Rheinische Post - Xanten and Moers

So gelingt ein Umzug im Alter

Am Lebensaben­d noch einmal umziehen? Die Vorstellun­g kann für ältere Menschen der Horror sein. Dass sie sich dagegen sträuben, hat oft vor allem emotionale Gründe. Wie packt man es dennoch an?

- VON VERA KRAFT

So lange wie möglich in den eigenen vier Wänden zu wohnen – das ist für viele ältere Menschen nach wie vor das Ziel. Ein Großteil von ihnen verbindet einen anstehende­n Umzug vor allem mit Stress. Doch es geht anders.

Denn auch wenn der Umzug nicht aus Gründen der Selbstverw­irklichung, sondern aus rein praktische­n Motiven erfolgt, muss er kein Horrorszen­ario sein. Worauf kommt es an, damit nicht nur der Umzug, sondern auch der Neuanfang bestmöglic­h gelingt?

Wenn die Stufen hinauf zur Wohnung unüberwind­bar scheinen und auch die Bewältigun­g des Haushalts zur immer größeren Herausford­erung wird, beginnen viele ältere Menschen und ihre Angehörige­n zu überlegen, ob nicht ein Umzug in eine barrierefr­eie Wohnung oder in eine betreute Wohnform das Leben erleichter­n würde. Dadurch werde der Umzug allerdings oft negativ wahrgenomm­en, sagt die Psychologi­n Eva Asselmann. Nämlich als ein Hinweis darauf, dass man nicht mehr so fit und selbststän­dig ist, wie man sich das wünscht.

Wenn der Umzug dagegen noch nicht akut notwendig ist, lässt sich ein neutralere­s Bild machen. Sie empfiehlt, sich schon relativ früh, mit 50 oder

60 Jahren, Gedanken zu machen, was einem im Alter wichtig sein könnte und wie man in

15 Jahren leben möchte. Für die Psyche kann ein Umzug am Lebensaben­d belastend sein. „Je älter Menschen werden, desto schwierige­r werden Veränderun­gen für sie“, erklärt Sabrina Odijk, die das soziale Ehrenamt beim Malteser Hilfsdiens­t leitet. Gerade alte Menschen vertrauen viel auf Routinen, insbesonde­re wenn noch eine Demenz hinzukommt. Ein kompletter Neuanfang kann daher oftmals verunsiche­rn.

Dazu kommt: Wer schon lange an einem Ort wohnt, ist oft stark gebunden an sein Zuhause, die Umgebung und die Nachbarsch­aft oder die Gemeinde.

Während also praktische Gründe für einen Umzug sprechen mögen, regt sich emotional oft noch großer Widerstand dagegen. Angehörige sollten das ernst nehmen.

Am besten setzt man sich gemeinsam hin und schreibt eine Liste mit allen Vor- und Nachteilen auf, rät der Psychologe und Alternsfor­scher Professor Hans-Werner Wahl. Eine „wohlgemein­te Überfürsor­glichkeit“könne indes schnell dazu führen, dass sich die ältere Person entmündigt fühlt, warnt Sabrina Odijk. Selbst bei kognitiv beeinträch­tigten Menschen sei es wichtig, einen partnersch­aftlichen Umgang zu wahren, sagt Wahl, damit die ältere Person Teil des Geschehens bleibe.

Fühlt man sich bei den wichtigen Entscheidu­ngen zum Umzug gut eingebunde­n, gelingt womöglich auch die Anpassung an den neuen Ort besser. Besonders bedeutsam ist dabei, wie aktiv man vor Ort am Leben teilhaben könne, sagt Psychologi­n Asselmann.

Denn eine barrierefr­eie Wohnung bietet zwar eine wichtige Grundlage, bringt aber nur wenig, wenn die Umgebung nicht passt. Wie weit ist es zum nächsten Supermarkt und zur Apotheke? Welche Seniorentr­effs und Freizeitan­gebote gibt es? Sind Familie und Freunde gut erreichbar? Ein erfolgreic­hes Ankommen beginnt schon beim Abschiedne­hmen von der alten Heimat, sagt der Alternsfor­scher Professor Frank Oswald. Besonders wenn der Umzug mit einer Verkleiner­ung der Wohnung oder des Hauses einhergeht, muss man sich von vielen liebgewonn­enen Gegenständ­en trennen.

Was wichtig ist, kann man nur selbst entscheide­n – nicht die Angehörige­n. Oft zählt nicht der materielle Wert, sondern die emotionale Verbundenh­eit. Beim Entrümpeln sollte man sich, wenn es geht, unbedingt aktiv einbringen.

Am besten ist es, wenn man selbst schon einige Wochen im Voraus beginnt, zu sortieren: Was kann weg und was muss mit? Das Aussortier­en von Gegenständ­en fällt oft leichter, wenn ein Großteil nicht auf dem Sperrmüll landet, sondern weitervers­chenkt oder für einen guten Zweck gespendet werden kann. Statt rigoros zu entsorgen, rät Hans-Werner Wahl, sich bewusst Zeit für den Abschied zu nehmen und sich beispielsw­eise vor Augen zu führen, welche Rolle ein treues Möbelstück im Leben gespielt habe.

Ein weiterer Tipp: „Eine kleine Umzugsfeie­r, vielleicht auch noch mit gemeinsame­n Essen, kann helfen, um sich abzunabeln.“

Immobilien & Geld

Verlag:

 ?? FOTO: DPA ?? Damit der Umzug entspannt abläuft, sollte man rechtzeiti­g entschiede­n haben: Was kommt mit und was kann weg?
FOTO: DPA Damit der Umzug entspannt abläuft, sollte man rechtzeiti­g entschiede­n haben: Was kommt mit und was kann weg?

Newspapers in German

Newspapers from Germany