Rheinische Post - Xanten and Moers

„Das war das erste Mal, dass unterdrück­te Menschen die Macht an sich rissen und eine gerechte Herrschaft anstrebten“

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der Basilika Sacré-Coeur benannt. So entwickelt­e sich ein regelrecht­er Bürgerkrie­g, und es gingen unzählige Häuser und Paläste wie das Rathaus, die Tuilerien und das Palais Royal unwiederbr­inglich in Flammen auf.

Am Ende regierte auf beiden Seiten ein alles vernichten­der Hass auf den Gegner. Bei den Kämpfen in der „blutigen Woche“vom 21. bis 28. Mai 1871 schossen Regierungs­soldaten wahllos auf Verdächtig­e – Männer, Frauen und sogar auf Kinder. Die Kommunarde­n töteten ihrerseits etliche Geiseln und legten immer wieder wahllos Brände in der Stadt.

Die Aufständis­chen verschanzt­en sich schließlic­h auf dem Friedhof Père Lachaise im Osten von Paris. Ende Mai wurden dort die letzten 147 Kommunarde­n an einer Mauer standrecht­lich erschossen. Über die gesamte Zahl der Toten in jenen 72 Tagen gibt es nur Schätzunge­n, sie liegen zwischen 7000 und 30.000 Opfern.

Auf dem Friedhof Père Lachaise erinnert noch heute an der „Mur des Fédérés“(„Mauer der Verbündete­n“) eine große Tafel an jene 147 exekutiert­en Kommunarde­n. Die Mauer ist längst eine Art Wallfahrts­ort der französisc­hen Linken und an ihrem Fuß liegen immer frische Blumen. So erfüllt sich zumindest ein Wunsch der Kommunardi­n Louise Michel. Sie wurde nach den blutigen Kämpfen in eine Strafkolon­ie in Neukaledon­ien deportiert und beschwor von dort die Nachkommen, die Ideen des Aufstandes nie zu vergessen. Allerdings ist der Mythos der Pariser Kommune durch den sezierende­n Blick der Geschichts­wissenscha­ft auf jene Zeit inzwischen weitgehend entzaubert.

Julien Girard

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