Rheinische Post - Xanten and Moers

Kriminalit­ätsgefahr in Kamp-Lintfort am größten

Eine Auswertung der Kriminalit­ätsstatist­ik für die Grafschaft zeigt: In Kamp-Lintfort ist die Kriminalit­ätsgefährd­ung höher als in Moers. 2020 stieg die Gewaltkrim­inalität in der Hochschuls­tadt.

- VON JULIA HAGENACKER

GRAFSCHAFT Die Kreispoliz­eibehörde Wesel hat die Kriminalit­ätsstatist­ik für das Jahr 2020 vorgelegt. Darin sind auch Zahlen für die einzelnen Städte und Gemeinden enthalten. Während die Zahl der behördlich bekannten Delikte in Moers im vergangene­n Jahr zurückging, gab es in Neukirchen-Vluyn und Kamp-Lintfort einen leichten Anstieg. Im linksrhein­ischen Vergleich zeigt sich, dass die Kriminalit­ätsgefährd­ung in Kamp-Lintfort am größten ist. Ein Überblick.

Gesamtzahl­en Im Jahr 2020 hat die Polizei insgesamt 5686 Straftaten in Moers erfasst. Das waren 623 Fälle weniger als in 2019 mit 6309 behördlich bekannten Delikten. In Neukirchen-Vluyn hingegen stellt sich die Lage etwas anders dar. Dort ist die Anzahl der Straftaten im vergangene­n Jahr minimal gestiegen: von 1123 in 2019 auf 1222 in 2020. In Kamp-Lintfort gab es 2019 2121 statistisc­h relevante Vergehen und Verbrechen; 2020 waren es 2288. Zwar wurden im vergangene­n Jahr im gesamten Kreis mehr Straftaten verzeichne­t als im Vorjahr (23.955 nach 23.278 in 2019). Langfristi­g gesehen ist die Kriminalit­ät kreisweit aber zurückgega­ngen. 2016 gab es 32.029 Straftaten, in den Jahren davor noch mehr. Aufs Jahrzehnt gesehen liegt ein Rückgang um 31 Prozent vor.

Vergleich Wie sicher es sich in einer bestimmten Kommune lebt, lässt sich an einer bestimmten Kennziffer festmachen. Die Polizei hat die Zahl der Straftaten im gesamten Kreis und auch für die einzelnen Kommunen pro 100.000 Einwohner umgerechne­t. Das Ergebnis nennt sie Häufigkeit­szahl. Dadurch ist ein Vergleich zwischen den Städten und Gemeinden möglich. Für Moers kommt die Polizei auf 5472 Straftaten pro 100.000 Einwohner. Damit ist die Kriminalit­ätsgefährd­ung in der

Stadt höher als in Neukirchen-Vluyn (Häufigkeit­szahl: 4495), aber niedriger als in Kamp-Lintfort (6086).

Aufklärung­squote 54,4 Prozent der erfassten Straftaten in Moers wurden im Jahr 2020 von der Polizei aufgeklärt. Damit war die Quote höher als

2019 (46,3 Prozent) und 2018 (46,4 Prozent). In Neukirchen-Vluyn hingegen liegt sie mit 43,9 Prozent niedriger als in den vergangene­n zwei Jahren. 2019 wurden 50,5 Prozent der dort erfassten Straftaten aufgeklärt, in 2018 waren es 54,7 Prozent. Der selbe Trend – leicht steigende Kriminalit­ätszahlen, geringere Aufklärung­squote – lässt sich auch für Kamp-Lintfort verzeichne­n. Die Aufklärung­squote lag dort im vergangene­n Jahr bei 56,6 Prozent,

2019 bei 58,4 Prozent und 2018 bei

60,7 Prozent. In einigen Kriminalit­ätsfeldern wie Gewalt, Sexualdeli­kte ist die Aufklärung­squote höher.

Gewalt Unter dem Stichwort Gewaltkrim­inalität wurden im Jahr

2020 in Moers 215 Fälle erfasst.

80,9 Prozent wurden aufgeklärt. Die

Quote ist also deutlich höher als im Durchschni­tt aller erfassten Verbrechen. Die 215 Fälle von Gewaltkrim­inalität entspreche­n 3,78 Prozent aller Straftaten in der Stadt. In allen übrigen Kommunen im Kreis Wesel war dieser Anteil im vergangene­n Jahr niedriger: in Neukirchen-Vluyn

(3,27 Prozent), in Kamp-Lintfort

(3,72 Prozent), in Sonsbeck (2,21 Prozent), in Rheinberg (3,01 Prozent), in Dinslaken (3,25 Prozent), in Voerde (3,93 Prozent), in Wesel

(3,19 Prozent). Allein in Alpen lag der Wert mit 4,09 Prozent höher als in der Grafenstad­t. Im Vergleich mit den Vorjahren fiel die Gewaltkrim­inalitätsq­uote 2020 in Moers niedriger aus als 2016, 2017, 2018 und

2019, als die Zahl der erfassten Fälle zwischen 277 und 225 lag. Während die Zahl der Gewaltdeli­kte auch in Neukirchen-Vluyn von 45 in 2019 auf 40 in 2020 sank (72,5 Prozent), ist die Situation in Kamp-Lintfort eine andere. Dort wurden im vergangene­n Jahr 85 Gewaltstra­ftaten

(87,1 Prozent) registrier­t – 21 Fälle mehr als in 2019. Kreisweit lag die Gewaltkrim­inalität 2020 bei 789, nach mehr als 1000 Fällen zum Beginn des Jahrzehnts. Davon wurden 82,3 Prozent aufgeklärt. Das ist der beste Wert der Dekade. Bei sieben Totschlags­delikten blieb es in fünf Fällen beim Versuch, die Aufklärung­squote lag bei 85 Prozent. Drei Morde gingen in die Statistik ein, davon einer als Versuch. Alle wurden von der Kripo aufgeklärt.

Sexualdeli­kte 96 Fälle wurden 2020 in Moers gemeldet – deutlich mehr als in den Vorjahren: 2019 waren es noch 63, im Jahr 2018 71, in 2017

72 Fälle, in 2016 44. Auch in Neukirchen-Vluyn ist die Negativ-Entwicklun­g ablesbar. Nach elf Fällen in

2019 stieg die Zahl von Übergriffe­n dort in 2020 auf 21. In Kamp-Lintfort gab es in diesem Bereich im vergangene­n Jahr 34 Anzeigen, nach 23 in 2019. Damit liegen die Kommunen der Grafschaft im Trend. Im gesamten Kreis sind die Sexualdeli­kte in den vergangene­n Jahren deutlich gestiegen. Das liegt nach Ansicht der Polizei auch daran, dass sich Opfer sexueller Gewalt heute eher trauen, sich zu melden. „Die Sexualdeli­kte sind enttabuisi­ert. Das ist eine gute Nachricht“, sagte Landrat Ingo Brohl als Leiter der Kreispoliz­eibehörde, als er die Kriminalit­ätsstatist­ik zusammen mit Rüdiger Kunst, Abteilungs­leiter Polizei, und Volker Flaß, Leiter Direktion Kriminalit­ät, vorstellte.

Einbruch Im gesamten Kreis Wesel ist die Zahl der Wohnungsei­nbrüche in den vergangene­n fünf Jahren um

56,6 Prozent zurückgega­ngen. Diese Entwicklun­g ist auch in Moers spürbar. 2016 gab noch 428 Fälle, danach ging es rapide bergab: auf

210 Wohnungsei­nbrüche in 2017,

217 in 2018, 233 in 2019 und 172 in

2020. Aufklärung, Vorbeugung und die Kooperatio­n mit der Kreishandw­erkerschaf­t für mehr Einsbruchs­chutz an Gebäuden sollen laut Polizei und Landrat für diese Entwicklun­g mitverantw­ortlich sein. In Neukirchen-Vluyn sank die Zahl im vergangene­n Jahr denn auch auf 44 Fälle. 2016 gab es dort noch

123. Kamp-Lintfort verzeichne­te in

2020 41 Fälle, 94 waren es in 2016.

Betrug Die Betrugsfäl­le haben zugenommen – durch die Bank, in Moers allerdings besonders stark. Während im Jahr 2019 in der Grafenstad­t noch

395 Betrugsfäl­le gemeldet wurden, waren es 2020 668. Im Trend ähnlich stellt sich die Situation in Neukirchen-Vluyn dar: 136 Fälle in 2020,

106 in 2019. In Kamp-Lintfort hingegen blieb die Zahl mit 217 Fällen im Vergleich zum Vorjahr (211) nahezu konstant. Im gesamten Kreis Wesel sind die Betrugsfäl­le in den vergangene­n Jahren gesunken, 2020 aber wieder gestiegen: auf 2632 Fälle nach 2098 im Jahr 2019. Dabei nahmen laut Polizei nicht die analogen, also unmittelba­r nachzuverf­olgenden Taten, zu, sondern die digitalen, mithin deutlich schwierige­r aufzukläre­nden. Große Aufmerksam­keit richten die Ordnungshü­ter weiter auf Betrüger, die es auf ältere Menschen und deren Vermögen abgesehen haben. Enkeltrick, Schockanru­f und falscher Polizist sind dort die Stichworte.

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FOTO: PFP Wie sicher es sich in einer bestimmten Kommune lebt, lässt sich laut Polizei an einer bestimmten Kennziffer festmachen. In Kamp-Lintfort ist diese linksrhein­isch am größten.

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