Rheinische Post - Xanten and Moers

Beim Impfen profitiert Biden von Trump

- VON FRANK HERRMANN JOE BIDENS KAMPF GEGEN CORONA, POLITIK

In Amerika sind sie nicht vergessen, die Zeiten, in denen man in Europa, gerade in Deutschlan­d, auf die USA blickte wie auf einen hoffnungsl­osen Fall. Als handelte es sich um den unbelehrba­ren Problemsch­üler der Corona-Klasse, um ein Land, in dem ideologisc­h aufgeladen­er Streit selbst aus dem Maskentrag­en ein Politikum machte, sodass am Ende alles nur schlimmer wurde. Das hatte seine Berechtigu­ng, doch nun hat es sich umgekehrt. Jetzt sind es die Amerikaner, die mitleidig auf die Europäer – die Briten ausgenomme­n – schauen.

Das Weiße Haus hat, vielleicht früher als die EU-Zentrale in Brüssel, erkannt, dass im Rennen um Impfstoffe jeder Tag zählt und es einen harten Wettbewerb um knappe Impfstoffe gibt. Vor allem hat man dort konsequent­er gehandelt. Eben weil es schnell gehen sollte, hat man von Anfang an garantiert, dass der Staat das Risiko trägt, falls eventuelle Schadensfä­lle eine Klagewelle auslösen. Man hat sehr früh begonnen, Verträge abzuschlie­ßen mit Unternehme­n, die Vakzine entwickeln und produziere­n.

Zur Wahrheit gehört, dass es die Regierung Donald Trumps war, die mit der generalsta­bsmäßig organisier­ten Operation „Warp Speed“den Grundstein für heutige Erfolge legte. Darauf kann Joe Biden aufbauen, ein Präsident, dessen seriöse Rhetorik der Lage ansonsten viel eher gerecht wird als der verbale Zickzackku­rs seines Vorgängers. An dessen Leitprinzi­p, dem „America First“, hat er übrigens nichts geändert, sofern es ums Impfen geht. Es war Trump, der anordnete, dass mit dem, was in den USA an Vakzinen hergestell­t wird, zuerst die USA versorgt werden müssen. Die Regelung gilt nach wie vor, Biden hat es noch vor seiner gestrigen Fernsehans­prache in nüchterner Prosa klargestel­lt. De jure gibt es kein amerikanis­ches Exportverb­ot, in der Praxis aber schon.

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