden wieder wachsen. Vor diesem Hintergrund schlägt das Aktionsbündnis „Für die Würde unserer Städte“Alarm.
In den vergangenen Jahren hätten die finanzschwachen Kommunen Personal abgebaut, wichtige Investitionen in ihre Straßen und Gebäude aufgeschoben sowie freiwillige Leistungen gekürzt, um Schulden zu reduzieren. „Mit diesen großen Anstrengungen haben sie ihre Kreditlast um rund 20 Milliarden Euro gesenkt“, rechnet das Aktionsbündnis vor. Durch Zinssteigerungen und Kostenexplosion verschlechterten sich die Bedingungen nun aber so, dass die Schuldenkurve wieder nach oben deute.
Dinslakens Bürgermeisterin Michaela Eislöffel betont: „Das Land NRW ist gefordert, einen entscheidenden Beitrag zur Altschuldenlösung zu leisten. Was in anderen Bundesländern funktioniert, muss auch in Nordrhein-westfalen möglich sein.“
Die Kommunen benötigten einen Weg aus der Finanzkrise. Steigende Zinsen und Kosten ließen die Schulden immer weiter anwachsen. Ein großer Teil der Schulden stamme aber aus Aufgaben, die der Bund und die Länder den Kommunen aufgebürdet haben, ohne für eine auskömmliche Finanzierung der Kommunen zu sorgen, kritisiert die Bürgermeisterin. „Auch für unsere Stadt Dinslaken ist eine Altschuldenlösung ein erster und notwendiger Schritt zur Haushaltskonsolidierung und zur Sicherung guter Lebens- und Aufwachsensbedingungen in unserer Stadt.“
Die Kommunen stecken nach eigenem Bekunden in einer Finanzkrise. In Zahlen drückt sich das in einem Gesamtdefizit von rund sieben Milliarden Euro in den Haushalten 2023 aus. Auf Bundesebene sei eine „vorsichtige Reaktion auf diese Lage“zu spüren: Der Finanzausschuss des Bundestags treibe das Thema mit Erklärungen und Anfragen voran, heißt es in einer Pressemitteilung
des Aktionsbündnisses. Das zuständige Ministerium habe eine Fachtagung zu Kommunalfinanzen für den 5. Juli angekündigt und Mitte April noch einmal seine Eckpunkte für eine Altschuldenlösung unverändert vorgelegt. Damit habe es offiziell bestätigt, zu seinem Angebot zu stehen.
Nordrhein-westfalen, das einzige Bundesland ohne Altschuldenlösung, habe darauf bisher nicht reagiert, bemängelt das Aktionsbündnis. Die Landesregierung habe die Eckpunkte des Bundesfinanzministeriums bereits im vergangenen Jahr gekannt. Dennoch habe sie eine Lösung ohne substanzielle finanzielle Beteiligung des Landes vorgelegt und sei damit gescheitert. „Die Verantwortlichen pflegen das Narrativ, der Bund sei daran schuld, und lassen bisher nicht erkennen, dass der für dieses Jahr geplante neue Vorschlag eine große Veränderung mit sich bringt“, heißt es in der Pressemitteilung.
Das Aktionsbündnis „Für die Würde unserer Städte“hat bei seiner Konferenz in Berlin klare Forderungen an beide Ebenen gestellt. Nordrheinwestfalen als bevölkerungsreichstes Bundesland soll demnach eine Altschuldenlösung vorlegen, mit der es die übermäßigen Liquiditätskredite der Kommunen (mehr als 100 Euro je Einwohner) komplett übernimmt. Der Bund solle anschließend für die Hälfte davon einstehen.
Nordrhein-westfalen habe somit die Chance, seine Kommunen von Krediten in Höhe von rund zehn Milliarden Euro zu befreien. „Es selbst muss dafür lediglich einen jährlichen Beitrag von 350 bis 500 Millionen Euro einplanen – das ist die Größenordnung, die es vom Stärkungspakt NRW kennt“, argumentiert das Aktionsbündnis.
„Andere Bundesländer mit finanzschwachen Kommunen haben bereits Altschuldenlösungen gefunden. Diese entfalten ihre volle Wirkung aber nur, wenn es auch den Bundesanteil gibt“, ist auch die Meinung der Stadt Dinslaken. Diesen blockiere NRW mit seinem Verhalten bisher.
Die Eckpunkte seien hinlänglich bekannt, das Bundesfinanzministerium müsse nun einen Gesetzesentwurf einbringen. Die Lösung werde eine Zwei-drittel-mehrheit im Bundestag und im Bundesrat brauchen. Deshalb müsse der Gesetzgebungsprozess nun beginnen, damit die Altschulden-übernahme im Bundeshaushalt 2025 erfolgen könne.
„An den Altschuldenlösungen des Bundes und des Landes Nordrheinwestfalen werden sich die finanzschwachen Kommunen selbstverständlich beteiligen. Und sie werden sich ebenso selbstverständlich mit voller Kraft dafür einsetzen, dass keine neuen Schulden entstehen“, lautet das Versprechen des Aktionsbündnisses.
Dafür brauche es jedoch weitere Schritte – und zwar eine angemessene Finanzausstattung der Städte und Kreise sowie eine Reform der Förderpolitik. Die Mittel müssten einfach und unbürokratisch abrufbar sein und dann nach Bedürftigkeit verteilt werden. Bisher, so kritisiert das Bündnis der finanzschwachen Kommunen, „landet Fördergeld vor allem bei wohlhabenden Städten und nicht bei denen, die mitten in der kommunalen Finanzkrise stecken“.