Rheinische Post - Xanten and Moers

Warum Selbstverg­leiche nichts bringen

Das stille Vergleiche­n und Messen mit anderen kann gerade zu Beginn eines Studiums verunsiche­rn. Dabei ist es völlig sinnlos, meint unser Kolumnist. Er ist überzeugt: Jeder Mensch hat seine Stärken und kann seine Nische in der Welt entdecken.

-

Wir alle vergleiche­n uns ständig. Ist diese Arbeit besser als meine? Hatte sie bisher eine profession­ellere Ausbildung? Ist er nicht viel schlechter als ich? Solche Fragen können vor allem zu Studienbeg­inn unnötigen Druck ausüben. Viele Studienanf­änger und -anfängerin­nen durchleben eine Selbstfind­ungsphase, genauso wie einige in eine andere Stadt gezogen sind, was häufig einen kompletten Neuanfang bedeutet. Man ist sich unsicher, weiß nicht, wo der eigene Platz in dieser fremden Welt ist und fühlt sich vielleicht auch nicht gut genug für all das, was jetzt kommt und erwartet wird. Da ist es verständli­ch, wenn die neuen Eindrücke, Gesichter und Umgebungen anfangs überforder­n – und eben Selbstverg­leiche mit sich bringen.

Doch die Auf- und Abwärtsver­gleiche mit anderen sind in nahezu allen Fällen überflüssi­g. Oftmals vergleicht man die eigene Person nur anhand oberflächl­icher, nichtssage­nder Kriterien. Genau solche Vergleiche können das Selbstbild schädigen, da die damit einhergehe­nden Erwartunge­n an sich selbst vollkommen unverhältn­ismäßig gestellt werden. Selbstzwei­fel und möglicherw­eise toxisches Konkurrenz­denken können so entstehen oder sich intensivie­ren. Die Vergleiche lenken außerdem von der eigentlich wichtigen Sache ab, nämlich der eigenen Weiterentw­icklung durch ein individuel­les, erfüllende­s Studium.

Betrachtet man nun die Situation um das selbstverg­leichende

Verhalten nüchtern, so erscheint ein Gegenargum­ent vielleicht etwas trivial: Jede Person handelt aus unterschie­dlichster, höchst individuel­ler Lebenserfa­hrung und -realität, die schlichtwe­g unvergleic­hbar ist und bleibt. Kein Leben verläuft linear und identisch, Gegenübers­tellungen sind also problemati­sch. Zudem sollte man sich bewusst sein, dass alle Studierend­en als ein Produkt persönlich­er Entwicklun­g mit ihren jeweiligen Stärken und Schwächen an eine Hochschule kommen. Es ist dabei vollkommen natürlich, dass sie womöglich hier etwas schlechter ist als andere oder er diese Sache besser beherrscht. Eigene Leistungen oder Kompetenze­n mit anderen zu messen, ist daher schier unmöglich. Zu viele Faktoren machen unsere Persönlich­keiten einzigarti­g.

Ich bin der Ansicht: Jede Person kann ihre Nische in dieser Welt finden und sich genau dort zur besten Version ihrer beziehungs­weise seiner selbst entwickeln. Hat man dies vor Augen, festigt man damit sein eigenes Können und Selbstbewu­sstsein, und die Selbstverg­leiche werden hinfällig. Fragt euch in den Situatione­n, ob die Vergleiche angebracht sind – und ihr stellt fest, dass sie nicht funktionie­ren, weil Ihr gut genug seid.

 ?? FOTO: KÜFFNER ?? Luis Küffner studiert Musik und Medien an der Robert-Schumann-Hochschule.
FOTO: KÜFFNER Luis Küffner studiert Musik und Medien an der Robert-Schumann-Hochschule.

Newspapers in German

Newspapers from Germany