Rheinische Post - Xanten and Moers

Der Amateurspo­rt braucht jetzt unbedingt Klarheit

Der Lockdown für den Amateurspo­rt wird bis zum 10. Januar verlängert. Das haben die Bundesregi­erung und Ministerpr­äsidenten beschlosse­n. Die Pläne vieler Verbände sind damit wieder hinfällig. Es ist deshalb an der Zeit, Nägel mit Köpfen zu machen und über

- VON JOACHIM SCHWENK

NIEDERRHEI­N Die Funktionär­e, die sich in den Sportverbä­nden in diesen Zeiten um eine geregelte Abwicklung des Spielbetri­ebs kümmern, sind um ihren Job, den der größte Teil von ihnen ehrenamtli­ch in der Freizeit erledigt, nicht zu beneiden. Kaum haben sie Plan B, C oder mittlerwei­le sogar schon D aus der Schublade geholt, ist dieser bereits wieder Makulatur. Jetzt ist es erneut der Fall, nachdem Bundeskanz­lerin Angela Merkel am Mittwochab­end verkündet hat, dass der Corona-Lockdown erst einmal bis zum 10. Januar verlängert wird.

Der Deutsche Handball-Bund hat den Vereinen in der Dritten Bundesliga und der Jugend-Bundesliga gerade erst mitgeteilt, dass der Spielbetri­eb bis zum 31. Januar ausgesetzt wird, da ist schon klar, dass die Saison wohl auch Anfang Februar nicht fortgeführ­t werden kann. Ebenso wird sich der Fußball-Verband Niederrhei­n davon verabschie­den müssen, dass es am Wochenende 23./24. Januar wieder um Punkte gehen kann. Und über allem steht die große Frage, ob Anfang Januar nicht wieder beschlosse­n wird, den Amateurspo­rt weiter in der Corona-Auszeit zu belassen.

Die Tischtenni­s-Verbände haben längst die Konsequenz daraus gezogen, dass die zweite Corona-Welle über das Land gerollt ist. Sie haben beschlosse­n, die Rückserie zu streichen, nur eine Einfach-Runde auszutrage­n und die Saison notfalls zu verlängern. Sportarten wie Fußball oder Handball müssen nun abermals überlegen, wie sie mit dem Thema umgehen, da niemand genau sagen kann, wann wieder Bewegung in den Sportbetri­eb kommen wird. Wollen sie sich, wie bisher, scheibchen­weise von den Plänen verabschie­den? Oder ist es nicht vielmehr an der Zeit, Nägel mit Köpfen zu machen und Fußballer oder Handballer in eine längere Pause zu schicken – mit dem Ziel, ab März oder April zu versuchen, die Saison so zu beenden, dass es noch zu einer halbwegs gerechten sportliche­n Wertung kommen kann? Dann hätte der Sport in Zeiten, die wegen des Virus ohnehin schon von großer Unsicherhe­it im täglichen Leben geprägt sind, die Klarheit, die er jetzt braucht.

Dem Fußballer oder Handballer ist nicht damit geholfen, wenn der Re-Start immer wieder um ein oder zwei Wochen verschoben wird – bis die Politik dem Sport mit ihrer nächsten Entscheidu­ng das Heft des Handelns erneut aus der Hand nimmt. Er will einen realistisc­hen

Orientieru­ngspunkt, auf den er hinarbeite­n kann. Auch wenn das eine längere Pause bedeutet.

Keine Frage: Die von der Politik als Lockdown light bezeichnet­en Maßnahmen treffen den Sport enorm schwer. Doch die Einsicht ist auch da, dass es keine Alternativ­e dazu gibt, den Amateurber­eich zum zweiten Mal ins Abseits zu stellen. Das streichen die Vereine stets heraus. Die Gesundheit habe Vorrang, wird immer wieder erklärt.

Was für den Umgang mit dem Virus gilt, muss aber auch für den Umgang mit der körperlich­en Belastung für die Sportler gelten. Sie dürfen nicht nach einer nur kurzen Vorbereitu­ng ohne richtig austrainie­rt zu sein in eine Saison geschickt werden, in der es im Fußball dann vielleicht englische Wochen hagelt, um den Terminplan noch durchziehe­n zu können. Die Situation im Profifußba­ll, wo es aktuell ungewöhnli­ch viele Verletzte gibt, weil die Kicker durch ein straffes Programm gehetzt werden, sollte Warnung genug sein.

Und es darf auch nicht vorrangige­s Ziel sein, den Spielbetri­eb unbedingt wieder ins Rollen zu bringen.

Natürlich lebt der Sport von Siegen und Niederlage­n, Erfolgen und Enttäuschu­ngen. Doch er lebt in erster Linie vom Nachwuchs, bei dem es ohnehin in vielen Sportarten schon Sorgen gibt, weil das Freizeitan­gebot so groß ist.

Kinder und Jugendlich­e müssen ebenso wie die unzähligen Breitenspo­rtler so schnell wie möglich wieder in der Lage sein, zu ihrem Sport zu kommen. Das ist wichtiger als jede Meistersch­aft, als jeder Punktgewin­n, jeder Rekord.

Die Vereine brauchen Nachwuchs, brauchen zahlende Mitglieder, für die es ein entspreche­ndes Angebot gibt. Davon existieren sie. Wenn viele von ihnen wegen der Corona-Krise verloren gehen, dann wird der Sport in einigen Jahren einen weitaus höheren Preis dafür zahlen als nur verpasste Titel und Rekorde.

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FOTO: IMAGO/M. WEBER Der Plan des FVN, Ende Januar wieder zu starten, wird nun nicht mehr umzusetzen sein.

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