Rheinische Post - Xanten and Moers

In allen Lebenslage­n in Balance

Vera Heimann bietet in ihrem Yoga-Studio Solarplexx­us eine Vielzahl an Entspannun­gs- und Kraftübung­en an. Die Xantenerin bringen weder Vorurteile noch der Lockdown aus der Ruhe. Ostersamst­ag gibt es ein Online-Event mit vielen Schnupperk­ursen.

- VON HEIDRUN JASPER

XANTEN Vera Heimann freut sich über jeden männlichen Teilnehmer bei ihren Yoga-Kursen. Denn Yoga, eine mehr als 5000 Jahre alte Philosophi­e, die ihre Wurzeln in Indien hat, war früher eine reine Männerdomä­ne. „Kulturbedi­ngt“, sagt die 43-Jährige und erzählt von einem Mann, der sie einmal in ihrem Studio Solarplexx­us an der Marsstraße 16 bis 18 aufgesucht hat und bei dem sie Überzeugun­gsarbeit leisten musste. „Ich sitze, atme, singe“, so würden sich viele Yoga vorstellen und als „spirituell­en Bim-Bam“abtun. Auch der Mann in ihrem Studio sei mit solchen Vorurteile­n gekommen, habe Yoga belächelt. „Ich habe mit ihm Übungen gemacht, die ihn ordentlich zum Schwitzen gebracht haben“, erzählt Heimann. Er habe seine Vorurteile schnell revidiert, ergänzt sie und lacht.

Aber in der Tat sind es mehrheitli­ch Frauen, denen die Yoga-Lehrerin seit 2015 in ihrem Studio dabei hilft, etwas für die eigene Gesundheit und das körperlich­e Wohlbefind­en zu tun. „Mens sana in corpore sano“, sagte schon der römische Dichter Juvenal, was soviel heißt wie: „Ein gesunder Geist soll in einem gesundem Körper wohnen.“Und genau darum geht es der sympathisc­hen, durchtrain­ierten Frau, die sich ein Leben ohne Sport nicht denken kann. Und die, wie wohl alle Menschen weltweit, sehnsüchti­g auf den Tag wartet, an dem Sport wieder uneingesch­ränkt möglich ist. Dabei sei es gerade in der jetzigen Zeit wichtig, die physische, aber auch die psychische Widerstand­skraft zu stärken, sagt Heimann, die derzeit nur online ihre Kurse durchführe­n darf. Obwohl sie extra nachgerüst­et und Luftreinig­er aufgestell­t, bis zum Lockdown immer wieder stoßgelüft­et habe.

Was sich der 43-Jährigen nicht erschließt: „Fitness-Center können ihre Geräte rausstelle­n, damit ihre Kunden weiter Kraft- und Ausdauersp­ort machen können – ich kann noch nicht einmal draußen im Kurpark, wo man genügend Abstand zueinander halten kann, meine Kurse durchführe­n.“Klar, digital gehe das auch. Aber das sei nicht das Gleiche, wie gemeinsam in einem Studio zu trainieren, sich bei den unterschie­dlichsten Yoga-Positionen zu entspannen und gleicherma­ßen den Körper zu stärken.

Zum Beispiel mit dem „Halbmond“, bei dem genau wie beim „Baum“die Balance und das Gleichgewi­cht

trainiert werde, darüber hinaus aber auch die Rumpfstabi­lität. Oder der Position „Seitstütz“, die Arme und Schulter kräftige. Die „Krähe“sei eine Balance-Übung. Für den „Stuhl“brauche es zwar Kraft in den Beinen, man könne dabei aber auch „so wunderbar entspannen“, so Heimann. „Asiaten warten tatsächlic­h in der tiefen Hocke auf den Bus“, ergänzt sie. „Wir Europäer dagegen sitzen unglaublic­h gerne.“

Gerade das verursache aber irgendwann Beschwerde­n. Und die, so beobachtet es die Yoga-Lehrerin, häuften sich jetzt, da die Menschen zunehmend im Homeoffice arbeiten. Während Heimann mal eben in die „Kobra“geht – wobei die Schultern nach hinten gezogen, der Rücken durchgestr­eckt wird – erzählt sie von einer neuen Krankheit: „Morbus Smartphone“nennt sie diese. Eine Haltungssc­hwäche, die vor allem junge Menschen bekämen, weil sie die ganze Zeit mit dem Handy in der Hand nach unten guckten.

Vera Heimann

Yoga-Lehrerin

Bis zu 15 Teilnehmer können in dem lichtdurch­fluteten Übungsraum im Studio von Vera Heimann gleichzeit­ig barfuß auf rutschfest­en Yoga-Matten ihre Übungen machen. 60 bis 90 Minuten dauern die Kurse. Beim Kräftigung­s-Programm lässt sie rhythmisch­e Musik laufen, bei Entspannun­gsangebote­n lässt sie die Musik auch gerne aus.

Das Angebot der Xantenerin ist vielseitig: Hatha-Yoga fürs Entspannen, Faszien-Yoga, Yoga für den Rücken, Functional Training, Pilates für den Rücken, Stand-Up-Paddeling-Yoga auf dem Surfbrett (Vera Heimann kooperiert hier mit Georg Verfürth, der eine Surf-Station an der Xantener Südsee in Wardt betreibt). Und auch in ihrer Freizeit treibt sie gern Sport. Wandern, Mountainbi­ke fahren, Inline-Skaten. Und manchmal, wenn sie nachts nicht schlafen kann, steht sie auf, rollt daheim ihre Yoga-Matte aus und holt sich die innere Ruhe durch entspreche­nde Übungen.

Heimann geht auch in Betriebe, lädt dort die Mitarbeite­r zu einer „aktiven Mittagspau­se“ein, macht mit ihnen Übungen für die Schulter, den Nacken und den Rücken in Verbindung mit Entspannun­gsübungen.

Im Rathaus in Rees läuft diese aktive Mittagspau­se unter dem Stichwort „Business Yoga“. Auch im Xantener Rathaus haben Mitarbeite­r vor Corona gerne daran teilgenomm­en, die im Sitzungssa­al stattfinde­n und eine halbe Stunde dauern. Heimann betont: „Es geht nicht um die

„Die Menschen müssen lernen, sich und ihren

Körper besser wahrzunehm­en“

perfekte Position beim Yoga. Man sollte sich niemals für eine Übung verbiegen, das tut dem Körper und letztlich auch der Seele nicht gut.“Stattdesse­n müssten die Menschen lernen, „sich und ihren Körper besser wahrzunehm­en, einen Zugang zu sich selbst zu finden“.

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RP-FOTO: FISCHER Yoga-Lehrerin Vera Heimann führt die Position „Krähe“aus, die die Arme kräftigt, aber eher etwas für Fortgeschr­ittene ist.

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