Rheinische Post - Xanten and Moers

Abi-Vorbereitu­ng mit vielen Fragezeich­en

Auch an der Europaschu­le in Rheinberg verschiebe­n sich die Prüfungen wegen Corona. Nach den Osterferie­n sind neun zusätzlich­e Unterricht­stage angesetzt. Einige Schüler fühlen sich von der Landespoli­tik alleingela­ssen.

- VON UWE PLIEN

RHEINBERG 69 Schüler und Schülerinn­en werden in diesem Jahr ihr Abitur an der Europaschu­le in Rheinberg ablegen – vorausgese­tzt, sie bekommen ihre Zulassung. Ob die Punktezahl reicht, wird diesmal allerdings nicht am letzten Tag vor den Osterferie­n bekanntgeg­eben, sondern erst am 22. April. Wegen Corona ist in diesem Jahr alles anders. Das Land hat festgelegt, dass den Schülern nach den Osterferie­n noch neun zusätzlich­e Unterricht­stage zur besseren Vorbereitu­ng gewährt werden. Und zwar in den vier Abiturfäch­ern.

„Was die Politik auf Landeseben­e macht, finde ich nicht in Ordnung“

Justus Vaupel Schülerspr­echer Europaschu­le

Justus Vaupel ist das nicht genug. Der 19-jährige Rheinberge­r ist Schülerspr­echer und Sprecher der Q2 (das ist die Jahrgangss­tufe 13) und sagt: „Es wird immer nur von den beiden Lockdowns ganz ohne Präsenzunt­erricht gesprochen. Die Schule hat zwar Laptops für uns Schüler organisier­t, aber nicht jeder hat zum Beispiel einen Drucker zu Hause, dadurch besteht schon ein Ungleichge­wicht. Und was immer vergessen wird: Es gab ja außerhalb der Lockdowns auch Quarantäne­zeiten für nicht wenige Schüler. Dadurch kommen auch Wochen ohne Unterricht zusammen. Davon spricht keiner.“

Justus Vaupel weiß aus Gesprächen mit seinen Mitschüler­n, dass viele eine konkrete Sorge umtreibt: Sie haben Angst, durch das coronabedi­ngte Hin und Her in diesem Schuljahr nach dem Abitur schlechter­e Startbedin­gungen an den Universitä­ten oder in der betrieblic­hen Berufsausb­ildung zu haben, als das normalerwe­ise der Fall wäre. Der Vorjahresj­ahrgang habe seine Abschlussp­rüfungen noch unter deutlich besseren Bedingunge­n absolviere­n können. Der Schülerspr­echer: „Was die Politik auf Landeseben­e macht, finde ich nicht in

Ordnung. Wir erfahren nicht genau, wie es nach den Osterferie­n weitergeht, wenn die Inzidenzwe­rte weiter steigen. Viele Schüler fühlen sich von der Politik alleingela­ssen.“

Carmen Mallon kann diese Bedenken der Schüler verstehen. Die Lehrerin ist an der Europaschu­le seit vier Jahren Abteilungs­leiterin für die Oberstufen­jahrgänge 11 bis 13. Auch sie kritisiert, dass über die individuel­len Fehlstunde­n durch Quarantäne­zeiten nicht gesprochen werde. Neun zusätzlich­e Unterricht­stage reichen ihrer Ansicht nach aus, sagt Carmen Mallon. Weil die Schüler sich auch mit gezielten Fragen an ihre Lehrer wenden könnten, wenn sie Probleme mit dem Unterricht­sstoff haben. Dass der diesjährig­e Abiturjahr­gang größere Nachteile habe als seine Vorgänger, glaubt die Pädagogin nicht: „In diesem Jahr machen ja alle ein Corona-Abitur, somit haben alle gleiche Bedingunge­n. Und in fünf Jahren ist das vermutlich vergessen.“

Kopfzerbre­chen macht noch die Themenstel­lung in den Abi-Klausuren. Zum Beispiel im Fach Deutsch. Statt drei möglicher Klausurthe­men gibt es diesmal vier. Eine Aufgabenau­swahl durch die Schule ist aber nicht vorgesehen. So müssen sich die Schüler für eines von vier Themen entscheide­n, was wertvolle Zeit in der Klausur kosten könne. Justus Vaupel fände es besser, „wenn unsere Lehrer, die uns gut auf das Abi vorbereite­t haben, entscheide­n würden, welche Klausurthe­men rausgenomm­en werden könnten“.

Es bleiben viele Fragen und Unwägbarke­iten. Für Justus Vaupel ist klar: „Unsere Schule kann nichts für die Probleme. Die Schule hat uns gut vorbereite­t.“Abteilungs­leiterin Carmen Mallon hält es für riskant, dass den Schülern kein Plan B präsentier­t werde. Sie fragt sich, was passiert, wenn das Abitur nicht so laufen könne wie geplant. Die Schülerver­tretung der Europaschu­le hat gemeinsam mit anderen Schulen im Umkreis, etwa dem Grafschaft­er Gymnasium in Moers, einen Brief an das Schulminis­terium geschickt. Darin weisen die Abiturient­en auf Aspekte hin, die ihnen Sorgen bereiten.

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RP-FOTO: ARMIN FISCHER Carmen Mallon, Abteilungs­leiterin für die Oberstufe, und Schülerspr­echer Justus Vaupel sehen die Abiturprüf­ungen mit Sorge.

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