Rheinische Post - Xanten and Moers
Preise steigen, aber Zinsen bleiben unten
Die Bundesbank sagt zwar für den Jahresverlauf eine Inflationsrate von bis zu drei Prozent voraus. Doch die Europäische Zentralbank dürfte ihre Zinspolitik kaum ändern. Für Sparer verheißt das nichts Gutes.
DÜSSELDORF Seit Jahren wartet der deutsche Traditionssparer darauf, dass er für seine Geldanlage auf einem Fest- oder Tagesgeldkonto wieder einen Ertrag sieht, der diese Bezeichnung auch rechtfertigt. Seit Jahren muss er sich stattdessen mit Nullzinsen herumschlagen, mitunter sogar Strafzinsen auf sein Erspartes zahlen, wenn er zu den risikoscheuen Menschen gehört, die sich nicht an Investments in Aktien oder Immobilien herantrauen. Jetzt spüren die Verbraucher eine teils deutliche Preissteigerung. Die ist bedingt dadurch, dass die Konjunktur anzieht, dass Rohöl wieder mehr kostet und das Benzin an den Tankstellen verteuert, dass die zwischenzeitlich gesenkte Mehrwertsteuer Vergangenheit ist. Die sich daraus ergebende Frage heißt: Steigen dann auch die Zinsen wieder?
Zunächst gilt: Die Bundesbank erwartet, dass die Inflation wegen der höheren Rohölpreise in den nächsten Monaten anziehen wird. „Aus heutiger Sicht könnte sie zum Jahresende zeitweise drei Prozent deutlich überschreiten“, heißt es im jüngsten Monatsbericht der Bundesbank. Und wenn in einer sich erholenden Konjunktur die Menschen mehr konsumieren und Unternehmen stärker investieren, wächst die Wirtschaft, und die Preise steigen. Zwei Prozent sind das Ziel der Europäischen Zentralbank (EZB), und das liegt deutlich unter der Bundesbank-Prognose.
Solchen Entwicklungen könnte die EZB dadurch begegnen, dass sie die Zinsen erhöht, Kredite damit verteuert, Überhitzungserscheinungen am Aktien- und am Immobilienmarkt verhindert und den realen Wert des Geldvermögens der Sparer nicht weiter sinken lässt. Wird sie das tun?
Kaum. Die logische Reaktion haben die Währungshüter auf absehbare Zeit ausgeschlossen. Ein Zinsanstieg hätte derzeit „verheerende
Auswirkungen“, sagte Isabel Schnabel, Mitglied des Direktoriums der EZB.
Die Angst der Währungshüter ist groß, die Konjunktur wieder abzuwürgen, gleich nachdem sie sich einigermaßen von den Folgen de Pandemie erholt hätte. Zumal derzeit niemand sagen kann, wie sich die Zahl der Firmenpleiten entwickeln wird, wenn erst einmal die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht aufgehoben ist. Das wird Ende April der Fall sein, und danach werden viele ökonomische Folgen der weltweiten Pandemie noch sichtbarer werden.
Damit befinden sich die Zentralbanker aber in einem Dilemma: Einerseits müssen die Zinsen niedrig bleiben, damit die Wirtschaft in der Euro-Zone nach der Corona-Krise wieder auf die Beine kommt. Andererseits sorgen bei steigenden Preisen gleichbleibend niedrige Zinsen dafür, dass das Realvermögen der Sparer immer mehr abnimmt.
Gleichzeitig muss die Notenbank auch um jeden Preis vermeiden, dass die Aktienkurse zurückgehen. Genau das ist zwischenzeitlich passiert, nachdem an den Finanzmärkten wegen der anziehenden Inflation auf steigende Zinsen spekuliert worden war. Die machen Anleihen wieder attraktiver und Aktien weniger attraktiv (weil beispielsweise die Kreditkosten für die Firmen steigen). Einen Kurseinbruch an den Aktienmärkten, so die einhellige Meinung der Experten, kann Europas Wirtschaft aber jetzt ganz und gar nicht gebrauchen.
Für Sparer bedeutet das nichts Gutes: Eine Zinswende ist immer noch weit entfernt. Dagegen könnten die Bauzinsen in den kommenden Monaten steigen – wenn auch moderat. Sie hängen nämlich an den Konditionen für zehnjährige Anleihen, und die sind zuletzt gestiegen. Aber selbst bei einer leichten Steigerung sind Baukredite immer noch extrem günstig.