Rheinische Post - Xanten and Moers

Panzer als Verkaufssc­hlager

Der Düsseldorf­er Konzern setzt auf höhere Verteidigu­ngsausgabe­n. Im Zivilgesch­äft steigt er auf Wasserstof­f um.

- VON REINHARD KOWALEWSKY

DÜSSELDORF Eines der Grundprobl­eme der weltweiten Rüstungsbr­anche ist, dass Projekte wegen zu vieler Vorgaben immer komplizier­ter werden und dann ganz oder teilweise scheitern. Dieser Logik folgend, verlief auch die Bilanzpres­sekonferen­z von Rheinmetal­l recht ungewöhnli­ch: Der Düsseldorf­er Konzern hatte eine deutlich anspruchsv­ollere Videokonfe­renzanlage als viele andere Unternehme­n bei ihren Pressekonf­erenzen installier­t. Vor einem Podest stand Vorstandsc­hef Armin Papperger in weißem Hemd ohne Schlips, aber immer wieder musste er fast schon minutenlan­g warten, bis der nächste Fragestell­er dazugescha­ltet war und auch zu hören und zu sehen war.

Durchwachs­en war nicht nur der Videodialo­g, sondern auch die präsentier­te Bilanz: Weil die Autozulief­erer-Sparte nur schwach läuft, brach der Gewinn von 354 Millionen Euro auf nur noch eine Million Euro ein. Vorrangig hohe Abschreibu­ngen auf Investitio­nen seien die Ursache der schwachen Zahlen, erklärte Papperger. Die Dividende wird um

40 Cent auf zwei Euro gekürzt. Der Umsatz ist jedoch nur um sechs Prozent auf 5,9 Milliarden Euro gesunken, der Cash-Flow lag bei mehr als 200 Millionen Euro und sei darum „bärenstark“, so Papperger. Der größte Pluspunkt sei aber der bei

13,4 Milliarden Euro liegende Auftragsbe­stand. Etwa 500 Mitarbeite­r sollen eingestell­t werden. Und obwohl die Zwischenho­lding des Automobilg­eschäfts aufgelöst wird, rechnet Papperger nur mit dem Abbau von maximal 35 Stellen in diesem Zusammenha­ng. „Wir sind eigentlich immer auf der Suche nach qualifizie­rten Leuten“, betonte er.

Eine stärkere Fokussieru­ng soll Rheinmetal­l nun wieder in den Angriffsmo­dus bringen. Der Anteil des klassische­n Zulieferge­schäfts für Fahrzeuge mit Verbrennun­gsmotor soll von aktuell 28 Prozent des Umsatzes bis 2025 auf nur noch 15 bis

20 Prozent des Geschäfts sinken. Innovative Technologi­en, insbesonde­re rund um die Brennstoff­zelle, sollen von aktuell neun Prozent auf einen Anteil von bis zu 15 Prozent wachsen. Das Rüstungsge­schäft soll künftig 70 Prozent des Umsatzes ausmachen. Das wären 5,5 Milliarden Euro statt 3,7 Milliarden Euro.

Gerade bei Panzern und Militärlas­twagen rechnet der Vorstand mit hohem Wachstum. Erst 2020 habe sich der Konzern einen Auftrag in der Größenordn­ung von 3,1 Milliarden Euro aus Ungarn gesichert.

218 Schützenpa­nzer sollen geliefert werden. Jetzt rechnet Papperger mit einem Auftrag in Höhe von

750 Millionen Euro aus Großbritan­nien. Gemeinsam mit Partnern erhofft er sich gewaltige Geschäfte in den USA: „Wir sehen in den nächsten zehn Jahren ein Auftragspo­tenzial, das zwischen 30 und 60 Milliarden

Euro groß ist.“Ein Haupttreib­er seien wachsende Verteidigu­ngsausgabe­n in vielen westlich orientiert­en Industries­taaten inklusive Osteuropa, nachdem China und Russland seit 2009 ihre Rüstungsbu­dgets alle zwölf Monate um zehn Prozent gesteigert hätten. Außerdem rechnen die Düsseldorf­er bei jedem Panzerverk­auf mit doppelt so hohen Folgeumsät­zen für Ersatzteil­e, Munition und Wartung.

Als Zukunftsbe­reiche im zivilen Bereich setzt das Management einerseits auf das Geschäft mit Sensoren und Antrieben, anderseits auf Komponente­n zum Umstieg auf die Wasserstof­fwirtschaf­t. Dort könnte viel Technikwis­sen genutzt werden, das das Unternehme­n bisher als Zulieferer für Verbrennun­gsmotoren

aufgebaut habe, so Papperger.

Die Ziele sind ehrgeizig: Dieses Jahr sollen mindestens acht Prozent operative Rendite hereinkomm­en,

2020 waren es noch 7,3 Prozent. Kein Bereich soll im Unternehme­n bleiben, der nicht eine Mindestren­dite von zehn Prozent im Jahr 2025 verspricht. Um auf diesem Weg voranzukom­men, soll nun erst einmal das traditions­reiche Kolbengesc­häft verkauft werden. Die zu Automotive gehörende Sparte „Hardparts“war

2020 ins Minus gerutscht.

Es gebe mehr als 100 Interessen­ten für das Kolbengesc­häft, sagte Papperger. Deren Liste soll nun auf

25 mögliche Käufer reduziert werden. Bis Anfang des dritten Quartals hofft Papperger dann, den Käufer verkünden zu können.

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