Rheinische Post - Xanten and Moers
Die Kunst öffnet im Museum Räume
Das Museum Kloster Kamp darf wieder öffnen und zeigt Werke von Dorothea Schüle. Geplant war die Ausstellung für November. Dann kam der Lockdown.
KAMP-LINTFORT Wie im Dornröschenschlaf hingen die Bilder von Dorothea Schüle seit November im Museum Kloster Kamp. Sie waren gerade aufgehängt, da erließ das Land NRW kurz vor der Ausstellungseröffnung den zweiten Lockdown in der Corona-Pandemie. Ab Samstag sind sie nun endlich zu sehen – aber nur für wenige Besucher gleichzeitig. „Es dürfen sich jeweils nur vier Personen im ganzen Haus aufhalten, in der Sonderausstellung also nur zwei“, erläutert Peter Hahnen, Leiter des Zentrums Kloster Kamp, die Regeln. Dorothea Schüle freut sich trotzdem, endlich ihre Arbeiten dem Publikum präsentieren zu können. Denn Kunst braucht den Betrachter. Unter dem Titel „Die Gnade der Hülle“zeigt sie ihre Auseinandersetzung mit Räumen und Orten. „Die Pandemie macht uns ja allen deutlich, wie wichtig ein Zuhause ist. Und Räume machen ganz viel mit uns“, sagt die Künstlerin aus Düsseldorf, die zum ersten Mal auf dem Kamper Berg ausstellt.
Ihre gemalten Räume, oft Öl auf Leinwand, aber auch mit Eitempera, sind dabei nur vordergründig menschenleer. „Denn jede Ecke erzählt darin etwas über unser Leben“, betont Dorothea Schüle, der es nicht um die bloße Abbildung geht. Ihre Räume wirken zuweilen, als seien sie just von ihren Bewohnern verlassen worden. Sie schleichen sich quasi durch ihre Hinterlassenschaften wieder an die Orte zurück. Da stehen die Weinflaschen noch vom Vorabend
auf dem Tisch. Vor dem großen Panoramafenster mit Blick auf den Fluss hat der Bewohner seine Bücher ungeordnet zurückgelassen, geblendet vom Sonnenuntergang. „Geheimbündler“hat die Künstlerin das düster wirkende Großformat im ersten Museumsraum genannt. Vorbild war das Hinterzimmer einer Düssedorfer Bank, das durch die geschlossenen Jalousien wie abgeschottet wirkte.
Ihre Bilder, sagt Dorothea Schüle, seien wie Tagebucheintragungen. „Es sind meine Erinnerungen an Orte, die sich in den Bildern überlagern und neu zusammensetzen.“Das sind nicht nur Interieurs, sondern auch Landschaften. „Ich gehe zuweilen mit meiner Staffelei in die Natur raus.“Dann arbeitet sie seriell. „Weil ein Bild nicht ausreicht“, sagt die Künstlerin, die an der Kunstakademie Münster studiert hatte. Im Atelier folgt dann die abstrahierende und konzeptionelle Bearbeitung. Die Atmosphäre, der Wechsel von Licht und Schatten, Rhythmus und farbliche Konzeption treiben die Düsseldorferin in ihrer Kunst an. Wenngleich sie ihren Arbeiten Titel wie „Der Grandseigneur“, „Schlafwandler“oder „Himmelsweg“als Anregung für den Betrachter gibt, darf er seiner eigenen Phantasie gerne freien Lauf lassen.
Und die geht in der Tat auf Reisen, wenn man Dorothea Schüles Bilder auf sich wirken lässt. Dabei finden sich immer wieder auch kleine Irritationen und Perspektivwechsel. So liegt die Kirschblüten-Allee direkt an einer Asphaltstraße, die rechts unten im Bild noch zu erkennen ist. „Wo Licht ist, ist auch Schatten“, sagt sie. In der Ausstellung im Museum Kloster Kamp, die bis Allerheiligen läuft, sind darüber hinaus Stillleben zu sehen, eine fünfteilige Serie mit Aubergine und Zitronen. „Es sind fünf verschiedene Ansichten. Jedes Bild ist anders“, betont die Künstlerin. „Sie entstehen nebenher, einfach aus Spaß am Malen.“
NORBERT PRÜMEN