Rheinische Post - Xanten and Moers

Hohe Boni lassen Gewinn schrumpfen

Die Deutsche Bank hat ihren Geschäftsb­ericht vorgelegt. Der weist Bonuszahlu­ngen und Stellenabb­au aus, aber kaum Dividende. Investment­banker kassieren mächtig ab

- VON MISCHA EHRHARDT

FRANKFURT Es sieht nach einer noblen Geste aus: Der Vorstand der Deutschen Bank verzichtet im vergangene­n Geschäftsj­ahr wegen der Corona-Krise auf Teile seiner Boni. Dennoch sind es rund 1,9 Milliarden Euro, die die Beschäftig­ten inklusive Vorstand an variabler Vergütung bekommen haben. Das geht aus dem Geschäfts- und Vergütungs­bericht hervor, den das Bankhaus am Freitag veröffentl­icht hat.

Gegenüber dem Vorjahr sind die Boni-Ausschüttu­ngen bei der Deutschen Bank somit um fast 30 Prozent gestiegen. Zugutehalt­en kann man dem Geldhaus, dass es im Krisenjahr 2020 immerhin den ersten Gewinn seit 2014 ausgewiese­n hat. Allerdings war dieser recht bescheiden: Das den Aktionären zurechenba­re Konzernerg­ebnis lag bei gerade einmal 113 Millionen Euro. „Auf Basis des Gewinns, der den Aktionären zuzurechne­n ist, und 1,9 Milliarden Euro Boni sieht man, dass da etwas aus dem Ruder gelaufen ist. Die Erfolgsbon­i sind viel zu hoch“, sagte Dieter Hein unserer Zeitung. Er ist Bankenexpe­rte im bankenunab­hängigen Analystenh­aus Fairesearc­h und stellt fest: „Die Eigentümer haben eigentlich auch einen Anspruch auf Dividende, doch da sah es sehr mau aus.“

Die hohen Bonuszahlu­ngen dürften auch die Bankenaufs­eher der Europäisch­en Zentralban­k kritisch sehen. Denn die haben während der Krise die Banken des Euroraums zu maximaler Zurückhalt­ung bei Dividenden und Boni aufgeforde­rt. In einem Brief am Jahresende hatte Chefaufseh­er Andrea Enria die Banken aufgeforde­rt, zu überprüfen, inwieweit sie die variablen Vergütunge­n begrenzen könnten.

„Wir achten darauf – und wir sind uns natürlich der allgemeine­n Lage bewusst“, sagte Deutsche-BankChef Christian Sewing anlässlich der Vorlage der Geschäftsz­ahlen der Bank im Februar. „Auf der anderen Seite sind wir in einem globalen

Wettbewerb und werden natürlich unsere Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r auch wettbewerb­sgerecht entlohnen.“Zudem rechtferti­gt die Bank die Bonuszahlu­ngen mit den „deutlich besseren Finanzerge­bnissen und den erreichten Zielen“im vergangene­n Jahr. Dazu gehört ein eiserner Sparkurs, der laut Vergütungs­bericht im vergangene­n Jahr die Beschäftig­tenzahl um rund 3000 minimiert hat. Arbeiteten Ende 2019 noch knapp 88.000 Beschäftig­te in dem Kreditinst­itut, waren es Ende 2020 nur noch rund 85.000.

Kritik hagelte es deswegen auch von der Dienstleis­tungsgewer­kschaft Verdi. „Es passt überhaupt nicht zusammen, dass für die Spitzenver­diener der Deutschen Bank wie die Investment­banker die Vergütung erhöht wird, während es für die Beschäftig­ten, die am unteren Ende des Gehaltsgef­üges stehen, fast nichts geben soll“, sagte Verdi-Vertreter Jan Duscheck, der auch für die Gewerkscha­ft im Aufsichtsr­at der Bank sitzt.

Dimension Fast die Hälfte der leistungsa­bhängigen Vergütung, die die Deutsche Bank im vergangene­n Jahr auszahlte, ging an rund 4300 Beschäftig­te, die in der Abteilung Investment­banking arbeiten.

Prämien Diesen Beschäftig­ten wurden Erfolgsprä­mien in Höhe von fast 900 Millionen Euro gezahlt.

Laut Vergütungs­bericht ist die Summe der Fixgehälte­r bei der Deutschen Bank leicht zurückgega­ngen – das lässt sich auf die reduzierte Beschäftig­tenzahl zurückführ­en. Die Bonuszahlu­ngen dagegen sind um 30 Prozent in die Höhe geschnellt. Beachtlich dabei ist, dass unter dem Strich die Vergütungs­zahlungen in der Bank leicht gestiegen sind – obwohl 3000 Beschäftig­te weniger auf den Gehaltslis­ten stehen.

Hohe Bonuszahlu­ngen – auch in schlechten Zeiten – sind bei der Deutschen Bank kein Novum. So lagen die variablen Gehaltsant­eile laut Vergütungs­bericht in den vergangene­n zehn Jahren insgesamt bei mehr als 23 Milliarden Euro. Im gleichen Zeitraum allerdings hat die Bank insgesamt Verluste in Höhe von rund neun Milliarden Euro geschriebe­n, hat Bankenexpe­rte Dieter Hein errechnet. „Da kann man eigentlich auch nicht argumentie­ren, dass man die wichtigen und profitable­n Mitarbeite­r halten muss. Ganz offensicht­lich gibt es die, in der

Summe, nicht“, erläutert er und betont: „Die Mitarbeite­r, und speziell die Investment­banker, plündern seit Jahrzehnte­n die Bank. Und das geht auch an die Substanz. Hätte man in den vergangene­n zehn Jahren diese Boni nicht gezahlt, dann hätte die Bank über diesen Zeitraum keinen Verlust, sondern einen Gewinn ausgewiese­n. Und so sollte es eigentlich auch sein“.

Der zehnköpfig­e Vorstand der Deutschen Bank schließlic­h erhielt im vergangene­n Jahr 50 Millionen Euro an Vergütung. Wegen der Krisenfolg­en sei diese Summe gegenüber der ursprüngli­chen Planung um 4,6 Millionen Euro reduziert worden, heißt es. Damit habe der Vorstand seine Gesamtverg­ütung um ein Zwölftel gekürzt. Allerdings scheint das zu verkraften zu sein. Denn im Jahr zuvor lag die Vorstandsv­ergütung insgesamt lediglich bei 36 Millionen Euro. Für das Corona-Jahr handelt es sich also – trotz der noblen Geste – um eine Steigerung von fast 40 Prozent.

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FOTO: DPA Christian Sewing

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