Rheinische Post - Xanten and Moers
Betrüger auf der Autobahn
2020 haben falsche Polizisten in NRW mehr als 13 Millionen Euro Beute gemacht. Sie bringen nicht nur am Telefon Menschen um ihr Geld, sondern auch auf den Straßen.
DÜSSELDORF Ein grauer Alfa-Romeo setzt sich am vergangenen Sonntag auf der A 1 in Richtung Koblenz vor einen Lieferwagen aus Rumänien. Der 29 Jahre alte Fahrer reagiert auf die Zeichen des Autofahrers, ihm auf eine Landstraße bei Hürth zu folgen, und stoppt dort hinter dem Alfa Romeo. Fahrer und Beifahrer steigen aus und stellen sich dem Sprinter-Fahrer als Polizisten vor. Einer von ihnen lässt sich Papiere und Bargeld geben und geht damit zurück zum Auto, weil er das Geld auf Echtheit überprüfen müsse. Der 29-Jährige wird misstrauisch und folgt den vermeintlichen Zivilbeamten zu ihrem Wagen. Da zieht einer von ihnen eine Pistole und zwingt ihn, zu seinem Lieferwagen zurückzugehen. Die Täter flüchten zurück in Richtung Autobahn.
Kriminelle, die sich als Polizisten ausgeben, beschäftigen die Polizei schon lange – vor allem im Zusammenhang mit dem Betrug an älteren Menschen. Die Täter bedrängen Senioren in den meisten Fällen telefonisch und geben beispielsweise vor, sie vor Einbrechern schützen und daher Schmuck und Bargeld verwahren zu wollen. Es gibt Variationen wie den Enkeltrick, bei dem sie sich als Verwandter ausgeben, der in Not ist.
Die Autobahn-Masche ist erst vor etwa zwei Jahren bekannt geworden. Die Täter suchen nach Angaben der Ermittler gezielt Fahrzeuge mit ausländischen Kennzeichen und täuschen eine Falschgeld- oder Drogenkontrolle vor. Sie zeigen oft
Ein Tscheche fiel auf der A 4 auf die Masche herein und übergab den Betrügern mehrere Tausend Euro
falsche Polizeiausweise vor, nachdem sie ihre Opfer mit einer Kelle von der Autobahn gelotst haben.
Am 13. März fiel ein tschechischer Autofahrer auf der A 4 bei Kerpen auf die Masche herein und übergab den Betrügern mehrere Tausend Euro. Vier Wochen vorher traf es einen Mann aus Russland auf der A 3 bei Königswinter mit einer ähnlich hohen Summe. Die Fahndungen liefen ins Leere. Die Präventionsarbeit ist für die Polizei auch deshalb schwierig, weil die Betrüger sich gezielt ausländische Fahrzeuge suchen – viele sind auf der Durchreise und wissen nicht, wie eine Polizeikontrolle hierzulande normalerweise abläuft. „Im Zweifel sollte man immer die
110 wählen und sich vergewissern, dass alles seine Ordnung hat“, sagt ein Sprecher der Kölner Polizei. „Das Problem ist für uns, die Zielgruppe mit Warnhinweisen zu erreichen.“In den vergangenen Jahren waren auch Spargelstecher aus Osteuropa unter den Opfern, die nach wochenlanger Arbeit auf den Feldern auf dem Heimweg waren.
Der Schaden, der durch Täter entsteht, die in der Kriminalstatistik als „falsche Amtsträger“auftauchen, ist enorm. Die Gesamtsumme stieg von
12.149.545 Euro im Jahr 2019 auf
13.440.541 Euro im Jahr 2020, wie das Landeskriminalamt (LKA) NRW mitteilt. Landesweit zählte die Polizei 608 Taten, 116 mehr als im Vorjahr. Die Aufklärungsquote liegt unter 20 Prozent. Die Täter haben es als international vernetzte Banden fast nur auf Senioren abgesehen. Die Polizei konnte vergangenes Jahr