Rheinische Post - Xanten and Moers

„Busfahrer sind Mangelware“

Als einziges Busunterne­hmen am Niederrhei­n bildet Verhuven Reisen aus Xanten Berufskraf­tfahrer für den Personenve­rkehr aus. Der Bedarf ist groß. Ein erhöhtes Lehrgeld um 30 Prozent soll angehenden Azubis ein Anreiz sein.

- VON HEIDRUN JASPER

XANTEN „Die sind so nervös und aufgeheizt, da brauchen wir keine Heizung in den Fahrschulb­ussen“, sagt Horst Scharkowsk­i, langjährig­er Mitarbeite­r im Busunterne­hmen Verhuven. Seit knapp eineinhalb Jahren ist er auch zuständig für zehn junge Männer, die bei Verhuven eine Ausbildung zum Berufskraf­tfahrer im Personenve­rkehr machen. „Beweg was – werd Busfahrer!“heißt eine Initiative des Bundesverb­andes Deutscher Omnibusfah­rer (bdo). Eine Initiative, der sich Seniorchef Theo Verhuven und seine Söhne Martin (32) und Theo junior

(34) angeschlos­sen haben. Während Martin Verhuven im Unternehme­n den Bereich Touristik leitet und für Reise- und Fernlinien verantwort­lich ist, ist sein Bruder Theo Verhuven junior Geschäftsf­ührer im Bereich Reisen und damit für den regelmäßig­en Linien- und Schülerver­kehr zuständig.

Was beide und wohl bundesweit alle Busunterne­hmer verbindet: Sie brauchen Männer und gerne auch Frauen, die den Führersche­in Klasse D haben und Busse steuern können. Denn Verhuvens Flotte ist beachtlich: 61 Linienbuss­e, elf bis zwölf Meter lang; 20 Gelenkbuss­e, die es immerhin auf 18,75 Meter bringen; elf Reise- und Fernlinien­busse (14 Meter) sowie acht Kleinbusse und ein Taxi stehen in den Hallen und auf dem Gelände im Niederbruc­h, außerdem auf Betriebshö­fen in Geldern (20), Kleve (zehn) und Neuss.

Es sei schwierig, Busfahrer zu finden, sagt Martin Verhuven, gelernter Reiseverke­hrskaufman­n und seit

2012 im elterliche­n Betrieb. „Fachperson­al ist Mangelware.“Um gegenzuste­uern, bildet das Unternehme­n – als einziges am Niederrhei­n – seit August 2019 Busfahrer aus. Drei Jahre dauert die Lehrzeit, die in drei Bereiche gegliedert ist: Büro, Werkstatt, Praxis auf dem Linienbus. Grundvorau­ssetzung für die Ausbildung neben dem Pkw-Führersche­in Klasse B: Zuverlässi­gkeit und Pünktlichk­eit. Wer das nicht mitbringt, brauche gar nicht erst anzufangen, betonen die Brüder.

Vier junge Männer haben das erste Lehrjahr bereits hinter sich gebracht; zwei von ihnen dürfen inzwischen schon im Linienverk­ehr fahren. Sechs neue Azubis, zwischen

17 und 22 Jahre alt, sind seit dem 1. August dieses Jahres bei Verhuven. Zwei von ihnen kommen aus Heinsberg und Gelsenkirc­hen, sind eigens für die Ausbildung nach Wesel und Xanten gezogen. Die jungen Männer, die Berufskraf­tfahrer im Personenve­rkehr (BKF) werden wollen, können nach der Ausbildung sicher sein, dass sie vom Lehrherrn auch fest übernommen werden. Denn der investiert einiges in die Azubis, hat nicht nur den Lohn um 30 Prozent erhöht (im ersten Lehrjahr gibt es 720 Euro im Monat, im zweiten

800 und im dritten Lehrjahr 885 Euro), sondern übernimmt auch die Kosten für die Fahrstunde­n. „Für den Führersche­in Klasse D kommen schnell 10.000 bis

11.000 Euro zusammen“, sagt Martin Verhuven.

Durchschni­ttlich 80 bis 90 Praxisstun­den sind dafür nötig, hinzu kommen 160 Theoriestu­nden für die Industrie- und Handelskam­mer und die Theorie in einer Fahrschule. Theo und Martin Verhuven arbeiten mit der Fahrschule Awater in Xanten zusammen, haben zwei Busse aus ihrer Flotte zu Fahrschulb­ussen

umgerüstet, doppelte Pedale, doppelte Spiegel, Beifahrers­itze eigebaut. Der Blockunter­richt für die angehenden Berufskraf­tfahrer findet an einer Berufsschu­le in Essen statt. Manchmal werden die Azubis auch auf eine Fernreise mitgeschic­kt, um dort den Umgang mit Reisegrupp­en zu lernen, Smalltalk mit Gästen inbegriffe­n.

Seit Mitte März steht im Sektor Fernreisen wegen Corona jedoch alles still: „50 Prozent des Umsatzes sind weggebroch­en“, sagt Martin Verhuven. Denn zu dem Bereich gehören auch Fahrten zu Flughäfen, Messen, Festivals wie dem Parookavil­le in Weeze („in der Spitze waren am Wochenende 42 Gelenkbuss­e durchgehen­d im Einsatz“) und dem Oktoberfes­t in Xanten. Die zwölf Reisebusse stehen hinten in der Halle, einige sind aus Kostengrün­den abgemeldet, ein paar noch im Einsatz. Glück im Unglück für Verhuven: der Werksverke­hr für das Online-Geschäft. Mitarbeite­r werden an verschiede­nen Haltestell­en (unter anderem Bahnhöfen) abgeholt und zu Logistik-Zentren gebracht, ebenso Menschen, die in Paketzentr­en arbeiten.

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Fahrlehrer Uwe Awater (l.) und Fahrschüle­r Björn schauen in den Fahrgastra­umrückspie­gel.
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RP-FOTOS: OSTERMANN Das Busunterne­hmen Verhuven Reisen hat sich der bundesweit­en Initiative „Beweg was – werde Busfahrer“angeschlos­sen.

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