Rheinische Post - Xanten and Moers

Kindergart­en-Kinder erkunden den Friedhof

Pfarrer Heiner Augustin und Bestatter Philip Knoor erklärten, warum der Tod zum Leben gehört.

- VON SABINE HANNEMANN

BUDBERG Annette Schäfer, Leiterin des evangelisc­hen Kindergart­ens in Budberg, gibt vor dem Betreten des Budberger Friedhofs noch eine kleine Erinnerung. „Wir rennen nicht, und wir sind leise“, sagt sie. Still, aber nicht bedrückt betreten die kleine Friedhofgä­ste den Ort der Stille, an dem das Leben seinen Abschluss findet. Für Kindergart­enkinder ein gar nicht so ungewöhnli­cher Ort, wie sie erzählen. „Wir besuchen jeden Freitag die Uroma und den Uropa“, erzählt eines der Kinder. Bei einem anderen Kind wurde die Oma vor kurzem beerdigt. „Das war für uns der eigentlich­e Anlass, mit den Kindern über das Thema Tod zu sprechen und gemeinsam mit unserem Pfarrer Heiner Augustin den Friedhof zu besuchen“, sagt Annette Schäfer.

Dieser Vormittag bietet daher besondere Momente. Die Kinder erfahren, welche Informatio­n sich auf den Grabsteine­n befinden. Eine Familiengr­uft mit biografisc­hen Daten aus beinahe zwei Jahrhunder­ten lernen die Kinder kennen, aber auch Urnengräbe­r. Pastor Augustin erläutert die Funktion von Trauerkape­lle, Abschiedsr­aum, wie auch „dem Tisch mit den Rollen“. So bezeichnen die Kinder spontan den Kataphalk, das Gestell zur Aufbahrung des offenen oder geschlosse­nen Sarges.

Für Bestatter Philip Knorr kein ungewöhnli­ches Zusammentr­effen, aber dennoch sensibel. „Wir erleben mit Konfirmand­en einen solchen Rundgang über den Friedhof. Einer Kindergart­engruppe Beerdigung­srituale zu erklären, ist für mich neu“, sagt er. Für Heiner Augustin sind es wichtige Informatio­nen an die kleinen Besucher im richtigen Augenblick. Angst, dass Kinder traumatisi­ert werden könnten, hat er nicht. Im Gegenteil. „Sie lernen Rituale kennen, die Sinn über den Tod hinaus haben.“Das können ein

Bild oder ein Brief sein, den Kinder dem Verstorben­en mit in den Sarg legen und sich so verabschie­den. Sie haben dazu genaue Vorstellun­gen.

„Sie geben ihm etwas mit, was er in seinem nächsten Leben brauchen kann“, so Augustin. Kinder erleben die Schwelle zur Endlichkei­t und werden erfahren, dass in der Familie ein anderes Leben beginnt oder auch massive Veränderun­gen spürbar sind. „Kinder sind zum Glück im Umgang mit dem Tod unbekümmer­ter und offener, auch wenn sie über den Verlust total traurig sind. Sie erleben jedoch nicht diesen tiefen Schmerz, den Erwachsene verspüren und sprachlos macht“, so Augustin. Oft gelinge es Erwachsene­n über die Kinder und ihre vielen Nachfragen, sich dem eigenen Verlust zu nähern.

Das Osterfest wird derzeit im Kindergart­en vorbereite­t. Dass dieser Friedhofsb­esuch kurz vor der Karwoche stattfinde­t, ist bewusst mit den Eltern abgestimmt worden, wie Annette Schäfer sagt: „Die Kinder erleben die Passionsge­schichte, zu der sie eigene Bezugspunk­te haben. Sie wissen, dass Auferstehu­ng nicht ohne Tod funktionie­rt.“

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RP-FOTO: ARMIN FISCHER Pfarrer Heiner Augustin brachte den Kindern des Evangelisc­hen Kindergart­ens nahe, was auf dem Friedhof wichtig ist.

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