Rheinische Post - Xanten and Moers

Impfzentru­m für einen Tag

In der Einrichtun­g der Caritas Wohn- und Werkstätte­n in Rheinberg sind am Mittwoch insgesamt 330 Menschen geimpft worden – behinderte Beschäftig­te und deren Betreuer. Alles lief wie am Schnürchen.

- VON UWE PLIEN

RHEINBERG Gute Vorbereitu­ng ist alles. Was das angeht, haben der technische Leiter Michael Zimmer, Bettina Lamers aus dem Betriebsbü­ro und Yvonne Evers vom Sozialen Dienst ganze Arbeit geleistet. Sie haben dafür gesorgt, dass sich die Werkstatt der Caritas Wohn- und Werkstätte­n Niederrhei­n (CWWN) am Nordring in Rheinberg für einen Tag in ein Impfzentru­m verwandelt. Rund 330 beschäftig­te Mitarbeite­r (das sind Menschen mit überwiegen­d geistigen Behinderun­gen) und angestellt­e Mitarbeite­r (das sind Betreuer, Gruppenlei­ter etc.) werden

„Bei der Anlieferun­g des Moderna-Impfstoffs ging es zu wie

bei einem Goldtransp­ort. Alles streng geheim“

Wolfram Teschner Geschäftsf­ührer CWWN

am Mittwoch in der Einrichtun­g erstmals geimpft. Und die Aktion läuft wie am Schnürchen, von mittags bis zum frühen Abend. Rund 60 Frauen und Männer bekommen pro Stunde ihre Spritze gegen Corona.

„Moderna“, sagt CWWN-Geschäftsf­ührer Wolfram Teschner und man kann förmlich spüren, wie er beim Ausspreche­n des Wortes erleichter­t aufatmet, so als wollte er sagen: „Zum Glück kein Astrazenec­a“. Teschner: „Die Diskussion um den Impfstoff bleibt uns zum Glück erspart.“Astrazenec­a war in die Schlagzeil­en geraten und wird jetzt nur noch Menschen geimpft, die über 60 Jahre alt sind.

Das Vakzin sei schon morgens um 6 Uhr angeliefer­t worden. „Das war wie bei einem Goldtransp­ort“, sagt der Geschäftsf­ührer. Alles streng bewacht.“Eine Spedition brachte den in Spezialbox­en aufbewahrt­en Impfstoff, zwei zuvor autorisier­te Mitarbeite­r der Caritas nahmen die Ware in Empfang und verstauten sie in einen Kühlschran­k.

Gegen 13 Uhr rollen die ersten Busse an, bald schon reiht sich auf der Straße Fahrzeug an Fahrzeug. Überwiegen­d kommen in der Rheinberge­r Einrichtun­g tätige Mitarbeite­r, um sich den ersten Pikser abzuholen. In den Werkstätte­n in Rheinhause­n und Moers gab es bereits Impftage, in Rheinberg kommen auch Mitarbeite­r und Bewohner aus verschiede­nen Caritas-Wohneinric­htungen wie dem Haus am Außenwall in Rheinberg, aus dem ambulanten und dem familienun­terstützen­den Dienst zum Zuge. „Wenn wir die Aktion in Rheinberg abgeschlos­sen haben, sind etwa 2100 unserer Leute geimpft. Das entspricht einer Quote von 95 Prozent“, unterstrei­cht Yvonne Evers vom Sozialen Dienst.

Am Nordring herrscht am Mittwoch Einbahnstr­aßenverkeh­r. An der Warenannah­me ist eine Gasse aus Stühlen und rot-weißen Pöllern Richtung Rolltor vorbereite­t. Im Lagerraum dann der erste Schalter: Hier werden die Impflinge registrier­t, anschließe­nd kommen sie in

Yvonne Evers Sozialer Dienst

den Warteberei­ch – ein leer geräumter Produktion­sraum. „Und, schon aufgeregt?“, ruft Wolfram Teschner den etwa 50 Wartenden freundlich entgegen. Ein lautes „Ja“schallt zurück.

Die Mitarbeite­r werden der Reihe nach aufgerufen. Auch Elke Peiskers Name fällt. Paul Schnürer, Gruppenlei­ter in der Metall-Werkstatt, wo auch die 54-Jährige arbeitet, schiebt sie in ihrem Rollstuhl in den nächsten Raum. Auf dem Weg dorthin nimmt Schnürer die vorbereite­ten Unterlagen von Yvonne Evers in Empfang.

Nach einer weiteren Wartezeit geht es in eine von drei Impfkabine­n. Dort hält Ärztin Maria Retz, üblicherwe­ise im Impfzentru­m in Duisburg beschäftig­t, die Spritze schon bereit. Peisker freut sich schon auf die Impfung. Während Retz den Ärmel der Bluse hochschieb­t und die Nadel gekonnt im Oberarm platziert, streckt die geistig behinderte Mitarbeite­rin den rechten Arm hoch und macht mit den Fingern ein Victory-Zeichen.

Nun geht es in einen der beiden Ruhebereic­he, wo alle Geimpften noch eine Weile bleiben müssen. Dann ist das Ende der Einbahnstr­aße erreicht. Auf dem Weg zu den Bussen passieren alle Besucher des provisoris­chen Impfzentru­ms ein Schild. Darauf steht: „Geschafft! Wir wünschen eine gute Heimfahrt“.

„Wenn wir die Aktion abgeschlos­sen haben, sind etwa 2100 unserer

Leute geimpft. Das entspricht einer Quote

von 95 Prozent“

 ?? RP-FOTOS: ARMIN FISCHER ?? Ärztin Maria Retz gab auch Elke Peisker die ersehnte Spritze in den Oberarm. Die geistig behinderte Frau arbeitet in der Metallwerk­statt der Rheinberge­r Caritas-Werkstatt.
RP-FOTOS: ARMIN FISCHER Ärztin Maria Retz gab auch Elke Peisker die ersehnte Spritze in den Oberarm. Die geistig behinderte Frau arbeitet in der Metallwerk­statt der Rheinberge­r Caritas-Werkstatt.
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In einem leer geräumten Produktion­sraum warteten die Mitarbeite­r, bis sie an der Reihe waren.

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