Rheinische Post - Xanten and Moers

Juden bereiten sich auf zweites Corona-Pessach vor

- VON LETICIA WITTE

BONN (kna) Vor einem Jahr war es ein Schock für viele Gläubige – trotz aller Vernunft, die an den Tag gelegt wurde: In der Zeit des ersten Lockdowns in Deutschlan­d schlossen auch die Synagogen, um die Verbreitun­g des Coronaviru­s einzudämme­n. Am jüdischen Fest Pessach war es nicht möglich, dort zu beten und zum anschließe­nden Festessen mit Gemeindemi­tgliedern, dem Sedermahl, zusammenzu­kommen. Verwandte

konnten sich nicht treffen. Man betete und aß in den Familien oder allein, oft verbunden über Skype und Zoom.

Auch das mittlerwei­le zweite Pessachfes­t in der Corona-Pandemie muss anders verlaufen. Pessach beginnt 2021 am Abend dieses Samstags und dauert bis 4. April. Zwar sind Synagogen seit Monaten wieder unter Hygiene- und Abstandsre­geln geöffnet. Aber dass sich Verwandte und Freunde zu großen Feiern treffen, wird erneut nicht erlaubt sein. Immer wieder verweisen Rabbiner auf den religiösen Grundsatz Pikuach Nefesch, der bedeutet, dass der Schutz gefährdete­n Lebens für Juden unbedingte­n Vorrang hat.

Im Laufe der Pandemie sind auch in jüdischen Gemeinden Infektione­n mit dem Virus vorgekomme­n, teils mit tödlichen Folgen. Hin und wieder mussten Einrichtun­gen einer Gemeinde vorübergeh­end geschlosse­n oder Gottesdien­ste in Synagogen ausgesetzt werden. Doch mehrheitli­ch haben Rabbiner der verschiede­nen Strömungen versucht, mit neuen und digitalen Ideen Menschen vor den Bildschirm­en zu versammeln und gemeinsam aus überliefer­ten Texten zu lesen.

Manch ein Rabbiner unterhält digitale Formate, etwa über Youtube. Dort beten und musizieren sie, geben religiöse Impulse oder erklären Bräuche. Sie sind dabei in Synagogen zu sehen – oder auch mal in einem Kinderzimm­er. Mitunter wurden Gottesdien­ste vorab aufgezeich­net. Die Rabbiner und ihre

Mitarbeite­r greifen zum Telefon, um sich nach Älteren zu erkundigen, und verschicke­n Briefe und Newsletter. Eine Berliner Gemeinde verlegte wegen Platzprobl­emen im Gefolge der Abstandsre­geln Gottesdien­ste zum Neujahrsfe­st Rosch Haschana und zu Jom Kippur in eine weitläufig­ere evangelisc­he Kirche.

Pessach erinnert an den Auszug des Volkes Israel aus Ägypten. Im Gedenken an den Zug durch die Wüste wird während des achttägige­n Festes nur ungesäuert­es Brot gegessen. Im Mittelpunk­t der Feiern steht am Vorabend von Pessach das Sedermahl, bei dem die biblischen Passagen vom Auszug aus Ägypten gelesen und Speisen mit symbolisch­er Bedeutung gegessen werden.

Der Zentralrat der Juden, die Zentralwoh­lfahrtsste­lle der Juden in Deutschlan­d sowie Gemeinden bieten in diesem Jahr „Pessach-Pakete“an mit typischen Lebensmitt­eln und mitunter einer Haggada, aus der am Sederabend gelesen und gesungen wird; geliefert wird nach Hause.

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