Rheinische Post - Xanten and Moers
„Der Staat muss sich wieder zurücknehmen“
Der renommierte Ökonom plädiert für höhere Schulden, um die deutsche Wirtschaft aus der Corona-Krise zu führen.
Herr von Weizsäcker, die produktive Wirtschaft ist besser durch die Krise gekommen als die Dienstleister und der Staat. Sind private Industrieunternehmen flexibler als der Rest der Gesellschaft?
Die deutsche exportorientierte Wirtschaft profitiert von den Erfolgen der ostasiatischen Staaten im Kampf gegen die Pandemie. Denn China ist mittlerweile der wichtigste Außenhandelspartner der Deutschen. Außerdem können sich industrielle Hersteller auf die Produktion einzelner Artikel konzentrieren.
Warum hat der Staat so große Schwierigkeiten, wirksam gegen die Pandemie vorzugehen?
Der Staat kann nicht Prozesse von oben herab durchziehen, sondern muss zwischen verschiedenen Interessenund Wählergruppen einen Ausgleich finden. Das ist deutlich schwieriger.
Haben Sie also Verständnis für den Schlingerkurs von Bund und Ländern bei Schnelltests und Impfstrategie? Oder hat der Staat versagt?
Der Kampf gegen die Pandemie ist eine äußerst schwierige Aufgabe. Die Kritik ist zum Teil berechtigt. Aber ich frage mich auch, ob das andere wirklich besser gemacht hätten als die Verantwortlichen in Deutschland.
Warum sind dann Länder, die anfangs recht chaotisch reagiert haben wie Israel, die USA und Großbritannien, nun beim Impfen deutlich besser aufgestellt?
Israel macht einen besseren Job als die Deutschen. Aber es ist ein kleines Land und krisenerprobt. Großbritannien und die USA haben sich als flexibler erwiesen. Wir haben uns zunächst in Europa abgestimmt und dadurch Zeit verloren. Aber das war trotzdem wichtig, weil wir in anderen Dingen die europäische Einheit dringend benötigen.
Wir erleben derzeit einen interventionsfreudigen Staat. Bleibt es dabei auch nach der Krise?
Wegen der CoronaPandemie befinden wir uns im Ausnahmezustand. Darauf hat der Staat