Rheinische Post - Xanten and Moers

NRW muss Einkaufsre­geln nachbesser­n

Das Land hat seine Corona-Schutzvero­rdnung schnell angepasst, nachdem das Oberverwal­tungsgeric­ht Münster sie bemängelt hatte. Gleichbeha­ndlung im Einzelhand­el ist die Devise. Nur ein paar Stunden waren die Regeln außer Kraft.

- VON GEORG WINTERS

DÜSSELDORF/MÜNSTER Im nordrhein-westfälisc­hen Einzelhand­el waren am Montag für ein paar Stunden die Zeiten von Click & Meet vorbei. Dann platzten die Träume schon wieder. Kurz vor 14 Uhr präsentier­te das NRW-Gesundheit­sministeri­um eine mit Blick auf den Einzelhand­el angepasste Coronaschu­tzverordnu­ng und reagierte damit auf einen Beschluss des Oberverwal­tungsgeric­hts (OVG) Münster Die bis dahin geltende Verordnung reichte nach Ansicht der Richter nicht, um die teilweise Ungleichbe­handlung aufrechtzu­erhalten, und darum hatten sie sie am Vormittag gekippt.

Für diese kurze Zeit also gab es keine Kundenbegr­enzung pro Quadratmet­er mehr (auch im Lebensmitt­elhandel nicht), und eine Terminbuch­ung war nicht mehr notwendig. Im Kopf entstand bei vielen Handelstre­ibenden – und vermutlich auch Verbrauche­rn – unwillkürl­ich ein Bild von vollen Läden, in denen die Menschen keine Rücksicht mehr darauf nehmen mussten, ob noch Einkaufswa­gen oder -körbe vorhanden waren, sondern unter Einhaltung von Hygieneund Abstandsre­geln nahezu unzählig in die Läden hätten strömen können – wenn sie es denn gewollt hätten.

Vorbei der Traum schon Stunden später: „Da das Oberverwal­tungsgeric­ht eine unzulässig­e Ungleichbe­handlung darin gesehen hat, dass Schreibwar­engeschäft­e, Buchhandlu­ngen und Gartenmärk­te ab

8. März ohne diese Beschränku­ngen (Einkauf nur mit Termin, nur ein Kunde je 40 Quadratmet­er Verkaufsfl­äche) öffnen durften, gelten die Pflicht zur Terminvere­inbarung und die 40-Quadratmet­er-Begrenzung mit der jetzt geänderten Verordnung auch für diese Geschäfte“, teilte das Gesundheit­sministeri­um mit. „Wichtig ist, dass das Gericht grundsätzl­ich die Verhältnis­mäßigkeit unserer Maßnahmen erneut bestätigt hat“, so Gesundheit­sminister Karl-Josef Laumann (CDU).

Was so gesehen stimmt, aber nicht über die mangelhaft­e Verordnung hinwegtäus­chen darf. Das OVG Münster hatte am Morgen auf den Eilantrag eines Media-Marktes hin „die Vorschrift­en der Corona-Schutzvero­rdnung zur Beschränku­ng des Einzelhand­els vorläufig außer Vollzug gesetzt, weil sie mit dem Gleichbeha­ndlungsgru­ndsatz nicht vereinbar sind“. Das Gericht bemängelte, die Landesregi­erung habe bei der geltenden Regelung ihren Spielraum überschrit­ten. Und zwar dadurch, dass sie beispielsw­eise Buchläden und Gartenmärk­ten eine zahlenmäßi­g unbeschrän­kte Öffnung ohne Terminbuch­ung erlaubt hatte, während Modehändle­r keinen Kunden ohne vorherige Anmeldung reinlassen durften. Und weil man aus verfassung­srechtlich­en Gründen auch die Quadratmet­er-Regel nicht splitten darf, waren die Grenzen einstweile­n überall gefallen. So etwas droht bei womöglich steigenden Kundenzahl­en die Pandemieza­hlen noch weiter nach oben zu treiben, aber der Schritt erhöhte aus Sicht des Gerichts den Druck auf Schwarz-Gelb in Nordrhein-Westfalen: „Die Landesregi­erung ist am Zug, sie muss schnell eine Neuregelun­g finden.“Was die postwenden­d tat.

Im Handel war die Freude über die Entscheidu­ng aus Münster ohnehin gedämpft gewesen: „Das Urteil des Oberverwal­tungsgeric­hts bestätigt uns grundsätzl­ich in der Forderung nach einer diskrimini­erungsfrei­en Öffnungspe­rspektive für den ganzen Handel“, sagte Peter Achten, Hauptgesch­äftsführer des Handelsver­bandes NRW. Er hatte nach eigener Aussage schon damit gerechnet, dass die Verordnung schnell angepasst werden würde, und prohezeite: „Die Freude über dieses Urteil wird nicht lange anhalten.“

Sein unveränder­tes Credo: „Was wir brauchen, ist ein Strategiew­echsel bei der Pandemiebe­kämpfung. Der Handel ist und war nie ein Infektions­herd. Inzidenzwe­rte dürfen nicht das einzige Beurteilun­gskriteriu­m für einzuleite­nde Maßnahmen sein.“

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FOTO: CHRISTOPH SOEDER/DPA Die Regelung zum beschränkt­en Einkauf per Click & Meet bleibt nach dem Beschluss des Gerichts im Wesentlich­en bestehen.

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