Rheinische Post - Xanten and Moers
Schermbeck lehnt Strom-Trassenführung über Gemeindegebiet ab
Die Gemeinde beteiligt sich am Protest gegen die Planungen der Firma Amprion. Ratspolitiker wollen das Vorhaben mit einer Resolution verhindern.
SCHERMBECK (hs) Die geplante Hochspannungsleitung A-Nord der Amprion GmbH beschäftigt am 21. April ab 16 Uhr im Rathaus erneut den Schermbecker Gemeinderat. Die Politiker planen eine Resolution, die verhindern soll, dass die Stromleitung über das Gebiet der Gemeinde Schermbeck führen wird. Als die Strecken-Planungen im Jahre 2017 begannen, gab es noch mehrere Korridore. Einer davon führte durch die Schermbecker Ortsteile Dämmerwald und Weselerwald in Richtung Hünxe, um bei Wallach und Ork den Rhein zu queren.
Bereits in der Schermbecker Ratssitzung am 26. Juni 2018 wurde in sieben Argumentationspunkten die Ablehnung der Trasse in Schermbeck dargelegt. In der Sitzung des Planungs- und Umweltausschusses am 18. Juni 2020 wurde die Ablehnung nochmals mit Nachdruck vorgetragen und die Trasse über Rees empfohlen. Auch der Kreis Wesel und der Regionalverband Ruhr verweisen auf eine wesentlich konfliktärmere Trassenführung im Bereich von Rees.
Die Gemeinde Schermbeck erinnert nun daran, dass im Rahmen des Anhörungsverfahrens auch die Firma Amprion dargelegt habe, „dass weiterhin ein Leitungsverlauf mit der Rheinquerung bei Rees eindeutig favorisiert wird.“Man habe, so der Bauamtsleiter Rainer Eickelschulte, nicht davon ausgehen können, „dass eine Entscheidung zugunsten einer Leitungsführung über das Schermbecker Gemeindegebiet in Betracht kommen“könne.
Überrascht und zugleich irritiert nahm die Gemeinde die vor kurzem geäußerte Äußerung der Firma Amprion zur Kenntnis, nach der die beiden Trassen bei Rees und Schermbeck/Hünxe wieder gleichwertig angesehen werden. Im Verein
mit dem Landrat Ingo Brohl und mit den Bürgermeistern von Hamminkeln, Alpen, Hünxe, Kamp-Lintfort, Rheinberg und Voerde äußerte Schermbecks Bürgermeister Mike Rexforth in einem Schreiben vom 22.
März 2021 an den Präsidenten der Bundesnetzagentur Bedenken gegen die gleichrangige Bewertung der beiden Trassen.
„Wir halten die Auswirkungen auf die betroffenen Kommunen im Kreis Wesel bei der Festlegung der Trasse durch unser Kreisgebiet für deutlich schwerwiegender“, heißt es in dem Gemeinschaftsschreiben. Dies gelte zum einen im Hinblick auf erheblich größere Schädigungen von Natur
und Landschaft.
Zum anderen müsse darüber hinaus berücksichtigt werden, dass gerade der Kreis Wesel und dabei einige der hier betroffenen Kreiskommunen in besonderem Maße bereits jetzt von diversen Trassen für verschiedene Medien durchzogen sind und zukünftig weiter durchzogen werden.“Es wird beispielhaft auf die aktuelle Fertigstellung der Zeelinkk-Pipeline verwiesen, auf die geplante 380-kV-Leitung „ENLAG 14“sowie auf weitere Öl- und Gaspipelines.
Ähnliche Formulierungen tauchen in dem Text der geplanten Resolution des Schermbecker Gemeinderates
aus dem Gemeinschaftsschreiben
auf. Das Ziel der Bündelung von Leitungen auf einer Trasse dürfe nicht dazu führen, „dass die Gemeinde Schermbeck sowie die bei anderen Projekten sehr häufig vorrangig geschützte Natur unzumutbar durch umfangreiche Bauarbeiten für tiefe Leitungstrassen belastet wird.“
In der Resolution wird seitens der Gemeinde festgestellt: „Die Trassenkorridore im Raum Schermbeck sind nach eingereichten Antragsunterlagen mit folgenden Konfliktpotentialen behaftet, die eindeutig gegen eine Leitungsverlegung auf Schermbecker Gebiet sprechen.“Als erstes wird darauf verwiesen, dass die Trassenführung in eine Schutzzone I für das Wasserschutzgebiet Holsterhausen/Uefter Mark hineinreicht. An mehreren Stellen grenzt die Schermbeck-Trasse an Wohn- und Mischbauflächen. Zwei Habitatsflächen für die seltene Libellenart
„Wir halten die Auswirkungen auf die betroffenen Kommunen im Kreis Wesel bei der Festlegung der Trasse durch unser Kreisgebiet für deutlich
schwerwiegender“
„Große Moosjungfer“und zwei Habitatsflächen für das Tüpfelsumpfhuhn werden tangiert. Berührt werden auch das FFH-Gebiet „Naturschutzgebiet Lippeaue Damm/Bricht und das Naturschutzgebiet Loosenberge als Teilfläche der Natura 2000.
Die Gemeinde verweist außerdem auf Beeinträchtigungen weiterer Bauplanungen der Gemeinde Schermbeck. Solche Planungseinschränkungen, so die Gemeinde, „greifen unverhältnismäßig stark in die gesetzlich verankerte gemeindliche Planungshoheit der Gemeinde Schermbeck ein und können keinesfalls hingenommen werden. Nach Angaben der Firma Amprion ist Anfang Mai mit einer Genehmigung durch die Bundesnetzagentur zu rechnen. Umso wichtiger wird die Resolution bewertet, die eine Priorisierung der Trasse über Rees empfiehlt.