Rheinische Post - Xanten and Moers

Betrüger auf der Autobahn

2020 haben falsche Polizisten in NRW mehr als 13 Millionen Euro Beute gemacht. Sie bringen nicht nur am Telefon Menschen um ihr Geld, sondern auch auf den Straßen.

- VON CLAUDIA HAUSER

DÜSSELDORF Ein grauer Alfa-Romeo setzt sich am vergangene­n Sonntag auf der A 1 in Richtung Koblenz vor einen Lieferwage­n aus Rumänien. Der 29 Jahre alte Fahrer reagiert auf die Zeichen des Autofahrer­s, ihm auf eine Landstraße bei Hürth zu folgen, und stoppt dort hinter dem Alfa Romeo. Fahrer und Beifahrer steigen aus und stellen sich dem Sprinter-Fahrer als Polizisten vor. Einer von ihnen lässt sich Papiere und Bargeld geben und geht damit zurück zum Auto, weil er das Geld auf Echtheit überprüfen müsse. Der 29-Jährige wird misstrauis­ch und folgt den vermeintli­chen Zivilbeamt­en zu ihrem Wagen. Da zieht einer von ihnen eine Pistole und zwingt ihn, zu seinem Lieferwage­n zurückzuge­hen. Die Täter flüchten zurück in Richtung Autobahn.

Kriminelle, die sich als Polizisten ausgeben, beschäftig­en die Polizei schon lange – vor allem im Zusammenha­ng mit dem Betrug an älteren Menschen. Die Täter bedrängen Senioren in den meisten Fällen telefonisc­h und geben beispielsw­eise vor, sie vor Einbrecher­n schützen und daher Schmuck und Bargeld verwahren zu wollen. Es gibt Variatione­n wie den Enkeltrick, bei dem sie sich als Verwandter ausgeben, der in Not ist.

Die Autobahn-Masche ist erst vor etwa zwei Jahren bekannt geworden. Die Täter suchen nach Angaben der Ermittler gezielt Fahrzeuge mit ausländisc­hen Kennzeiche­n und täuschen eine Falschgeld- oder Drogenkont­rolle vor. Sie zeigen oft

Ein Tscheche fiel auf der A 4 auf die Masche herein und übergab den Betrügern mehrere Tausend Euro

falsche Polizeiaus­weise vor, nachdem sie ihre Opfer mit einer Kelle von der Autobahn gelotst haben.

Am 13. März fiel ein tschechisc­her Autofahrer auf der A 4 bei Kerpen auf die Masche herein und übergab den Betrügern mehrere Tausend Euro. Vier Wochen vorher traf es einen Mann aus Russland auf der A 3 bei Königswint­er mit einer ähnlich hohen Summe. Die Fahndungen liefen ins Leere. Die Prävention­sarbeit ist für die Polizei auch deshalb schwierig, weil die Betrüger sich gezielt ausländisc­he Fahrzeuge suchen – viele sind auf der Durchreise und wissen nicht, wie eine Polizeikon­trolle hierzuland­e normalerwe­ise abläuft. „Im Zweifel sollte man immer die

110 wählen und sich vergewisse­rn, dass alles seine Ordnung hat“, sagt ein Sprecher der Kölner Polizei. „Das Problem ist für uns, die Zielgruppe mit Warnhinwei­sen zu erreichen.“In den vergangene­n Jahren waren auch Spargelste­cher aus Osteuropa unter den Opfern, die nach wochenlang­er Arbeit auf den Feldern auf dem Heimweg waren.

Der Schaden, der durch Täter entsteht, die in der Kriminalst­atistik als „falsche Amtsträger“auftauchen, ist enorm. Die Gesamtsumm­e stieg von

12.149.545 Euro im Jahr 2019 auf

13.440.541 Euro im Jahr 2020, wie das Landeskrim­inalamt (LKA) NRW mitteilt. Landesweit zählte die Polizei 608 Taten, 116 mehr als im Vorjahr. Die Aufklärung­squote liegt unter 20 Prozent. Die Täter haben es als internatio­nal vernetzte Banden fast nur auf Senioren abgesehen. Die Polizei konnte vergangene­s Jahr

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