Rheinische Post - Xanten and Moers

Luftqualit­ät in NRW hat sich verbessert

Erstmals lag die Schadstoff­belastung an allen Messstatio­nen im grünen Bereich. Streit gibt es aber über den Einfluss des Lockdowns.

- VON KIRSTEN BIALDIGA

DÜSSELDORF In Nordrhein-Westfalen hat sich die Luftqualit­ät im vergangene­n Jahr deutlich verbessert. Zum ersten Mal konnten an allen 124 Messstando­rten im Land die Grenzwerte im Jahresmitt­elwert eingehalte­n werden; in Düsseldorf und Hagen allerdings nur knapp. „Jeder Rückgang ist ein Gewinn für die Gesundheit der Bürger“, sagte NRW-Umweltmini­sterin Ursula Heinen-Esser bei Vorlage der Ergebnisse. Im Jahr 2019 hatten demnach noch 16 Messstelle­n in acht Kommunen (Dortmund, Düsseldorf, Essen, Gelsenkirc­hen, Hagen, Köln, Oberhausen und Wuppertal) zu hohe Jahresmitt­elwerte angezeigt.

Gemessen werden jeweils die Belastunge­n der Luft mit Stickstoff­dioxid, Feinstaub und Ozon. Ursachen sind ältere Dieselauto­s, die Industrie, aber auch andere Faktoren wie zum Beispiel Holz-Kaminöfen. Die Grenzwerte basieren auf Empfehlung­en der Weltgesund­heitsorgan­isation WHO. In anderen Ländern, etwa in der Schweiz, in Österreich und in den USA, gibt es teils deutlich schärfere Vorgaben.

Ursache für die bessere Luftqualit­ät sei nicht die Corona-Pandemie, betonte Heinen-Esser. Der Einfluss des Lockdowns sei als gering zu bewerten. Vielmehr sei der Erfolg von Dauer und vor allem den Kommunen zu verdanken, die etwa im öffentlich­en Nahverkehr ältere Fahrzeuge ausrangier­t hätten. In manchen Städten habe sich auch eine intelligen­tere Verkehrsfü­hrung positiv ausgewirkt, etwa durch Pförtner-Ampeln.

Der Präsident des Landesumwe­ltamts (Lanuv), Thomas Delschen, rechnete vor, dass in NRW während der Kernphase des ersten Lockdowns, im April 2020, der innerstädt­ische Straßenver­kehr zwar um bis zu 42 Prozent und auf den Autobahnen um bis zu 54 Prozent abgenommen habe. Ende Mai 2020 bereits hätten aber sowohl die Verkehrsza­hlen als auch die Immissions­belastunge­n wieder fast den Normalzust­and erreicht. Auf das Gesamtjahr bezogen, habe der Lockdown daher kaum einen Effekt gezeigt.

Dieser Analyse widersprac­h die Deutsche Umwelthilf­e (DUH), die wegen der Grenzwert-Überschrei­tungen

in den Jahren zuvor 14 Kommunen und das Land NRW verklagt hatte. „Die Wirkung der Corona-Pandemie war deutlich stärker als durch die Landesregi­erung angenommen“, sagte DUH-Geschäftsf­ührer Jürgen Resch unserer Redaktion. Das Landesumwe­ltamt betrachte ausschließ­lich die Auswirkung des ersten Lockdowns im März und April. Dies gehe aber an der Pandemie-Realität vorbei, die ganzjährig und vor allem wieder im November und Dezember durch deutlich niedrigere Verkehrsme­ngen gekennzeic­hnet gewesen sei: „Wir befürchten, dass die Belastung mit dem Dieselabga­sgift Stickstoff­dioxid wieder deutlich ansteigt, wenn die Menschen mit Ende des Lockdowns wieder mobiler sind, aber versuchen Bus und Bahn zu meiden und stattdesse­n ins Auto steigen“, so Resch.

Er sieht in der verbessert­en Luftqualit­ät gleichzeit­ig einen Erfolg der DUH-Klagen: „Es ist erfreulich zu sehen, dass unsere Klagen auf saubere Luft endlich Wirkung zeigen.“In 13 Städten in NRW sei die Umsetzung einer Vielzahl an Maßnahmen vereinbart worden: „Die einzige Stadt, in der unsere Klage für saubere Luft noch nicht entschiede­n ist – Düsseldorf – weist die höchste Luftschads­toffbelast­ung in ganz NRW auf.“

Heinen-Esser sagte zu den DUH-Klagen am Freitag: „Ich habe das als Anschubser verstanden.“Es sei richtig, dagegen vorzugehen, wenn Grenzwerte permanent überschrit­ten würden.

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