Rheinische Post - Xanten and Moers
Renditeperlen unter den Anleihen
Früher war das so einfach: Vor dem Ruhestand schichtete man sein Depot um, erhöhte den Anteil der Anleihen, und die brachten schöne Zinsen, regelmäßig und genau planbar. Die Kapitaleinkünfte sicherten das Ruhestandseinkommen oder ergänzten zumindest sehr schön die Rente. Auch für die so genannten institutionellen Investoren, die Pensionskassen, Versicherungen oder Stiftungen, war das eine kalkulierbare, sichere und stetig fließende Ertragsquelle, aus der sie ihre Leistungen bezahlen konnten.
Das ist vorbei, seit die Zinsen immer weiter gesunken sind. Heute erwirtschaften Anleihen von Staaten und großen Konzernen nicht mal so viel, dass die Inflation ausgeglichen werden kann, von Deckung der Kosten und Ausgaben für Steuern ganz zu schweigen. „Anleger sparen nicht, sie entsparen so ihr Vermögen“, sagt Hans-Jürgen Friedrich, Vorstand der KFM Deutsche Mittelstand AG. Das Vermögen verliert schleichend an Kaufkraft und damit an Wert.
Privatanleger sind dabei doppelt gekniffen. Zum einen rentiert es sich für sie nicht, solche Anleihen zu kaufen. Die Ausschüttungen, also die Zinszahlungen, leisten keinen Beitrag mehr zum Ruhestandseinkommen. Viele sind aber genau darauf angewiesen. Sie haben keine oder kleine Renten und hatten sich auf das Einkommen aus der Geldanlage in Anleihen verlassen.
Bleiben Rentensparverträge oder Lebensversicherungen. Doch dort lauert die gleiche Gefahr: Die Anbieter solcher Verträge haben das Geld ebenfalls zu einem großen Teil in Anleihen investiert, um die regelmäßigen Zahlungen durch eben solche regelmäßigen
Zinseinnahmen zu decken. Die werden jedoch immer magerer, die Verträge damit immer uninteressanter – insbesondere, wenn sie auch noch Garantien vorsehen.
Nun sind viele Anleger auf Immobilien ausgewichen. Sie erwarten regelmäßige Einkünfte in Form der Mieten. „Es ist aber gefährlich, sich zu sehr darauf zu verlassen“, sagt Friedrich. Gerade hier in der Region sind die Immobilienpreise so sehr gestiegen, dass es manchen mulmig wird. Düsseldorf und das Umland zählen zu den teuersten Gegenden Deutschlands. Wer jetzt noch einsteigt, erzielt nur schwer eine attraktive Mietrendite. „Wenn es eine Preiskorrektur gibt, kann das die Finanzplanungen zunichte machen“, warnt Friedrich. Ein vielleicht notwendiger Verkauf droht zum Verlustgeschäft zu werden. Immobilien verkauft man zudem nicht einfach so – Anleger sind damit nicht liquide, wenn es drauf ankommt. „Aber gerade im Ruhestand braucht man auch liquide Bausteine im Vermögen“, sagt Hans-Jürgen Friedrich.
Die gibt es tatsächlich, auch heute, weiß der Anlagespezialist: Mittelständische Unternehmen finanzieren sich gerne über Anleihen und zahlen dafür höhere Zinsen als Staaten oder große Konzerne. „Das Segment des Mittelstands ist eine interessante Nische; hier finden sich Renditeperlen“, sagt Friedrich. Warum sind denn die Mittelständler bereit, höhere Zinsen zu zahlen? „Im Mittelstand gibt es Unternehmen, die investieren und expandieren“, erklärt der Experte. „Sie sind Marktführer, versteckte Champions.“In ihren Märkten kennt sie jeder, aber darüber hinaus nicht. Wollen sie ihr Wachstumsgeschäft finanzieren, zahlen sie daher bei den Zinsen einen Aufschlag, der bis zu zwei Prozentpunkte ausmachen kann. Zudem ist das Volumen der Emissionen, also ausgegebenen Wertpapiere, kleiner als bei großen Unternehmen oder Staaten. Auch dafür gibt es einen Aufschlag.
Mittelstandsunternehmen und -anleihen bedürfen natürlich genauso einer Kontrolle wie andere Marktteilnehmer und Wertpapiere auch, aber es gibt weniger Informationen.