Rheinische Post - Xanten and Moers

Libyen hat erstmals eine Außenminis­terin

Auf die Juristin Najla el-Mangoush kommen schwierige Verhandlun­gen mit der Uno und der EU zu.

- VON THOMAS SEIBERT

TRIPOLIS Das Bürgerkrie­gsland Libyen hat erstmals in seiner Geschichte eine Außenminis­terin: Die Juristin Najla el-Mangoush aus der ostlibysch­en Hafenstadt Benghazi wurde zusammen mit dem Kabinett von Übergangsp­remier Abdelhamid Dabeiba vom Parlament bestätigt und soll kommende Woche vereidigt werden. Mangoush, Anfang 50 und bis vor Kurzem an einer Universitä­t in den USA tätig, steht vor einer schweren Aufgabe, denn angesichts der vielen mächtigen ausländisc­hen Akteure im Libyen-Konflikt ist ihr Spielraum begrenzt. Zudem ist ihre Regierung schon bei Amtsantrit­t heftig umstritten.

Mangoush studierte Jura in Benghazi und arbeitete nach dem Sturz von Diktator Muammar Gaddafi vor zehn Jahren für den Nationalen Übergangsr­at, der die Macht im Jahr 2012 an ein neu gewähltes Parlament abgab. Keine der beiden Institutio­nen konnte jedoch den Absturz des Landes in Anarchie und Bürgerkrie­g verhindern. Seit 2014 ist Libyen in einen West- und Ostteil gespalten. Die Uno nutzte in den vergangene­n Monaten einen Waffenstil­lstand, um eine Versammlun­g einzuberuf­en, aus der Dabeibas Regierung hervorging. Die Bestätigun­g der Regierung durch das Parlament ist deshalb ein wichtiger Schritt, der von Europa und den USA begrüßt wurde. Im Auswärtige­n Amt in Berlin hieß es, man freue sich auf die Zusammenar­beit mit der libyschen Übergangsr­egierung und der neuen Außenminis­terin.

In den vergangene­n Jahren hatte Mangoush die Entwicklun­g in ihrem Heimatland aus der Ferne betrachtet. 2013 zog sie zum Studium in die USA, wo sie unter anderem als Expertin für Konfliktfo­rschung an der George-Mason-Universitä­t in Virginia bei Washington arbeitete. Diese Expertise wird sie gut gebrauchen können. Mehrere ausländisc­he Staaten, darunter die Türkei, Russland, Ägypten und die Vereinigte­n Arabischen Emirate, mischen im Libyen-Konflikt mit. Auch die EU-Mitglieder Frankreich und Italien verfolgen eigene Interessen in Libyen, das die größten Ölvorräte in Afrika besitzt. Wichtig ist für Mangoush vor allem ein gutes Verhältnis zur US-Regierung, denn Druck aus Washington auf die ausländisc­hen Akteure könnte die Lage stabilisie­ren. Den Friedensbe­mühungen der Uno für Libyen stand Mangoush dagegen bisher skeptisch gegenüber. „Es gibt keine Anzeichen dafür, dass die Uno geholfen hat“, sagte sie vor zwei Jahren. „Deshalb traue ich der Uno nicht.“

In ihrem neuen Amt wird Mangoush auch mit der EU über das Flüchtling­sproblem sprechen. Allein im vergangene­n Jahr kamen 34.000 Flüchtling­e aus Libyen in Italien an, weitere 11.300 wurden nach UN-Angaben von der libyschen Küstenwach­e abgefangen. Für andere endete die Überfahrt tödlich: Laut der Uno sind in den vergangene­n sieben Jahren mehr als 17.000 Flüchtling­e auf dem Weg nach Europa ertrunken. Die EU finanziert Ausrüstung und Ausbildung für die libysche Küstenwach­e, um die Flüchtling­e aufzuhalte­n.

Dem UN-Plan für Libyen zufolge soll das Übergangsk­abinett bis Dezember regieren. Dann sind freie Wahlen mit der Bildung einer regulären Regierung vorgesehen. Viele Beobachter sind jedoch skeptisch. Dabeibas Regierung war schon vor ihrer Bestätigun­g durch das Parlament umstritten, weil der Premier bei seiner Nominierun­g von Schmiergel­dzahlungen profitiert haben soll. Ursprüngli­ch hatte Dabeiba versproche­n, rund ein Drittel der Kabinettsp­osten mit Frauen zu besetzen, doch am Ende fanden sich unter den 31 Regierungs­mitglieder­n nur fünf Frauen. Misstrauen schlägt dem Kabinett auch entgegen, weil Kritiker vermuten, dass Dabeiba die Wahlen im Dezember verschiebe­n will, um länger an der Macht zu bleiben.

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